Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Herpes-Viren

Einmal infiziert, immer infiziert

Herpesviren, die Ursache unter anderem des häufig vorkommenden Lippenherpes oder der Gürtelrose sind, gelten – der Name (altgriechisch: herpein = kriechen) deutet es bereits an – als tückisch und trickreich. Zumeist über lange Zeit latent im Körper existent, können sie unerwartet zum Ausbruch spezifischer Infektionen führen, die sich dann vielfach schleichend verstärken.
AutorKontaktDaniel Finke
Datum 30.01.2022  08:00 Uhr

Zu den humanen Herpesviren (HHV) gehören neben den Herpes-simplex-Viren Typ 1 (HHV1) und 2 (HHV2) das Varicella-zoster-Virus (HHV3), das Epstein-Barr-Virus (HHV4), das Cytomegalievirus (HHV 5), die Humanen Herpesviren 6A, 6B und 7 sowie das Kaposi-Sarkom-assoziierte Herpesvirus (HHV8). Sie können zu Erkrankungen wie Herpes labialis und Herpes genitalis, zu Windpocken und Gürtelrose sowie zum Dreitage- und Pfeifferschen Drüsenfieber, aber auch zu verschiedenen Krebserkrankungen führen (1, 2, 3).

Ist ein Patient erst einmal infiziert, verbleibt das Virus ein Leben lang im Körper des Betroffenen. So tragen viele Erwachsene einen oder mehrere der bekannten humanen Herpesviren in sich. Nach von Betroffenen oftmals unbemerkten, da häufig symptomlosen Erstinfektionen ziehen sich die Viren in die Nervenbahnen beziehungsweise sensorischen Ganglien des Rückenmarks, des Trigeminalganglions oder der Spinalganglien zurück, wo sie – persistierend und gut versteckt – vom Immunsystem nicht gesehen und somit auch nicht bekämpft werden können.

Die Übertragung von Herpesviren erfolgt exogen durch Tröpfchen- oder Schmierinfektionen beim Niesen und Husten oder bei der gemeinsamen Benutzung von Geschirr und Handtüchern. Schon im Kindesalter können Mütter und Väter durch Weitergabe der Viren per Speichel auf das Kind beim Küssen als Überträger(innen) fungieren, was manchmal symptomlos und manchmal mit der sogenannten »Mundfäule« einhergehen kann. Einmal infiziert heißt immer infiziert. In Deutschland leben etwa 90 Prozent der Erwachsenen mit somit allgegenwärtigen Herpes-simplex-Viren (3, 4).

So oder so: Erst wenn ein starkes Immunsystem durch mannigfaltige Ursachen wie zum Beispiel Erkältungen, Stress, aber auch immunsuppressive Corticosteroid- oder Zytostatika-Therapien beziehungsweise durch intensive Sonneneinstrahlung, Hitze oder Hormonumstellungen abgelenkt ist und Schwäche(n) zeigt, schreiten die Viren zur Tat.

Sie werden aktiv und übernehmen durch Vermehrung die Kontrolle über den Körper, der teils einmalige, teils rezidivierende, teils lediglich lästige, teils schwerwiegende Symptome zeigt, die der ärztlichen (Differenzial-)Diagnose und Therapie bedürfen.

Als häufiges Gebiet der Selbstmedikation steht in der Apotheke vorrangig der Lippenherpes im Fokus der Beratung. Aber auch die Prävention und Therapie insbesondere von Windpocken und Gürtelrose bedürfen – zumal hier Möglichkeiten des Impfschutzes bestehen – der detaillierten Information und Aufklärung der Patienten.

Typische Lippensymptome

Herpes labialis kündigt sich durch typische Symptome wie Kribbeln, Brennen, Spannungsgefühlen der Haut, Rötungen oder leichte Schmerzen entlang der Lippe an. Dieser Beginn wird auch als »Prodromalstadium« beschrieben. Im weiteren Krankheitsverlauf erscheinen gerötete Papeln, die sich zu flüssigkeitsgefüllten, hoch infektiösen Bläschen entwickeln können. Daher wird dieses Stadium auch als »Erythem- oder Bläschenstadium« bezeichnet.

Nach drei bis fünf Tagen platzen die Bläschen auf, verkrusten und verschorfen. Die Rede ist jetzt vom »Ulzerations- und Verkrustungsstadium«, in dem viele Betroffene über noch deutlicheren Juckreiz und Schmerz berichten. Nach im Schnitt sieben bis zehn Tagen sind die Hautläsionen ohne Narbenbildung abgeheilt.

