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Apotheker ohne Grenzen

»Echte Hilfe braucht nicht spektakulär zu sein«

Die Corona-Krise macht deutlich, wie sehr pharmazeutische Expertise weltweit gebraucht wird. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) hat mit zwei Mitgliedern von Apotheker ohne Grenzen über ihre derzeitige Arbeit gesprochen.
PZ
02.05.2020  08:00 Uhr

Helfen, das sei der tägliche Job der beiden Apothekerinnen Maren Gottesmann und Melanie Bergkemper. Für Gottesmann als Angestellte einer Bielefelder Apotheke bedeutete das in letzter Zeit vor allem Patientenanstürme bewältigen, Lieferengpässe managen, Botensendungen organisieren und Desinfektionsmittel herstellen. Die vergangenen Wochen seit dem Ausbruch der Corona-Krise seien anstrengend gewesen, auch die kommenden werden es vermutlich bleiben. Bergkemper hingegen arbeitet in einem münsterischen Unternehmen der pharmazeutischen Industrie.

Doch beide wollen mehr leisten und auch dort unterstützen, wo Hilfe noch dringender benötigt wird als hierzulande, berichtet der AVWL. Die Krise sei relativ, sagt Bergkemper. Verglichen mit den Ebola-Ausbrüchen in Afrika sei man hier in Deutschland selbst in der Corona-Epidemie weit von einer Krise entfernt, fügt sie hinzu. Die eigentliche Tragödie stehe der Welt nun bevor, wenn sich das Virus in Afrika weiter ausbreite. Denn Abstandsgebote seien in vielen Slums kaum einzuhalten, Hygieneregeln allein aufgrund der Wasserversorgung kaum zu befolgen – von der Versorgung mit Desinfektionsmitteln, Medikamenten und Schutzausrüstung ganz zu schweigen.

Im Jahr 2017 hat die heute 29-Jährige zwei Wochen Urlaub in Kenia verbracht und unterwegs durchs Land erleben müssen, wie Menschen dort ohne Wasser und Strom leben müssen. »Wie muss es dann erst um die Arzneimittelversorgung bestellt sein«, fragte sie sich und trat nach dem Kenia-Urlaub der Hilfsorganisation Apotheker ohne Grenzen bei.

Unterstützung aus Deutschland

Derzeit unterstützen die beiden Pharmazeutinnen den Verein durch Öffentlichkeitsarbeit aus Deutschland heraus. Zudem sammeln sie mit ihrer AoG-Regionalgruppe in Münster, der einzigen in Westfalen, Spendengelder, die die Hilfsorganisation für ihre Aktivitäten benötigt. »Man kann auch so seinen Beitrag leisten und viel erreichen«, sagt Gottesmann. »Die Einsätze müssen schließlich finanziert werden«, ergänzt Bergkemper. Doch auch das Fundraising sei mit der Corona-Krise schwieriger geworden. Informationsstände oder Sponsorenläufe als wichtige Quellen sind derzeit nicht möglich, obgleich die Mittel doch dringend benötigt werden.

Auch können die deutschen Apotheker derzeit nicht, wie sonst üblich, in die Projektgebiete reisen. Dennoch versucht der Verein, seine Projektpartner bestmöglich zu unterstützen. Wenn Reisen wieder möglich ist, möchten sich auch Gottesmann und Bergkemper für einen Auslandseinsatz melden.

Um sich auf die Aufgaben und das Leben in Krisengebieten vorzubereiten, müssen die Mitglieder jedoch vorher zwei Schulungen absolvieren.

Gottesmann hat die erste Schulung bereits abgeschlossen und wartet nun darauf, dass die Corona-Lage sich soweit entspannt, dass auch die zweite stattfinden kann. Bergkemper hat zwar beide Schulungen absolviert, aber Promotion und Berufsstart haben bisher keine Zeit für einen der zumeist zweiwöchigen Auslandseinsätze gelassen. Beide würden gern in Nepal, Kenia oder Tansania helfen, sobald dies möglich ist. Bis dahin unterstützen sie die Arbeit des Vereins, der dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum feiert, tatkräftig aus Westfalen-Lippe heraus.

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