EMA empfiehlt Zulassung von Rilzabrutinib |
Brigitte M. Gensthaler |
21.10.2025 12:00 Uhr |
Bei einer Immunthrombozytopenie greift das körpereigene Immunsystem die Blutplättchen an. Das Risiko für Blutung steigt enorm an. / © Getty Images/Srinophan69
Ein neuer Ansatz in der Behandlung der Immunthrombozytopenie (ITP, Kasten) sind Hemmstoffe der Brutontyrosinkinase (BTK). Diese wird in B-Zellen, Mastzellen und anderen Zellen des angeborenen Immunsystems exprimiert und spielt eine entscheidende Rolle bei Entzündungsprozessen und vielen immunvermittelten Krankheiten. BTK-Hemmer verringern bei ITP die Produktion pathogener Autoantikörper und reduzieren zudem die Makrophagen-vermittelte Zerstörung von Blutplättchen. Damit haben sie einen dualen Wirkmechanismus.
Die Immunthrombozytopenie (ITP) ist eine erworbene Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper Thrombozyten im Blut zerstören. Zudem ist die Produktion der Blutplättchen gestört. Bei der primären Form ist keine auslösende Ursache erkennbar (circa 80 Prozent der Erkrankungen); sekundäre Formen entstehen zum Beispiel infolge von Autoimmunerkrankungen oder Lymphomen. Die Patienten leiden an einer Thrombozytopenie und haben somit ein erhöhtes Risiko für Blutungen.
In der Erstlinientherapie werden meist Glucocorticoide verabreicht. Für die Zweitlinie stehen neben der Splenektomie (Milzentfernung) verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung: Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten wie Romiplostim, Eltrombopag und Avatrombopag, Immunsuppressiva, Rituximab (off label) und der Tyrosinkinase-Inhibitor Fostamatinib.
Rilzabrutinib (Wayrilz, Sanofi) ist ein oral bioverfügbarer, reversibler BTK-Inhibitor, der im LUNA-Studienprogramm getestet wurde. In der Phase-I/II-Studie LUNA-2 und der Verlängerungsstudie konnte Rilzabrutinib bei 40 Prozent der Patienten eine anhaltenden Plättchen-Response bewirken. Nebenwirkungen waren vor allem von Grad 1 oder 2; es gab keine schweren Nebenwirkungen wie erhöhte Blutungsneigung, Lebertoxizität oder kardiale Arrhythmien.
In der Phase-III-Studie LUNA-3 erhielten vielfach vorbehandelte ITP-Patienten 24 Wochen lang zweimal täglich 400 mg Rilzabrutinib (n = 133) oder Placebo (n = 69). In den ersten zwölf Wochen sprachen 85 Patienten unter Rilzabrutinib und 22 unter Placebo an; die Plättchenzahlen stiegen deutlich an. Den primären Endpunkt, eine anhaltende Thrombozytenzahl von 50.000/μL oder mehr ohne Rescue-Therapie in mindestens acht der letzten zwölf Wochen, erreichten 31 Personen mit Rilzabrutinib, aber keine unter Placebo. In allen sekundären Endpunkten war das Verum signifikant überlegen. Der BTK-Inhibitor halbierte die Notwendigkeit einer Rescue-Therapie und verbesserte Blutungsparameter sowie die ITP-assoziierte Fatigue. Auch hier waren die Nebenwirkungen mild bis moderat.
Rilzabrutinib wird in weiteren Indikationen getestet, zum Beispiel bei Patienten mit chronisch spontaner Urtikaria und Angioödemen; das sind potenziell lebensbedrohliche Schwellungen im Gesicht und den Extremitäten. In der Phase-II-Studie RILECSU sprachen in den ersten zwölf Wochen deutlich mehr Patienten auf eine hohe Dosis von Rilzabrutinib 1200 mg/Tag an als auf Placebo. Die Symptome verbesserten sich schon in der ersten Woche. Nun folgt eine 40-wöchige offene Verlängerungsstudie.