Zum Teil können die Betroffenen Fieber oder Nervenschmerzen in weiteren Hautarealen entwickeln, die die ärztliche Konsultation unumgänglich machen. Differenzialdiagnostisch müssen nicht zuletzt eine Syphilis, rezidivierende Aphthen oder Kontaktdermatitiden ausgeschlossen werden (5).

Es existiert keine kausale Therapie. Die Behandlungsmaßnahmen beschränken sich auf die Linderung der Symptome und die Beschleunigung des Abheilungsprozesses. Lokal und rezeptfrei stehen hier Gele und Cremes mit den Wirkstoffen Aciclovir und Penciclovir sowie Zinksulfat und Heparin oder aber – bei leichteren Verläufen – Phytotherapeutika wie Melissenblätter-Extrakte zur Verfügung. Die Inhaltsstoffe hoch konzentrierter Melissenblätter-Extrakte scheinen in der Lage zu sein, die Aktivität der Herpesviren zu mindern sowie die für die Viren notwendigen Oberflächenrezeptoren der Haut zu blockieren und so das Eindringen der Viren zu verhindern.

Aciclovir wird nicht nur oral, sondern nach ärztlicher Verordnung bei schweren und rezidivierenden Verlaufsformen und Ausbreitungen, zum Beispiel über die Lippen hinaus an den Wangen in Richtung Auge, auch intravenös appliziert (1). Als Guanosinanaloga werden Aciclovir und Penciclovir nach der intrazellulären Aktivierung bei der Neubildung der viralen DNA in den Strang eingebaut. Dadurch kommt es im weiteren Verlauf zur Hemmung der DNA-Polymerase und somit zum Abbruch der Virusreplikation.

Auch Wirkstoffe wie Docosanol, die das Eindringen des Virus durch die Plasmamembran der menschlichen Zelle verhindern, können den Abheilungsprozess begünstigen. In In-vitro-Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Docosanol die Fusion zwischen dem lipidumhüllten Virus HHV 1 und der Plasmamembran der menschlichen Zelle stört und so offenbar ebenfalls das Eindringen der Viren in die menschlichen Zellen verhindert. Der letztliche Wirkmechanismus ist allerdings bis heute nicht geklärt. Aktuell befinden sich keine zu beziehenden Fertigarzneimittel mit diesem Inhaltsstoff am deutschen Markt.

Zinksulfat hingegen hat vorrangig adstringierende Eigenschaften, die mit Unterstützung von Heparin in Zink/Heparin-Topika die hemmende Wirkung noch verstärken sollen. Die Erfolgsquoten werden im Vergleich zu den weiteren beschriebenen Maßnahmen eher als gering eingestuft.

Auf keinen Fall kratzen

Bei allen Zubereitungen wird die Anwendung bereits bei den ersten Anzeichen, also im Prodromalstadium, und spätestens im Bläschenstadium empfohlen. Im Abheilungs- beziehungsweise im Verkrustungsstadium wird die Anwendung dagegen nicht mehr als sinnvoll erachtet.

Patienten sollten im Beratungsgespräch darauf hingewiesen werden, die Herpescreme mit einem Wattestäbchen aufzutragen und bei intensiver Sonneneinstrahlung Präparate mit Lichtschutzfaktoren zu verwenden. Gemäß des oberstes Gebots bei Herpes labialis »Hände weg von Bläschen und Papeln« ist ihr Aufkratzen oder Aufstechen unbedingt zu vermeiden. Die Behandlung mit rezeptfreien Cremes und Salben sollte nicht länger als zehn Tage andauern. Insbesondere bei ausgedehnten Läsionen, Fieber und starkem Krankheitsgefühl ist die ärztliche Konsultation unumgänglich.

Als »Virenschutzschild« und Möglichkeit, die Bläschen diskret abzudecken und die feuchte Wundheilung zu fördern, stehen in der Selbstmedikation auch »Herpesbläschen-Patches« zur Verfügung.

Die kleinen, fast unsichtbaren Pflaster besitzen eine Hydrokolloidschicht, die eine rasche Abheilung herbeiführen soll. Zudem wird von Anwendern eine Linderung von Schmerzen und Juckreiz beschrieben. Die Pflaster sollen auf dem Bläschen verbleiben, bis sie von allein abfallen, um die frisch gebildete, oberflächliche Haut nicht zu verletzen und die Wundheilung nicht zu stören. Sie können überschminkt werden (6).

