Eine Aufgabe für alle |
Arzneimittel werden häufig bei Suiziden und Suizidversuchen eingesetzt (Tabellen 1 und 2). Vor einer suizidalen Handlung suchen viele Suizidgefährdete eine Apotheke auf, sodass das Apothekenteam durch den persönlichen Kontakt eine wichtige Rolle bei der Suizidprävention spielen kann. Apothekerinnen und Apotheker genießen großes Vertrauen; sie kennen ihre Kundschaft gut und verfügen häufig über Hintergrundinformationen. Im Umgang mit potenziell Suizidgefährdeten ist wichtig, dass die Mitarbeitenden in der Apotheke nicht wegsehen, Kontakt herstellen, Hilfe anbieten und die suizidgefährdete Person dabei unterstützen, sich Hilfe zu suchen.
Das Apothekenteam sollte sich nicht scheuen, einen auffällig veränderten Kunden auf Suizidgedanken anzusprechen. / Foto: Adobe Stock/fizkes
Wichtig sind nicht nur Kenntnisse zu Risikofaktoren, sondern auch das Wissen um Warnzeichen (8). Zu den Warnzeichen gehören unter anderem das Äußern von Suizidgedanken, Sinnlosigkeit im Leben, sozialer Rückzug, Verabschieden bei anderen, Verschenken von wertvollen Besitztümern, Angst, Erniedrigung, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, ausgeprägte Stimmungsschwankungen, das Befinden in einer ausweglos erscheinenden Situation, das Nennen eines konkreten, zeitlich nahen Termins für einen Suizid, Vorkehrungen zur Durchführung der Selbsttötung oder Vorbereitungen und Anweisungen für die Zeit nach dem Tod oder auch, dass sich jemand bereits von für ihn wichtigen Menschen verabschiedet hat. Grundsätzlich gilt, dass Suizidankündigungen immer ernst genommen werden müssen.
Hinweise für akute Suizidalität sind, wenn eine Person nicht mehr garantieren kann, dass sie am nächsten Tag noch am Leben sein wird, oder darüber spricht, dass sie ihre Suizidgedanken nicht mehr kontrollieren kann. Dann sollte sie in eine stationäre Einrichtung begleitet oder gegebenenfalls der Rettungsdienst informiert werden, um die akute Suizidgefährdung abklären zu lassen. Generell ist wichtig, dass eine suizidgefährdete Person eine verlässliche Ansprechperson hat. Dies kann eine Beratungsstelle, der Hausarzt oder die Telefonseelsorge sein. Je breiter und tragfähiger das persönliche Hilfenetz ist, umso besser.
Generell gilt für das Apothekenteam: Das Wichtigste ist, an Suizidalität zu denken, diese zu erkennen, in Kontakt mit der betroffenen Person zu treten, eine tragfähige Beziehung herzustellen und diese zu halten. Schon das Angebot eines vorurteilsfreien, respektierenden und nicht wertenden Verstehens in einem Gespräch, Zuhören, Verständnis und gegenseitiges Vertrauen können den Betroffenen helfen, sich in ihrer Not angenommen zu fühlen. Todeswünsche, suizidale Gedanken und Absichten sollen offen angesprochen werden. Suizidalität soll stets ernst genommen, weder verharmlost noch dramatisiert werden. Man sollte dabei immer um seine eigenen Grenzen wissen und diese berücksichtigen.
Ein Beispiel für einen Gesprächseinstieg: »Ich kenne Sie ja schon seit einiger Zeit als einen sympathischen aufgeschlossenen Menschen. Aber jetzt mache ich mir ein wenig Sorgen um Sie. Hätten Sie denn vielleicht gerade Zeit für ein kurzes Gespräch? Es freut mich, dass Sie sich Zeit nehmen.« Für eine Gesprächsfortsetzung könnte man so beginnen: »Ich mache mir Sorgen um Sie, dass Sie vielleicht nicht mehr weiterleben wollen.« Oder auch: »Geht es Ihnen so schlecht, dass Sie vielleicht daran denken, sich etwas anzutun?«
Es soll immer darauf hingewiesen werden, dass es Hilfe gibt: »Es gibt Menschen, die Ihnen helfen können. Lassen Sie uns mit jemandem sprechen, der helfen kann.« Im Gesprächsleitfaden der ABDA (Link siehe Kasten) wird empfohlen, Kontaktadressen von Psychiatrischen Notdiensten und anderen Krisendiensten in der Region sowie Kontaktadressen der Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de) und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention (www.suizidprophylaxe.de) bereitzuhalten.
Falls sich jemand aus dem Kundenkreis der Apotheke das Leben genommen hat, kann der Austausch mit den Kollegen hilfreich sein, ob im Einzelgespräch oder in der Gruppe. Gegebenenfalls sollte eine professionelle Supervision in Anspruch genommen werden. Unterstützung können auch Bücher, Filme, Podcasts und persönliche Berichte von Betroffenen sowie jegliche Auseinandersetzung mit dem Thema bieten. Entscheidend ist, über das Erlebte mit anderen Menschen zu sprechen.