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Suizidprävention

Eine Aufgabe für alle

Suizidalität entsteht im Zusammenspiel von individuell-biografischen, somatischen und gesellschaftlich-kulturellen Einflüssen und ist ein komplexes Phänomen. Daher ist Suizidprävention eine vielschichtige Aufgabe, die über das Gesundheitswesen und die Gesundheitspolitik hinausgeht. Ein wichtiges Element ist Suizidprävention in der Apotheke.
Barbara Schneider
28.08.2022  08:00 Uhr

Im Jahr 2020 verstarben laut Statistischem Bundesamt 9206 Menschen durch Suizid (2262 Frauen und 6944 Männer) (19). Dies bedeutet, dass insgesamt immer noch wesentlich mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, AIDS, illegale Drogen und Gewalttaten zusammen versterben. Von jedem vollendeten Suizid sind nach einer konservativen Schätzung durchschnittlich sechs Personen mittelbar betroffen (18). Eine neuere Überprüfung ergab, dass weitere, nämlich bis zu 25 Menschen von einem Suizid mittelbar berührt sind (1). Daraus ergibt sich, dass in Deutschland jedes Jahr mindestens 60.000 Menschen von einem Suizid betroffen sind.

Man geht davon aus, dass die Zahl der Suizidversuche ungefähr 10- bis 30-mal höher ist als die Zahl der vollendeten Suizide. Demnach kann man in Deutschland von geschätzt mindestens 100.000 klinisch relevanten Suizidversuchen ausgehen. Zu berücksichtigen ist, dass mehr als die Hälfte aller Versuche schwere Verletzungen mit zum Teil schweren langfristigen Folgen verursacht (9).

Die Verteilung der Suizidraten in Deutschland folgt dem sogenannten ungarischen Muster. Das heißt: Mit zunehmendem Lebensalter steigt für beide Geschlechter das Suizidrisiko bedeutsam an, wobei Männer in jedem Lebensalter deutlich häufiger Suizide vollenden als Frauen (Grafik) (19). Dabei sind die absoluten Suizidzahlen bei Menschen zwischen 55 und 60 Jahren am höchsten. Die Zahl der Suizide der Unter-65-Jährigen hat in den letzten Jahrzehnten in Deutschland stark abgenommen, während sie bei den Über-65-Jährigen gleich geblieben ist.

In Deutschland und vielen anderen westlichen Ländern übertreffen die Suizidzahlen von Männern die von Frauen weit. Dies verhält sich beim assistierten Suizid nicht so: Dort ist das Verhältnis der Geschlechter nahezu gleich oder die Frauen überwiegen. Unter einem assistierten Suizid beziehungsweise einer »Beihilfe zur Selbsttötung« versteht man, dass die Person selbstständig eine todbringende Substanz zu sich nimmt, eine andere Person aber beispielsweise die tödliche Substanz zur Verfügung stellt.

Die Häufigkeit und das Risiko von Suizidversuchen variieren ebenfalls deutlich hinsichtlich des Geschlechts und Alters. Dabei werden Versuche besonders häufig von Frauen und in jüngerem Lebensalter unternommen.

Zur Lebenszeitprävalenz von Suizidgedanken gibt es nur wenige Studien, die sich hinsichtlich Population und Ergebnis unterscheiden. In einer umfassenden multinationalen Studie in 17 Ländern aus verschiedenen Kulturkreisen wurde insgesamt eine Lebenszeitprävalenz von 9,2 Prozent gefunden (15), wobei Deutschland mit 9,7 Prozent leicht über dem Mittelwert lag.

Im Jahr 2020 war die Hauptsuizidmethode in Deutschland das Erhängen mit 45 Prozent aller Suizidmethoden (Tabelle 1) (18). Durch Medikamente einschließlich Drogen verstarben insgesamt 1013 Personen (11 Prozent) (Tabelle 2), wobei die »nicht näher bezeichneten Substanzen« den größten Teil ausmachten, gefolgt von Antiepileptika, Hypnotika, Antiparkinsonmitteln und psychotropen Substanzen. Nicht-Opioid-Analgetika nahmen nur einen kleinen Anteil ein.