Es zählt zu den gängigen Mythen, dass das Auftragen von Zahnpasta, Milch oder einer Mischung aus Lakritz und Vaseline zur Linderung von Herpes labialis beitragen könnte. Davon sollte dringend Abstand genommen werden, da die Wunde bis hin zu Entzündungen gereizt und die Wundheilung gestört werden kann. Gleiches gilt für die Behandlung mit Honig, Johanniskrautöl oder reinem Alkohol. Auch davon ist abzuraten, zumal insbesondere Letzteres auch sehr schmerzhaft sein kann.

Zur Intervention geeignet hingegen sind Clioquinol-, Tyrothricin- oder Povidon-Jod-Zubereitungen, die bakteriellen Superinfektionen vorbeugen beziehungsweise diese bekämpfen sollen und als lokale Antiseptika in der Selbstmedikation als Zusatzempfehlung Anwendung finden.

Zur Unterstützung in der Abheilungsphase können zudem Präparate mit Echinacea-Extrakten genutzt werden. Homöopathisch kommen zum Beispiel Rhus toxicodendron, Dulcamara oder Hepar sulfuris zum Einsatz.

Oft schwerer Verlauf

Eng verwandt mit den Herpes-simplex-Viren Typ 1 und Typ 2 zählt zur Familie der Herpesviridae auch das Varicella-zoster-Virus (VZV), das für die Entstehung der Windpocken (Varizellen) bei exogener Tröpfchen- oder Schmier-Infektion beziehungsweise der Gürtelrose (Herpes zoster) bei endogener Reaktivierung verantwortlich ist.

Die meist im Kindesalter nach exogenem Erstkontakt auftretenden Windpocken sind als generalisierte Exantheme extrem kontagiös. Im Schulkindalter sind die meisten Kinder seropositiv. Bei Erwachsenen lassen sich bei über 95 Prozent Antikörper gegen VZV finden (7).

Die Inkubationszeit dauert circa zwei Wochen an, sie kann jedoch auch kürzer (acht Tage) oder länger (21 Tage) ausfallen. Die Erkrankung beginnt oft mit einem diffusen Unwohlsein sowie Kopf- und Gliederschmerzen, bevor juckende Exantheme und Fieber selten über 39 Grad Celsius über etwa zwei bis drei Tage hinzukommen. Es entstehen Papeln und Bläschen in unterschiedlichen Schweregraden zuerst am Stamm und Gesicht, später dann auch an weiteren Körperteilen einschließlich Schleimhäuten und Kopfhaut. Werden sie aufgekratzt, können sie mit bakteriellen Sekundärinfektionen und Narben einhergehen.

Die Ansteckungsgefahr ist bereits einen bis zwei Tage vor dem Auftreten des Exanthems sehr hoch und endet erst mit dem vollständigen Verkrusten aller bläschenförmigen Hautveränderungen in der Regel fünf bis sieben Tage nach Beginn (8). Besonders bei Neugeborenen, Schwangeren oder immungeschwächten Menschen kann das Virus zu schweren Krankheitsverläufen führen.

Patienten mit immunsuppressiver oder zytostatischer Therapie können mit schweren, auch hämorrhagischen Krankheitszeichen mit nicht selten letalem Ausgang reagieren. So kann es zu einer Varizellen-Pneumonie oder zu bakteriellen Sekundärinfektionen mit Streptokokken oder Staphylokokken kommen, die Sepsis, Hautinfektionen oder Rachenentzündungen zur Folge haben können.

Tödlich können zudem Erkrankungen verlaufen, bei denen das Virus das zentrale Nervensystem erreicht. Aseptische Meningitis, Enzephalitis oder ein Reye-Syndrom verlaufen bei Erwachsenen deutlich schwerer als bei Kindern.

Infektionen in der Schwangerschaft während des ersten oder zweiten Trimesters können zur Infektion des Feten im Mutterleib führen und Fehlgeburten oder schwere Schädigungen des Kindes zur Folge haben. Leidet die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt unter einer Varizellen-Infektion, kann dies für 30 Prozent der Neugeborenen lebensbedrohlich werden. Das höchste letale Risiko haben Neugeborene, die zwischen dem 5. und 10. Lebenstag an einer Varizellen-Infektion erkranken (9).

