Eine vorläufige Lösung für »Artemisinin-Resistenzen« |
Theo Dingermann |
26.04.2019 14:26 Uhr |
Artemisinin aus dem Einjährigen Beifuß ist zu einer der wichtigsten Leitsubstanzen für die Entwicklung von Malariamedikamenten geworden. Doch erste Resistenzen gegen die Substanzklasse bereiten Sorgen. / Foto: WHO
Nach Angaben der WHO starben im Jahr 2017 knapp eine halbe Million Menschen an der Malaria. Zudem wird geschätzt, dass circa drei Milliarden Menschen durch diese Infektionskrankheit bedroht sind. Mit Sorge beobachten Experten daher das vermehrte Auftreten arzneimittelresistenter Parasiten in vielen Malaria-Endemiegebieten. Heute ist die gefährlichste Erregervariante, Plasmodium falciparum, nahezu weltweit resistent gegen ältere Mittel wie Chinin und Chloroquin.
Einen neuen Schub bekam die Malaria-Therapie durch die Entdeckung des sekundären Pflanzenstoffs Artemisinin aus dem Einjährigen Beifuß (Artemisia annua) im Jahr 1972 (wofür die chinesische pharmazeutische Chemikerin Tu Youyou 2015 den Medizin-Nobelpreis erhielt). Artemisinin-Derivate, die in sorgfältig entwickelten Kombinationen eingesetzt werden, gelten mittlerweile als Arzneimittel der ersten Wahl gegen die meisten unkomplizierten Malaria-Infektionen.
Aber man sollte sich nicht in Sicherheit wägen. Meldungen eines verzögerten Ansprechens gegen Artesunat waren zunächst 2008 aus Kambodscha zu hören. Ähnliche Meldungen folgten bald aus den asiatischen Ländern, darunter Myanmar, Thailand, Laos und China. Als eine mögliche Ursache identifizierte man Mutationen in der Propellerdomäne des Malaria-Kelch13-Gens (K13). Parasiten, die diese Mutationen tragen, werden jetzt als »Artemisinin-resistent« bezeichnet, obwohl die K13-Mutationen nicht zwingend mit einem Therapieversagen assoziiert ist. Aus diesem Grund bedeutet das Attribut »Artemisinin-Resistenz« nicht resistent im üblichen Sinne, sondern vielmehr eine verzögerte Parasiten-Clearance.
Dieser Phänotyp führt mittlerweile dazu, dass die vielfach eingesetzte Artemisinin-Kombinationsbehandlung (ACT) über einen Zeitraum von drei Tagen nicht mehr ausreicht, um bei Betroffenen die Parasiten effizient zu eliminieren. Wenn dann sieben bis zehn Tage behandelt wird, ist die Therapie in der Regel auch gegenüber den sogenannten »Artemisinin-resistenten« Parasiten (noch) wirksam.
Aus diesem Grund wird nun ganz aktuell in einen »Perspective«-Beitrag im »New England Journal of Medicine« (NEJM) dringend empfohlen, ACT über den längeren Zeitraum von sieben bis zehn Tagen durchzuführen.
Natürlich wurde auch versucht, die sehr merkwürdigen Charakteristika der »Artemisinin-Resistenz« zu erklären. Danach scheint es wohl so zu sein, dass es nur ein relativ kleines Zeitfenster gibt, in dem die Parasiten besonders sensitiv auf Artimisinin-Derivate reagieren. Dieses kurze Zeitfenster wird unter Umständen nicht getroffen, wenn man nur drei Tage behandelt. Dies gilt umso mehr, als die Eliminationshalbwertszeit von Artemisininen im Blut relativ kurz ist. Dieses Problem wirkt sich dann besonders aus, wenn die Entwicklung der Plasmodien größtenteils synchronisiert ist, so dass dann viele Parasiten die Chance haben, der Therapie auszuweichen.