Methode Alle Geschlechter Männer Frauen
Vergiften (X60 bis X69) 1528 848 678
Erhängen (X70) 4179 3466 713
Ertrinken (X71) 194 105 89
Erschießen (X72 bis X75) 662 646 14
Verbrennen (X76) 57 46 11
Schneiden (X78) 435 337 98
Sprung aus der Höhe (X80) 980 668 312
»bewegtes Objekt« (X81, meist Eisenbahn) 488 366 122
sonstige (X79, X82 bis X84) 682 457 222
alle 9206 6944 2262
Tabelle 1: Suizidmethoden* in Deutschland 2020, Anzahl der Fälle (19). *) Nach ICD-10 (X60 bis X84); weniger als drei Fälle werden nicht einzeln ausgewiesen.
Methode: vorsätzliche Selbstvergiftung durch und Exposition gegenüber Alle Geschlechter Männer Frauen
X60: nicht Opioid-haltige Analgetika, Antipyretika und Antirheumatika 6 *) 4
X61: Antiepileptika, Hypnotika, Antiparkinsonmittel und psychotrope Substanzen, anderenorts nicht klassifiziert 223 98 125
X62: Betäubungsmittel und Psychodysleptika (Halluzinogene), anderenorts nicht klassifiziert 96 51 45
X63: sonstige Arzneimittel mit Wirkung auf das autonome Nervensystem 25 10 15
X64: sonstige und nicht näher bezeichnete Arzneimittel, Drogen und biologisch aktive Substanzen 663 328 335
Tabelle 2: Suizide durch Medikamente in Deutschland 2020, Anzahl der Fälle (19). *) Nach ICD-10 (X60 bis X84); weniger als drei Fälle werden nicht einzeln ausgewiesen.

Wie ist Suizidalität definiert?

Es gibt keine Definition von Suizidalität, die das gesamte Spektrum dieses Phänomens menschlichen Denkens, Verhaltens und Erlebens abdeckt. Die Weltgesundheitsorganisation weist in ihrem Report 2014 (21) darauf hin, dass verschiedene Definitionen für spezifische Anwendungsfälle sinnvoll sein können. Die WHO selbst hat in diesem Report »Suizid« als Akt der bewussten Selbsttötung definiert und »Suizidversuch« als jegliches nicht tödliche suizidales Verhalten unter Einschluss selbstschädigenden Verhaltens. Unter »suizidalem Verhalten« wird eine Reihe von Verhaltensweisen aufgeführt, zu denen Suizidgedanken, -pläne und -versuche sowie der Suizid selbst gehören.

Nach einer neueren Definition aus psychodynamischer Sicht wird Suizidalität als »Ausdruck der Zuspitzung einer seelischen Entwicklung« verstanden, in der die Menschen »hoffnungslos und verzweifelt sind und ihre Situation als ausweglos erleben« (7, 10, 14).

Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch verwendet man heute grundsätzlich wertfreie Begriffe wie Suizidalität und Suizid. Wertende oder interpretierende Begriffe wie Freitod, Selbstmord, suizidwillig oder Sterbewunsch werden nicht angewandt. Suizidalität ist fast nie ein Ausdruck von Freiheit und Wahlmöglichkeit, sondern von Einengung durch objektiv und/oder subjektiv erlebte Not, durch psychische und/oder körperliche Befindlichkeit sowie deren Folgen (20). Der Begriff Selbstmord hingegen beinhaltet die Konnotation einer Straftat sowie eine Stigmatisierung des Betroffenen. Besonders für Hinterbliebene ist die Verwendung dieser Begriffe sehr belastend.

Phänomenologisch kann sich Suizidalität vielfältig darstellen. Sie kann sich in dem Wunsch nach Ruhe, Pause oder Unterbrechung im Leben ausdrücken, kann als Todeswunsch, Suizididee oder -gedanke auftreten, sich zwanghaft aufdrängen, mit und ohne Plan und auch impulsiv sein. Auf der Handlungsebene begegnet uns Suizidalität als Suizidankündigung, als manipulativ wirkende Verhaltensweisen, als Suizidversuch oder Suizid. Ein großes Risiko besteht bei Menschen, deren Suizidgedanken sich zwanghaft aufdrängen, die impulsiv sind und sehr konkrete Pläne für eine Suizidhandlung haben.