Die nach ärztlicher Differenzialdiagnose angeordnete medikamentöse Therapie ist bei unkomplizierten Verläufen zumeist lokal ausgerichtet. Hier empfehlen sich Antihistaminika, topische Zubereitungen wie Zinkoxidschüttelmixtur oder örtlich schmerz- und juckreizstillende Lotionen mit Macrogol-9-laurylether (Polidocanol), Zinkoxid, Talkum, Titanoxid et cetera. So können auch bakterielle Superinfektionen durch Kratzen vermindert werden.

Bei immungeschwächten Patienten oder auch zur Therapie von Komplikationen und hier zum Beispiel des Zoster opthalmicus kann zudem eine systemische antivirale Therapie, sprich: parenterale Aciclovir- beziehungsweise Famciclovir-Applikation unumgänglich werden.

Auch hier bleiben die Herpes-Viren ihrem Lebensprinzip treu und können nach dem Abklingen der Erkrankung ein Leben lang latent in den Spinal- und Hirnnervenganglien verweilen, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt bei endogener Reaktivierung durch entsprechende Triggerfaktoren zu einer Gürtelrose führen können, an der jedes Jahr in Deutschland über 400.000 Menschen erkranken.

Gürtelrose kann jeden treffen

Der Name Gürtelrose ist im Volksmund gebräuchlich, da diese als »Wundrose« oft im Gürtelbereich erscheint. Eine Gürtelrose kann jeden treffen. Besonders häufig sind jedoch ältere Menschen betroffen, da die Kraft des Abwehrsystems durch Alterungsprozesse (Immunseneszenz) sinken kann. Auch bei Defiziten der zellulären Immunität bei malignen Lymphomen, HIV-Infektionen oder immunsuppressiver Therapie treten die latent persistierenden VZV oftmals erneut auf die Bildfläche und beginnen, sich durch aktive Replikation als Herpes zoster – oftmals lebensbedrohlich – zu manifestieren.

Der charakteristische Verlauf der Erkrankung beginnt zumeist mit Allgemeinbeschwerden, Abgeschlagenheit und Müdigkeit sowie leichten bis mäßig brennenden Nervenschmerzen, gefolgt von einem bläschenartigen Ausschlag, der am häufigsten am Brustkorb und Rumpf, aber auch an Kopf und Beinen auftreten kann.

Charakteristisch sind Hautveränderungen in spezifischen Hautbereichen (Dermatomen), die durch die sensiblen Fasern einer Spinalnervenwurzel versorgt werden. Es kann zu halbseitigen Exanthemen kommen, in denen sich gruppiert stehende Bläschen entwickeln. Zudem kommt es bei Erwachsenen im Verlauf sehr häufig zu einer Neuritis mit starken Schmerzen.

Wichtig zu wissen ist, dass es auch Formen des Herpes zoster gibt, bei denen es nach der Prodromalsymptomatik zu dermatomalen Schmerzen, also Schmerzen in den spezifischen, von Rückenmarksnerven sensibel innervierten segmentalen Hautgebieten, kommen kann, allerdings keine Zostereffloreszenzen der Haut auftreten. Diese Form wird als »Zoster sine herpete« beschrieben.

Die VZV-Infektionen sind nicht nur per se schmerzhaft, sie können auch Spätfolgen wie eine oftmals über Jahre anhaltende Post-Zoster-Neuralgie (PZN) in der vormals betroffenen Hautregion mit sich bringen. Daher ist eine frühzeitige adäquate Schmerztherapie schon während der antiviralen Therapie angezeigt. Ansteckungsfähig sind Patienten vom Auftreten des Exanthems bis zur vollständigen Verkrustung der Bläschen. Dies ist in der Dauer von oftmals fünf bis sieben Tagen der Fall.

Aciclovir, Famciclovir & Co.

Ob oral oder parenteral, ob Aciclovir, Famciclovir, Valaciclovir oder Brivudin: Die Herpes-zoster-Therapie sollte möglichst frühzeitig, das heißt nach dem Auftreten der ersten Hautveränderungen, am besten innerhalb von 72 Stunden oder zumindest noch in der Zeit, in der frische Bläschen vorhanden sind, gestartet werden, da in der Vermehrungsphase der Viren die meisten Therapie-Effekte erzielt werden können.

