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Infektionen

Doppelt gefährlich für Schwangere

Den Kontakt mit Pathogenen können werdende Mütter nicht immer vermeiden. Welche Erreger besonders gefährlich sind und wie Schwangere sich schützen können, ist ein wichtiges Beratungsthema.
AutorKontaktNicole Schuster
Datum 05.03.2023  08:00 Uhr

Genitalherpes: Achtung bei der Geburt

Sexuell übertragbare Infektionskrankheiten (sexually transmitted infections, STI) werden oft verschwiegen. Bei einer Ansteckung in der Schwangerschaft kann die Gesundheit von Mutter und Kind gefährdet sein. Zu den häufigsten STI zählen Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus. HSV-1 und HSV-2 können beide sowohl orolabiale als auch genitale Symptome auslösen. Bei HSV-1 stehen die oralen Läsionen im Vordergrund, bei HSV-2 die genitalen.

Eine HSV-Primärinfektion bei Schwangeren wird mit Spontanaborten, intrauteriner Wachstumsbeschränkung, vorzeitigen Wehen sowie kongenitalen und neonatalen Herpesinfektionen in Zusammenhang gebracht. Steckt sich das Kind vor oder nach der Geburt an, kann es einen Herpes neonatorum entwickeln. Dies ist eine schwere Erkrankung, die beim Neugeborenen mit Komplikationen wie Herpes-Enzephalitis, Pneumonie oder Hepatitis einhergehen kann.

Sind Antikörper gegen HSV-1 und gegen HSV-2 zu Beginn der Schwangerschaft nachweisbar, ist das Risiko einer perinatalen Übertragung gering. Bei einer primären HSV-Infektion in der Spätschwangerschaft produziert die Frau jedoch nicht rechtzeitig genügend Antikörper, um die Virusreplikation und -ausscheidung vor der Geburt zu unterdrücken.

Gemäß der Europäischen Leitlinie für die Behandlung von Herpes genitalis kann für schwangere Frauen mit einer ersten Genitalherpes-Episode im ersten und zweiten Trimenon orales oder intravenöses Aciclovir in Standarddosen indiziert sein. Wenn bei Einsetzen der Wehen genitale Läsionen oder Prodromalsymptome vorhanden sind, wird ein Kaiserschnitt empfohlen.

Aciclovir 400 mg dreimal täglich ab der 36. Schwangerschaftswoche kann HSV-Läsionen zum Geburtszeitpunkt verhindern und eine vaginale Geburt ermöglichen (5, 10, 11).

Zytomegalie- und Zikavirus

Einige Viren verursachen bei gesunden Menschen meist harmlose Krankheitsverläufe, können aber ein Ungeborenes im Mutterleib schwer schädigen (Tabelle 2). Das Cytomegalovirus (Zytomegalievirus, CMV) ist der häufigste virale Auslöser einer kongenitalen Infektion und kann Wachstumsverzögerungen, Hörschäden und neurologische Spätschäden verursachen. Das ubiquitäre Virus wird von Mensch zu Mensch über infizierte Körperflüssigkeiten übertragen. In Deutschland sind knapp 50 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter infiziert. Von der Mutter kann das Virus diaplazentar, intrapartal oder postpartal über das Stillen auf das Kind übergehen.

Im ersten Trimenon liegt die Transmissionsrate bei etwa 20 Prozent; es drohen schwere dauerhafte Schäden. Diese zeigen sich oft nicht beim Neugeborenen, sondern erst in den ersten Lebensjahren. Die Transmissionsrate im dritten Trimenon beträgt zwar 80 Prozent, Schädigungen des Feten sind zu diesem Zeitpunkt aber eher unwahrscheinlich. Die pränatale Diagnose von fetalem CMV basiert auf einer Fruchtwasseruntersuchung, die sechs Wochen nach dem vermuteten Infektionszeitpunkt und nach 21 Schwangerschaftswochen erfolgt. Eine Behandlung von Schwangeren mit Virustatika wird nicht empfohlen.

Als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) können Frauen mit Kinderwunsch ihren CMV-Antikörperstatus bestimmen lassen. Seronegative Schwangere achten besonders beim Kontakt mit Kleinkindern auf Hygienemaßnahmen, um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren. Infizierte Kinder zeigen häufig keine Symptome, können die Viren über Körperflüssigkeiten jedoch weitergeben. Eine Schutzimpfung gibt es nicht (5, 15).

Das Zikavirus wird durch Mückenstiche und bei Sexualkontakt übertragen. Bei einer Infektion können Hautausschlag, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen auftreten, viele Menschen bleiben auch symptomlos. Postinfektiös kann sich gelegentlich ein Guillain-Barré-Syndrom entwickeln. Während vergangener Ausbrüche stiegen die Inzidenzen fetaler Gehirn- und ZNS-Anomalien. Das Virus infiziert das Fruchtwasser und scheint die Plazentafunktion zu beeinträchtigen. Frauen sollten eine Ansteckung daher unbedingt vermeiden.

Gemäß den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollten nach Rückkehr aus einem Ausbruchsgebiet mindestens zwei Monate bis zu einer Konzeption vergehen. Männer, die aus einem Zikagebiet zurückkehren, sollten mindestens drei Monate lang Kondome verwenden, um sowohl eine sexuelle Übertragung als auch eine Schwangerschaft der Partnerin zu verhindern (16, 17).