In der Palliativmedizin wird häufig der Begriff »Todeswunsch« verwendet. Dieser bezeichnet einen Zustand, in dem die Person sich das baldige Sterben wünscht und hofft, in naher Zukunft tot zu sein. Der Todeswunsch reicht von der Akzeptanz des Todes im Sinn von Lebenssattheit, dem Hoffen auf einen baldigen Beginn des Sterbeprozesses mit oder ohne Wunsch nach Beschleunigung bis hin zur akuten (bewusst geplanten) Suizidalität mit zunehmendem Handlungsdruck.

Mythen: Wie man ihnen begegnen kann

Um Suizidalität, die weiterhin ein tabuisiertes Thema ist, ranken sich viele Mythen. Die Weltgesundheitsorganisation stellte in ihrem Bericht 2014 sechs der größten Mythen und Irrtümer über Suizidalität vor und klärt über die Hintergründe auf (21).

► »Menschen, die über Suizidalität sprechen, nehmen sich nicht das Leben.« Tatsächlich suchen Menschen, die über Suizidalität sprechen, meist Hilfe und Unterstützung. Sie leiden häufig unter Angst, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit und sehen oft als einzigen Ausweg die Selbsttötung.

► »Wenn jemand einmal suizidgefährdet ist, wird er oder sie immer suizidgefährdet bleiben.« Ein erhöhtes Suizidrisiko ist oft kurzfristig und situationsspezifisch. Suizidgedanken können zwar immer wieder auftreten, sind jedoch nicht dauerhaft. Ein Mensch, der jemals Suizidgedanken hatte oder auch einen Suizid versucht hat, kann lang leben.

► »Nur Menschen mit psychischen Störungen sind suizidgefährdet.« Suizidalität deutet auf ein tiefes Unglücklichsein, aber nicht unbedingt auf eine psychische Störung hin. Viele Menschen mit psychischen Störungen leiden nie unter Suizidalität und nicht alle Menschen, die sich das Leben nehmen, haben eine psychische Störung.

► »Über Suizid zu sprechen kann jemanden erst auf Suizidgedanken bringen.« Genau das Gegenteil ist der Fall: Die meisten Menschen, die einen Suizid in Erwägung ziehen, wissen nicht, wie und mit wem sie sprechen können oder sollen. Es fällt ihnen oft sogar schwer, mit ihrem Therapeuten oder ihrer Therapeutin darüber zu sprechen. Aus Studien ist bekannt, dass Menschen vor einem vollendeten Suizid viel häufiger als üblich einen Arzt aufgesucht haben, die Suizidgefährdung aber nicht erkannt wurde. Häufig haben die Betroffenen Angst, nicht ernst genommen zu werden, als psychisch krank abgestempelt und zwangsweise behandelt zu werden.

► »Die meisten Suizide geschehen plötzlich und ohne Vorwarnung.« Der Mehrheit der Suizide gehen Warnzeichen voraus. Es ist daher sehr wichtig, solche Warnzeichen, beispielsweise Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, zu wissen und zu erkennen.

► »Wer Suizidgedanken äußert, möchte auch unbedingt sterben.« Vielmehr wollen die Betroffenen unter den gegebenen oder von ihnen so erlebten Umständen nicht mehr weiterleben. Ändert sich ihre aktuelle Situation – sei es durch aktives Handeln, zum Beispiel durch die Minderung physischen Leidens oder eine Änderung der psychosozialen Situation, oder durch eine im Rahmen sozialer Kontakte gelungene innere subjektive Neubewertung der Situation durch die Betroffenen selbst –, würden sie durchaus weiterleben. Dies zeigen Studien im Rahmen der palliativen Versorgung, der Beratung und Psychotherapie (13, 3).

Die Ambivalenz hinsichtlich des Wunsches zu leben oder zu sterben ist ein grundlegendes Merkmal von Suizidalität. Ambivalenz ist, einfach gesagt, ein Hin- und Herschwanken zwischen eigentlich »Nicht-sterben-Wollen«, aber so »Nicht-weiter-leben-Können«. Dies erscheint häufig als Gleichzeitigkeit von Sterbewünschen und Lebenswillen. In der Praxis sind Menschen, die Suizidgedanken haben, nur sehr, sehr selten dauerhaft entschlossen. Letztlich ist die Reaktion der Umgebung auf die suizidale Kommunikation der Betroffenen entscheidend, ob sich aus den Gedanken ein Suizid oder auch ein assistierter Suizid ergibt oder nicht.

