Enge Grenzen für Telemedizin-Werbung |
dpa |
PZ |
09.12.2021 17:06 Uhr |
Nicht zuletzt während der Corona-Pandemie erfreuen sich Telemedizin-Angebote zunehmender Beliebtheit. Anbieter dürfen aber nur in sehr eingeschränktem Rahmen für ihre Dienste werben. / Foto: Adobe Stock/Nattakorn -
Zu pauschal angelegte Werbung für »digitale Arztbesuche« verstößt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gegen geltendes Recht. Dabei gehe es um Marktverhaltensregelungen, die dem Gesundheitsschutz dienten, sagte der Vorsitzende Richter des ersten Zivilsenats, Thomas Koch, am Donnerstag in Karlsruhe (Az. I ZR 146/20).
Die private Krankenversicherung Ottonova aus München hatte das Angebot einer Fernbehandlung per App bei Ärzten in der Schweiz beworben. Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz und klagte erfolgreich auf Unterlassung. Ihre Argumentation unter anderem: Ein Arzt müsse einen Patienten zum Beispiel abtasten und abhören sowie Daten zum Kreislauf erheben
können. Aus Sicht der Krankenversicherung hätten die Mediziner im Einzelfall entscheiden können, ob eine Videobehandlung möglich ist. Etwas kompliziert wird die Sache, weil der betroffene Paragraf 9 im Heilmittelwerbegesetz im Laufe des Verfahrens um einen zweiten Satz ergänzt worden war. Dieser berücksichtigt »Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien erfolgen«. Mit diesen Medien seien zwar auch Apps gemeint, räumte der Gerichtshof ein. »Das gilt aber nur, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist.«
Solche Standards seien aber nicht Regelungen des Berufsrechts, erklärte Koch. Der Begriff der allgemein anerkannten fachlichen Standards regle nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch Pflichten aus einem medizinischen Behandlungsvertrag. Danach können sich solche Standards auch erst im Laufe der Zeit entwickeln, zum Beispiel aus den Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften.
In einem ähnlichen Fall hatten zuletzt die Apothekerkammern Nordrhein und Westfalen-Lippe gegen die Shop Apotheke geklagt – mit Erfolg. Das Landgericht Köln hatte es dem Versender untersagt, auf seiner Plattform auf den Telemedizin-Anbieter Zava zu verweisen. Auch hier argumentierten die Richter, es sei seitens der Shop Apotheke nicht ausreichend nachgewiesen, dass die angebotenen telemedizinischen Dienstleistungen den anerkannten fachlichen medizinischen Standards genügten.