Enzym reduziert Methotrexat-Toxizität |
Kerstin A. Gräfe |
03.05.2022 07:00 Uhr |
Die Wirksamkeit von Glucarpidase wurde in vier offenen, einarmigen Compassionate-Use-Studien bei Patienten mit verzögerter MTX-Elimination aufgrund von Nierenfunktionsstörungen untersucht. Der primäre Endpunkt war definiert als klinisch bedeutsame Reduktion (CIR) der MTX-Konzentration und basierte auf HPLC-Daten. Eine CIR galt als erreicht, wenn alle MTX-HPLC-Plasmakonzentrationen nach der ersten Glucarpidase-Gabe ≤ 1 μmol/l waren.
Insgesamt waren 169 Patienten in die gepoolte, zentral ausgewertete MTX-HPLC-Population eingeschlossen. Sie erhielten eine mediane Anfangsdosis von 50 Einheiten pro kg Körpergewicht (Bereich 11 bis 60 E/kg). 61,5 Prozent der Patienten erreichten eine CIR, die bis zu acht Tage anhielt. Innerhalb von 15 Minuten nach der Anwendung von Glucarpidase trat eine durchschnittliche Reduktion der MTX-Konzentration von > 98 Prozent auf.
Gelegentliche Nebenwirkungen sind ein brennendes Gefühl, Kopfschmerzen, Parästhesien, Hautrötung und Hitzegefühl.
Meist sinken die MTX-Konzentrationen auch nach einer Hochdosis-MTX-Therapie ausreichend schnell nach einer Infusion wieder ab. Bei einigen Patienten kann die Ausscheidung aber verzögert sein, etwa bei nachlassender Nierenfunktion. Dann sind Knochenmark, gastrointestinale Schleimhäute und andere Gewebe toxischen Mengen von MTX verlängert ausgesetzt. Dies kann eine schwere bis lebensbedrohliche Toxizität hervorrufen. Deshalb setzen Mediziner bei gefährdeten Personen routinemäßig therapeutische und prophylaktische Maßnahmen zur Senkung des MTX-Spiegels ein, zum Beispiel einen Leucovorin-Rescue.
Glucarpidase ist nun eine neue Option. Es inaktiviert MTX und ist so in der Lage, toxische MTX-Konzentrationen zu senken. Es hat damit potenziell organerhaltende und lebensrettende Eigenschaften und kann als Sprunginnovation bewertet werden. Auch die bisherigen Studienergebnisse und der Status als Orphan Drug rechtfertigen dies. Da dem Glucarpidase-haltigem Präparat Voraxaze® eine Zulassung »unter außergewöhnlichen Umständen« erteilt wurde, wird der Hersteller weitere Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit aber bereitstellen müssen und die Einstufung wird dann gegebenenfalls neu zu bewerten sein.
Sven Siebenand, Chefredakteur