Suizidalität ist individuell und auch empirisch nachgewiesen kein über die Zeit beständiges Phänomen, sondern zeitlich schwankend. Selbst für im Umgang mit Suizidalität hocherfahrene Professionelle ist es oft sehr schwierig, die Beständigkeit des Suizidwunsches richtig einzuschätzen. So kann der in der Psychiatrie bekannte Zustand der kognitiven Einengung akut suizidgefährdeter Personen für Außenstehende den Eindruck einer eindeutigen Entschlossenheit hervorrufen.

Die Unbeständigkeit des Suizidwunsches zeigt sich auch in den Forschungsergebnissen zu Wiederholungsraten von Suizidversuchen. Nach einem Suizidversuch besteht eine Wiederholungsrate von 28 Prozent; zehn Jahre nach dem ersten Suizidversuch sind knapp 5 Prozent durch Suizid verstorben; im Zeitraum ab zehn Jahren versterben noch weitere 6,7 Prozent durch Suizid (2, 5, 16). Die Dauerhaftigkeit eines Suizidwunsches hängt von vielen Faktoren ab, besonders auch von aktuellen Beziehungserfahrungen und dem Erleben von Hoffnung oder Hoffnungslosigkeit, was die eigene Person, die Umwelt und die Zukunft betrifft. Daher ist die Auseinandersetzung mit Lebensüberdruss, Lebenssattheit und Suizidideen nicht gleichzusetzen mit dem Entschluss zur Selbsttötung und der Umsetzung in Handlung.

Risikofaktoren kennen

Grundsätzlich sind Suizidalität und Suizid komplexe Phänomene und das Ergebnis vielfältiger Einflüsse. Der Ausgangspunkt zu suizidpräventiven Strategien sind Forschungsergebnisse zu den Einflussfaktoren auf suizidales Verhalten aus den Bereichen Gesundheitssystem, Gesellschaft, Kommune, Beziehungen und Individuen (Tabelle 3) (21). Die Kenntnis dieser Risikofaktoren ermöglicht die Definition bestimmter Interventionsbereiche.

Ebene Beispiele
Hauptrisikofaktoren
Gesundheitssysteme Hürden beim Zugang zum Gesundheitssystem
Gesellschaft Zugang zu Mitteln und Methoden
unangemessene Berichterstattung in den Medien
Stigma verbunden mit Hilfesuchverhalten
Kommune Katastrophen, Krieg, Konflikte
Folgen von Akkulturation und Dislokation
Diskriminierung
Trauma, Missbrauchserfahrung
Beziehungen Gefühl der Isolation
mangelnde soziale Unterstützung
Beziehungskonflikte, Streit, Verlusterfahrung
Individuum frühere(r) Suizidversuch(e)
Suizide in der Familiengeschichte
psychische Erkrankungen
Missbrauch von Alkohol
Arbeitsplatzverlust, finanzielle Krisen
Hoffnungslosigkeit
chronische Schmerzen
genetische und biologische Faktoren
Interventionen
universell Regularien und Strategien im Bereich der psychischen Gesundheit
politische Ansätze und Strategien, um missbräuchlichen Umgang mit Alkohol zu verringern
Zugang zur Gesundheitsversorgung
Beschränkung des Zugangs zu tödlichen Mitteln und Methoden
verantwortliche Medienberichterstattung
Bewusstseinsbildung bezüglich psychischer Gesundheit, Abhängigkeitserkrankungen und Suizid
selektiv Interventionen für Risikogruppen
Gatekeeper-Schulung
Krisen-Hotline
indiziert Nachsorge und Unterstützung auf kommunaler Ebene
Registrierung und Beobachtung (»Management«) von suizidalem Verhalten, von Suchterkrankungen und psychischen Störungen
Tabelle 3: Hauptrisikofaktoren für Suizid und entsprechende Interventionen (21)

Auf individueller Ebene sind psychosoziale Krisen und psychische Erkrankungen einschließlich Suchterkrankungen, körperliche Erkrankungen und chronische Schmerzen Risikofaktoren für Suizid (21). Hierzu gehören auch drohender Existenzverlust, frühere Suizidversuche oder Suizide von Angehörigen sowie Hoffnungslosigkeit. Bei den soziodemografischen Faktoren ist zu erwähnen, dass Verheiratete das niedrigste Suizidrisiko haben.