Krankheit (Erreger) Übertragung Mögliche Schädigung Prophylaxe Therapie Stillen bei Infektion
Hepatitis B
(Hepatitis-B-Virus)
Blut, Körpersekrete lebenslange chronische Infektion des Kindes Impfung
unmittelbare postnatale Impfung und Immunglobulingabe bei Kindern von HBsAg-positiven Müttern
off Label: antivirale Therapie (Nukleosid-/Nukleotid-Analoga) Eine HBsAg-positive Mutter sollte stillen, außer bei bestehender HBV/HIV-Koinfektion
Voraussetzung: Aktiv-/Passivimmunisierung des Neugeborenen innerhalb von zwölf Stunden nach der Geburt
Hepatitis C
(Hepatitis-C-Virus)
über Blut, z. B. bei intravenösem Drogenkonsum,
Geschlechtsverkehr
Chronifizierung und Entwicklung zu einer Leberzirrhose keine Schutzimpfung verfügbar
keine etablierte, zugelassene antivirale Prophylaxe beim Neugeborenen verfügbar
keine Immunglobuline verfügbar
antivirale Kombinationstherapie in der Schwangerschaft kontraindiziert HCV-infizierte Mütter sollen stillen
Ausnahmen: HCV/ HIV-Koinfektion, Risikokinder
Herpes labialis und/oder genitalis (Herpes-simplex-Virus Typ 1, -2) Speichel, Schleimhaut- und Hautkontakt, Genitalsekrete,
Geschlechtsverkehr
kongenitale HSV-Infektion, Herpes neonatorum keine Impfung oder passive Immunisierung verfügbar antivirale Therapie der Schwangeren bei Primärinfektion (off Label)
antivirale Therapie des Neugeborenen (Aciclovir)
keine Einschränkung des Stillens, keine Übertragung durch Muttermilch
bei Herpesläsionen an der Brustwarze: Kind nicht über die betroffene Brust stillen und Milch von der betroffenen Seite abpumpen und entsorgen
Masern
(Morbilli, Masernvirus)
Tröpfcheninfektion,
Kontakt mit infektiösen Sekreten
Fehl- und Frühgeburten,
Masern beim Neugeborenen
Lebendimpfung, in der Schwangerschaft kontraindiziert
bei Exposition ungeschützter Schwangerer: Gabe von Standard-Immunglobulinpräparaten, kein spezifisches Immunglobulinpräparat verfügbar
symptomatische Therapie
antivirale Therapie nicht verfügbar
MMR-Impfschutz möglichst noch im Wochenbett komplettieren, damit die Mutter kein Infektionsrisiko für das ungeschützte Baby ist
Stillen ist keine Kontraindikation für eine MMR-Impfung
Ringelröteln
(Parvovirus B 19)
Tröpfcheninfektion,
Schmierinfektion durch Nasen-Rachensekret
Fruchttod oder Ergüsse in Körperhöhlen (Hydrops fetalis) kein spezifisches Immunoglobulinpräparat verfügbar intrauterine Erythrozytentransfusion bei fetaler Anämie oder Hydrops fetalis Mütter mit akuter B19-Virusinfektion sollen stillen
Röteln, Rubella,
(Rötelnvirus)
Tröpfcheninfektion hohe Missbildungsrate Lebendimpfung,
in der Schwangerschaft
kontraindiziert
symptomatische Therapie
antivirale Therapie nicht verfügbar
akute postnatale Infektion: kein Stillverbot, keine Trennung von Mutter und Kind (Ausnahme Frühgeborene)
Virusgrippe
(Influenza-Virus)
Tröpfcheninfektion und über Aerosole schwererer Verlauf bei Schwangeren Impfung der Mutter ab zweitem Trimenon: schützt die Frau und das Neugeborene vor schweren Verläufen antivirale Therapie (Oseltamivir, off Label), symptomatische Therapie hohes Infektionsrisiko beim Stillen bei Erkrankung der Mutter
Windpocken, Varizellen
(Varicella-Zoster-Virus)
Tröpfcheninfektion,
Schmierinfektion durch infektiösen Bläscheninhalt
evtl. Früh- oder Totgeburt,
bei 1 bis 2 Prozent schwere Schäden
Varizellen: Lebendimpfstoff empfohlen, in der Schwangerschaft kontraindiziert
Zoster: Totimpfstoff, für Risikogruppen empfohlen, für Schwangerschaft nicht relevant
passive Immunisierung mit Varizella-Zoster-Immunglobulin
antivirale Therapie (Aciclovir)
Trennung von Mutter und Kind als individuelle Entscheidung. Infektiöses Virus wurde bislang nicht in der Muttermilch nachgewiesen
eine an Zoster erkrankte Mutter darf stillen
Cave: Wegen der hohen Infektiosität der Varizellen wird die Mutter ihr Neugeborenes mit hoher Wahrscheinlichkeit anstecken.
Zikafieber (Zikavirus) infizierte Moskitos schwere Komplikationen, intrauteriner Fruchttod keine aktive oder passive Immunisierung verfügbar (in klinischer Prüfung: inaktivierter bzw. attenuierter Impfstoff) keine Therapie verfügbar Infektion durch Muttermilch ist nicht nachgewiesen, kein Stillverbot
Zytomegalie
(Zytomegalievirus)
Schmierinfektion, Ausscheidung des Virus in Speichel, Stuhl und Urin häufigste Infektion in der Schwangerschaft
kindliche Missbildungen selten, vor allem bei Erstinfektionen der Mutter
Valaciclovir zeigte in Studien therapeutische und prophylaktische Effekte antivirale Therapie mit Ganciclovir, Valganciclovir (off Label) kongenital infizierte Neugeborene dürfen gestillt werden
Tabelle 2: Virale Infektionskrankheiten in der Schwangerschaft auf einen Blick (18, 27, 28)
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