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Suizidprävention

Eine Aufgabe für alle

Suizidalität entsteht im Zusammenspiel von individuell-biografischen, somatischen und gesellschaftlich-kulturellen Einflüssen und ist ein komplexes Phänomen. Daher ist Suizidprävention eine vielschichtige Aufgabe, die über das Gesundheitswesen und die Gesundheitspolitik hinausgeht. Ein wichtiges Element ist Suizidprävention in der Apotheke.
Barbara Schneider
28.08.2022  08:00 Uhr

Mythen: Wie man ihnen begegnen kann

Um Suizidalität, die weiterhin ein tabuisiertes Thema ist, ranken sich viele Mythen. Die Weltgesundheitsorganisation stellte in ihrem Bericht 2014 sechs der größten Mythen und Irrtümer über Suizidalität vor und klärt über die Hintergründe auf (21).

► »Menschen, die über Suizidalität sprechen, nehmen sich nicht das Leben.« Tatsächlich suchen Menschen, die über Suizidalität sprechen, meist Hilfe und Unterstützung. Sie leiden häufig unter Angst, Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit und sehen oft als einzigen Ausweg die Selbsttötung.

► »Wenn jemand einmal suizidgefährdet ist, wird er oder sie immer suizidgefährdet bleiben.« Ein erhöhtes Suizidrisiko ist oft kurzfristig und situationsspezifisch. Suizidgedanken können zwar immer wieder auftreten, sind jedoch nicht dauerhaft. Ein Mensch, der jemals Suizidgedanken hatte oder auch einen Suizid versucht hat, kann lang leben.

► »Nur Menschen mit psychischen Störungen sind suizidgefährdet.« Suizidalität deutet auf ein tiefes Unglücklichsein, aber nicht unbedingt auf eine psychische Störung hin. Viele Menschen mit psychischen Störungen leiden nie unter Suizidalität und nicht alle Menschen, die sich das Leben nehmen, haben eine psychische Störung.

► »Über Suizid zu sprechen kann jemanden erst auf Suizidgedanken bringen.« Genau das Gegenteil ist der Fall: Die meisten Menschen, die einen Suizid in Erwägung ziehen, wissen nicht, wie und mit wem sie sprechen können oder sollen. Es fällt ihnen oft sogar schwer, mit ihrem Therapeuten oder ihrer Therapeutin darüber zu sprechen. Aus Studien ist bekannt, dass Menschen vor einem vollendeten Suizid viel häufiger als üblich einen Arzt aufgesucht haben, die Suizidgefährdung aber nicht erkannt wurde. Häufig haben die Betroffenen Angst, nicht ernst genommen zu werden, als psychisch krank abgestempelt und zwangsweise behandelt zu werden.

► »Die meisten Suizide geschehen plötzlich und ohne Vorwarnung.« Der Mehrheit der Suizide gehen Warnzeichen voraus. Es ist daher sehr wichtig, solche Warnzeichen, beispielsweise Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, zu wissen und zu erkennen.

► »Wer Suizidgedanken äußert, möchte auch unbedingt sterben.« Vielmehr wollen die Betroffenen unter den gegebenen oder von ihnen so erlebten Umständen nicht mehr weiterleben. Ändert sich ihre aktuelle Situation – sei es durch aktives Handeln, zum Beispiel durch die Minderung physischen Leidens oder eine Änderung der psychosozialen Situation, oder durch eine im Rahmen sozialer Kontakte gelungene innere subjektive Neubewertung der Situation durch die Betroffenen selbst –, würden sie durchaus weiterleben. Dies zeigen Studien im Rahmen der palliativen Versorgung, der Beratung und Psychotherapie (13, 3).

Die Ambivalenz hinsichtlich des Wunsches zu leben oder zu sterben ist ein grundlegendes Merkmal von Suizidalität. Ambivalenz ist, einfach gesagt, ein Hin- und Herschwanken zwischen eigentlich »Nicht-sterben-Wollen«, aber so »Nicht-weiter-leben-Können«. Dies erscheint häufig als Gleichzeitigkeit von Sterbewünschen und Lebenswillen. In der Praxis sind Menschen, die Suizidgedanken haben, nur sehr, sehr selten dauerhaft entschlossen. Letztlich ist die Reaktion der Umgebung auf die suizidale Kommunikation der Betroffenen entscheidend, ob sich aus den Gedanken ein Suizid oder auch ein assistierter Suizid ergibt oder nicht.

Suizidalität ist individuell und auch empirisch nachgewiesen kein über die Zeit beständiges Phänomen, sondern zeitlich schwankend. Selbst für im Umgang mit Suizidalität hocherfahrene Professionelle ist es oft sehr schwierig, die Beständigkeit des Suizidwunsches richtig einzuschätzen. So kann der in der Psychiatrie bekannte Zustand der kognitiven Einengung akut suizidgefährdeter Personen für Außenstehende den Eindruck einer eindeutigen Entschlossenheit hervorrufen.

Die Unbeständigkeit des Suizidwunsches zeigt sich auch in den Forschungsergebnissen zu Wiederholungsraten von Suizidversuchen. Nach einem Suizidversuch besteht eine Wiederholungsrate von 28 Prozent; zehn Jahre nach dem ersten Suizidversuch sind knapp 5 Prozent durch Suizid verstorben; im Zeitraum ab zehn Jahren versterben noch weitere 6,7 Prozent durch Suizid (2, 5, 16). Die Dauerhaftigkeit eines Suizidwunsches hängt von vielen Faktoren ab, besonders auch von aktuellen Beziehungserfahrungen und dem Erleben von Hoffnung oder Hoffnungslosigkeit, was die eigene Person, die Umwelt und die Zukunft betrifft. Daher ist die Auseinandersetzung mit Lebensüberdruss, Lebenssattheit und Suizidideen nicht gleichzusetzen mit dem Entschluss zur Selbsttötung und der Umsetzung in Handlung.

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