Mit dem höchsten Suizidrisiko ist das Vorliegen einer psychischen Erkrankung assoziiert: Bis zu 90 Prozent der Suizide erfolgen vor diesem Hintergrund. Bei etwa 30 Prozent aller durch Suizid Verstorbenen liegt eine affektive Störung, das heißt Depression und/oder Manie vor, bei etwa 20 Prozent eine Suchterkrankung.

Körperliche Erkrankungen wie Niereninsuffizienz, verschiedene neurologische Erkrankungen und Krebserkrankungen sind wichtige Risikofaktoren, ebenso chronische Schmerzzustände.

Suizidprävention auf mehreren Ebenen

In der Suizidprävention setzte sich zunehmend ein multifaktorielles System durch, das die Komplexität der Suizidalität und suizidaler Personen würdigt (21). Die Einteilung (4, 11, 12) erfolgt in universelle, selektive und indizierte Interventionen (Tabelle 3).

Universelle Interventionen betreffen die gesamte Bevölkerung. Die Reduktion eines kleinen Risikos bei vielen Leuten ist besonders vorteilhaft. Hierzu gehören zum Beispiel die Einschränkung der Verfügbarkeit von Suizidmitteln, der verantwortungsvolle Umgang der Medien mit der Thematik, insbesondere die mediale Darstellung von Suiziden, vor allem von Prominenten, und nicht zuletzt die Etablierung eines gesamtgesellschaftlichen Klimas, in dem die Suizidproblematik wahr- und ernst genommen und nicht tabuisiert wird und von Suizidalität Betroffene nicht stigmatisiert werden (6). Mittelrestriktion hat den stärksten suizidpräventiven Effekt.

Selektive Interventionen sollen das Suizidrisiko in spezifischen Risikogruppen reduzieren, zum Beispiel Verwitwete oder kürzlich aus psychiatrisch-stationärer Behandlung Entlassene. Hierzu gehören Krisen-Hotlines, das Gatekeeper-Training (lehrt Menschen, Personen zu erkennen, die Warnzeichen für Suizidalität zeigen) und die Entwicklung psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlungen der Suizidalität.

Indizierte Interventionen sollen das Suizidrisiko bei hochgefährdeten Personen, zum Beispiel schwer depressiven Personen oder Personen nach Suizidversuch, reduzieren. Hierzu gehört die Nachsorge, auch und insbesondere bei psychisch Kranken einschließlich Suchtkranken.

Suizidprävention in der Apotheke

Arzneimittel werden häufig bei Suiziden und Suizidversuchen eingesetzt (Tabellen 1 und 2). Vor einer suizidalen Handlung suchen viele Suizidgefährdete eine Apotheke auf, sodass das Apothekenteam durch den persönlichen Kontakt eine wichtige Rolle bei der Suizidprävention spielen kann. Apothekerinnen und Apotheker genießen großes Vertrauen; sie kennen ihre Kundschaft gut und verfügen häufig über Hintergrundinformationen. Im Umgang mit potenziell Suizidgefährdeten ist wichtig, dass die Mitarbeitenden in der Apotheke nicht wegsehen, Kontakt herstellen, Hilfe anbieten und die suizidgefährdete Person dabei unterstützen, sich Hilfe zu suchen.

Wichtig sind nicht nur Kenntnisse zu Risikofaktoren, sondern auch das Wissen um Warnzeichen (8). Zu den Warnzeichen gehören unter anderem das Äußern von Suizidgedanken, Sinnlosigkeit im Leben, sozialer Rückzug, Verabschieden bei anderen, Verschenken von wertvollen Besitztümern, Angst, Erniedrigung, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, ausgeprägte Stimmungsschwankungen, das Befinden in einer ausweglos erscheinenden Situation, das Nennen eines konkreten, zeitlich nahen Termins für einen Suizid, Vorkehrungen zur Durchführung der Selbsttötung oder Vorbereitungen und Anweisungen für die Zeit nach dem Tod oder auch, dass sich jemand bereits von für ihn wichtigen Menschen verabschiedet hat. Grundsätzlich gilt, dass Suizidankündigungen immer ernst genommen werden müssen.

Hinweise für akute Suizidalität sind, wenn eine Person nicht mehr garantieren kann, dass sie am nächsten Tag noch am Leben sein wird, oder darüber spricht, dass sie ihre Suizidgedanken nicht mehr kontrollieren kann. Dann sollte sie in eine stationäre Einrichtung begleitet oder gegebenenfalls der Rettungsdienst informiert werden, um die akute Suizidgefährdung abklären zu lassen. Generell ist wichtig, dass eine suizidgefährdete Person eine verlässliche Ansprechperson hat. Dies kann eine Beratungsstelle, der Hausarzt oder die Telefonseelsorge sein. Je breiter und tragfähiger das persönliche Hilfenetz ist, umso besser.

Generell gilt für das Apothekenteam: Das Wichtigste ist, an Suizidalität zu denken, diese zu erkennen, in Kontakt mit der betroffenen Person zu treten, eine tragfähige Beziehung herzustellen und diese zu halten. Schon das Angebot eines vorurteilsfreien, respektierenden und nicht wertenden Verstehens in einem Gespräch, Zuhören, Verständnis und gegenseitiges Vertrauen können den Betroffenen helfen, sich in ihrer Not angenommen zu fühlen. Todeswünsche, suizidale Gedanken und Absichten sollen offen angesprochen werden. Suizidalität soll stets ernst genommen, weder verharmlost noch dramatisiert werden. Man sollte dabei immer um seine eigenen Grenzen wissen und diese berücksichtigen.

Ein Beispiel für einen Gesprächseinstieg: »Ich kenne Sie ja schon seit einiger Zeit als einen sympathischen aufgeschlossenen Menschen. Aber jetzt mache ich mir ein wenig Sorgen um Sie. Hätten Sie denn vielleicht gerade Zeit für ein kurzes Gespräch? Es freut mich, dass Sie sich Zeit nehmen.« Für eine Gesprächsfortsetzung könnte man so beginnen: »Ich mache mir Sorgen um Sie, dass Sie vielleicht nicht mehr weiterleben wollen.« Oder auch: »Geht es Ihnen so schlecht, dass Sie vielleicht daran denken, sich etwas anzutun?«

Es soll immer darauf hingewiesen werden, dass es Hilfe gibt: »Es gibt Menschen, die Ihnen helfen können. Lassen Sie uns mit jemandem sprechen, der helfen kann.« Im Gesprächsleitfaden der ABDA (Link siehe Kasten) wird empfohlen, Kontaktadressen von Psychiatrischen Notdiensten und anderen Krisendiensten in der Region sowie Kontaktadressen der Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de) und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (www.suizidprophylaxe.de) bereitzuhalten.

Falls sich jemand aus dem Kundenkreis der Apotheke das Leben genommen hat, kann der Austausch mit den Kollegen hilfreich sein, ob im Einzelgespräch oder in der Gruppe. Gegebenenfalls sollte eine professionelle Supervision in Anspruch genommen werden. Unterstützung können auch Bücher, Filme, Podcasts und persönliche Berichte von Betroffenen sowie jegliche Auseinandersetzung mit dem Thema bieten. Entscheidend ist, über das Erlebte mit anderen Menschen zu sprechen.

Zusammenfassung

Gezielte Suizidpräventionsstrategien sind essenziell zur Reduktion von Mortalität und Morbidität durch suizidales Verhalten. Erfolgreiche Suizidprävention setzt auf ein Spektrum von Maßnahmen auf allen Ebenen der Gesellschaft – von der Ebene des Individuums über das Lebensumfeld, ehrenamtliches Engagement, das psychosoziale Hilfesystem bis hin zu den Medien. Bei der Prävention im Gesundheitswesen kommt den Mitarbeitenden in der Apotheke eine wichtige Rolle zu. Zum einen, da Arzneimittel häufig bei suizidalen Handlungen verwendet werden, und zum anderen, da viele Gefährdete vor dem Suizid eine Apotheke aufsuchen. Wichtig ist, den Betroffenen Hilfe anzubieten und sie dabei zu unterstützen, sich professionelle Hilfe zu suchen.

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