Eine Aufgabe für alle |
Grundsätzlich sind Suizidalität und Suizid komplexe Phänomene und das Ergebnis vielfältiger Einflüsse. Der Ausgangspunkt zu suizidpräventiven Strategien sind Forschungsergebnisse zu den Einflussfaktoren auf suizidales Verhalten aus den Bereichen Gesundheitssystem, Gesellschaft, Kommune, Beziehungen und Individuen (Tabelle 3) (21). Die Kenntnis dieser Risikofaktoren ermöglicht die Definition bestimmter Interventionsbereiche.
Ebene | Beispiele |
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Hauptrisikofaktoren | |
Gesundheitssysteme | Hürden beim Zugang zum Gesundheitssystem |
Gesellschaft | Zugang zu Mitteln und Methodenunangemessene Berichterstattung in den MedienStigma verbunden mit Hilfesuchverhalten |
Kommune | Katastrophen, Krieg, KonflikteFolgen von Akkulturation und DislokationDiskriminierungTrauma, Missbrauchserfahrung |
Beziehungen | Gefühl der Isolationmangelnde soziale UnterstützungBeziehungskonflikte, Streit, Verlusterfahrung |
Individuum | frühere(r) Suizidversuch(e)Suizide in der Familiengeschichtepsychische ErkrankungenMissbrauch von AlkoholArbeitsplatzverlust, finanzielle KrisenHoffnungslosigkeitchronische Schmerzengenetische und biologische Faktoren |
Interventionen | |
universell | Regularien und Strategien im Bereich der psychischen Gesundheitpolitische Ansätze und Strategien, um missbräuchlichen Umgang mit Alkohol zu verringernZugang zur GesundheitsversorgungBeschränkung des Zugangs zu tödlichen Mitteln und Methodenverantwortliche MedienberichterstattungBewusstseinsbildung bezüglich psychischer Gesundheit, Abhängigkeitserkrankungen und Suizid |
selektiv | Interventionen für RisikogruppenGatekeeper-SchulungKrisen-Hotline |
indiziert | Nachsorge und Unterstützung auf kommunaler EbeneRegistrierung und Beobachtung (»Management«) von suizidalem Verhalten, von Suchterkrankungen und psychischen Störungen |
Auf individueller Ebene sind psychosoziale Krisen und psychische Erkrankungen einschließlich Suchterkrankungen, körperliche Erkrankungen und chronische Schmerzen Risikofaktoren für Suizid (21). Hierzu gehören auch drohender Existenzverlust, frühere Suizidversuche oder Suizide von Angehörigen sowie Hoffnungslosigkeit. Bei den soziodemografischen Faktoren ist zu erwähnen, dass Verheiratete das niedrigste Suizidrisiko haben.
Mit dem höchsten Suizidrisiko ist das Vorliegen einer psychischen Erkrankung assoziiert: Bis zu 90 Prozent der Suizide erfolgen vor diesem Hintergrund. Bei etwa 30 Prozent aller durch Suizid Verstorbenen liegt eine affektive Störung, das heißt Depression und/oder Manie vor, bei etwa 20 Prozent eine Suchterkrankung.
Körperliche Erkrankungen wie Niereninsuffizienz, verschiedene neurologische Erkrankungen und Krebserkrankungen sind wichtige Risikofaktoren, ebenso chronische Schmerzzustände.