Denn: Aciclovir inhibiert in seiner aktiven Form als Triphosphat die Virus-DNA-Polymerase und hemmt so die Virusreplikation. Die frühzeitige Therapie beschleunigt die Heilung der Hautläsionen und lindert den Gürtelrose-assoziierten Nervenschmerz. Auch wird das Risiko einer Post-Zoster-Neuralgie deutlich reduziert.

Ergebnisse aus randomisiert-kontrollierten Studien deuten auf eine Überlegenheit von Valaciclovir gegenüber Aciclovir hinsichtlich der Dauer und/oder Schwere des Zoster-assoziierten Schmerzes. Allerdings ist nur Aciclovir zur parenteralen Therapie komplizierter Krankheitsverläufe zugelassen. Famciclovir kann oral, Aciclovir intravenös bis zu zehn Tagen gegeben werden, wobei die Dosierungen bei Einschränkungen der Nierenfunktion stets angepasst werden müssen (10, 11).

Das Nukleosid-Analogon Brivudin hemmt über seinen Hauptmetaboliten Bromovinyluracil (BVU) die Dihydropyrimidindehydrogenase (DPD), ein Enzym, das Pyrimidin-basierte Arzneimittel verstoffwechselt. Dementsprechend können deren Wirkspiegel auf toxische Level steigen. »Zu den klassischen Symptomen dieser Wechselwirkung zählen Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Mukositis, Knochenmark- und Blutbildschäden; zum Teil kann diese innerhalb weniger Tage zum Tode führen«, informiert aktuell die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). Brivudin ist daher kontraindiziert bei Patienten, die kürzlich eine chemotherapeutische Behandlung mit Fluoropyrimidinen wie 5-Fluorouracil (5-FU) erhalten haben, derzeit erhalten oder innerhalb der nächsten vier Wochen erhalten sollen.

Neben der antiviralen Therapie ist bei immunkompetenten Patienten eine sorgfältige Hautpflege indiziert, um die Heilung der Läsionen und das Sistieren des mit Herpes zoster assoziierten Schmerzes zu beschleunigen.

Häufig starke Schmerzen

Akute Zoster-assoziierte Schmerzen treten bei über 95 Prozent der Patienten im Alter von über 50 Jahren auf. In 60 bis 70 Prozent der Fälle kommt es zu einem kontinuierlichen Schmerz mit Persistenz über einen Monat nach der Erkrankung, wobei es sich einerseits um nozizeptive, andererseits um neuropathische Schmerzen handeln kann.

Nach Einordnung der Schmerzintensität über validierte Bewertungsskalen sollte umgehend eine systemische Analgesie eingeleitet werden. Bei geringer Intensität nozizeptiver Schmerzen kommen gemäß WHO-Stufenschema neben NSAID andere Nicht-Opioidanalgetika zur Anwendung. Steigt die Schmerzintensität weiter an, stehen Nicht-Opioidanalgetika und schwache bis stark wirkende Opioide zur Verfügung, die auch in Kombination mit NSAID und Nicht-Opioidanalgetika zu verabreichen sind. Bei neuropathischen Schmerzen wird die zusätzliche Therapie mit den Antikonvulsiva Gabapentin oder Pregabalin in aufsteigender Dosierung gegebenenfalls ergänzt um ein Antidepressivum wie Amitriptylin empfohlen (12).

Weiter stehen bei lokal begrenztem Schmerz und nach Abheilung der Hautläsionen lokaltherapeutische Optionen wie Capsaicin- oder Lidocain-haltige Pflaster zur Verfügung. Unterstützend können unter anderem eine kühlend und antiseptisch wirkende Polyhexanid- (0,02 oder 0,04 Prozent; NRF 11.128) oder aber eine Octenidinlösung (Octenidindihydrochlorid 0,1 Prozent in Basiscreme DAC) zum Einsatz kommen. Die Anwendung von adstringierender Zinkoxidlotion wird eher kritisch gesehen, da Zink die Effloreszenzen abdeckt und somit eine klare Beurteilung des jeweiligen Zustandes unmöglich macht.

Impfung für wen und wann

Ob Windpocken oder Gürtelrose: Die Infektionen verlaufen bei den meisten Patienten zumeist harmlos. Es besteht jedoch immer die Gefahr von Komplikationen und schweren Verläufen. Impfungen werden daher als sinnvoll betrachtet.

So empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut die zweidosige Varizellen-Impfung bei Kindern, Jugendlichen und ungeimpften Frauen im gebärfähigen Alter sowie bei Frauen im gebärfähigen Alter mit unklarem Impfstatus. Die aktive Immunisierung stelle die beste Vorbeugung einer Varizellen-Infektion dar. Bei allen Kindern sollte die Varizellen-Impfung mit zwei Impfstoffdosen vorzugsweise im Alter von 11 bis 14 Monaten (1. Impfung) und 15 bis 23 Monaten (2. Impfung) erfolgen. Die erste Impfung kann entweder simultan mit der ersten Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR) oder frühestens vier Wochen nach dieser stattfinden. Die zweite Impfung kann mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMRV) verabreicht werden.

Kinder und Jugendliche, die keine oder nur eine Varizellen-Impfung erhalten haben, sollten die fehlenden Impfungen als Nachholimpfung schnellstmöglich und spätestens vor Erreichen des 18. Geburtstags erhalten. Nach den bisherigen Erfahrungen könne davon ausgegangen werden, dass die Impfung eine lang anhaltende Immunität induziert.

Die bisher mit der Varizellen-Impfung gesammelten Erkenntnisse, so die STIKO, zeigen, dass auch gegen Varizellen geimpfte Personen an Herpes zoster erkranken können. Bei den zurzeit zum Einsatz kommenden Varizellenimpfstoffen wie zum Beispiel Varivax® handelt es sich um Lebendimpfstoffe, die stark abgeschwächte Viren enthalten. Auch wenn die Reaktivierungswahrscheinlichkeit des Impfvirus gegenüber der des Wildvirus deutlich vermindert ist: Wie das Varizella-zoster-Wildvirus kann auch das Impfvirus in den Nervenzellen verbleiben und Wochen bis Jahre später reaktivieren, um als Herpes zoster wieder in Erscheinung zu treten.

Die STIKO empfiehlt daher allen Personen ab einem Alter von 60 Jahren und Personen mit Grundkrankheiten oder Immunsuppression ab 50 Jahren die Impfung gegen Herpes zoster, wobei der neben dem attenuierten, also abgeschwächten Lebendimpfstoff Zostavax® zugelassene adjuvantierte Herpes-zoster-subunit-Totimpfstoff Shingrix®, der unter anderem aus dem rekombinanten Oberflächenglykoprotein gE des Varicella-zoster-Virus und einem Wirkverstärker (AS01B) besteht, als Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahren zu bevorzugen sei (13).

Zusätzlich empfiehlt die STIKO die Impfung mit dem Totimpfstoff als Indikationsimpfung für Personen ≥50 Jahre mit einem erhöhten Herpes-zoster-Risiko infolge einer Grundkrankheit oder einer angeborenen beziehungsweise erworbenen Immundefizienz oder Immunsuppression. Dazu gehören unter anderen Patienten mit HIV-Infektion, rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen oder Asthma bronchiale, chronischer Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus.

Der Herpes-zoster-Lebendimpfstoff wird von der STIKO aufgrund eingeschränkter Wirksamkeit und begrenzter Wirkdauer nicht als Standardimpfung empfohlen. Außerdem sei der Lebendimpfstoff nicht zur Impfung von Personen mit geschwächtem Immunsystem geeignet, die aufgrund einer Immunschwäche oder einer immunsuppressiven Therapie ein erhöhtes Risiko haben, an Herpes zoster zu erkranken.

Stichwort »Verabreichung mit anderen Impfungen«: Die Herpes-zoster-Impfung mit dem Totimpfstoff, so die STIKO, kann gemäß der Fachinformationen zusammen mit einem inaktivierten, nicht-adjuvantierten saisonalen Influenzaimpfstoff verabreicht werden.

Gelte es generell, auch während der Corona-Pandemie Impftermine zur Standardimpfung einzuhalten, so lasse sich die für ältere Menschen besonders wichtige Herpes-zoster-Impfung problemlos mit dem von der STIKO empfohlenen Abstand von 14 Tagen vor oder nach einer Covid-19-Impfung vereinbaren.

Das volle Impfschema umfasst zwei Dosen, die im Abstand von zwei bis sechs Monaten appliziert werden. Somit könnten auch entsprechende Wartezeiten auf einen Corona-Impftermin genutzt werden, um sich gegen Herpes zoster impfen zu lassen und Impflücken zu schließen.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa