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Morbus Alzheimer

Donanemab verlangsamt den kognitiven Abbau

Positive Nachrichten in der Alzheimer-Forschung sind rar. Umso mehr lassen die vielversprechenden Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit dem Antikörper Donanemab aufhorchen, zumal Hersteller Lilly damit einen neuen Wirkansatz verfolgt. 
Kerstin A. Gräfe
29.03.2021  09:00 Uhr

In kaum einer anderen Indikation müssen forschende Pharmaunternehmen so viele Rückschläge hinnehmen wie in der Alzheimer-Forschung. Jüngstes Beispiel ist der Antikörper Aducanumab (BIIB037) von Biogen und Eisai. Während sich die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA im November vergangenen Jahres in einer Stellungnahme zunächst positiv äußerte, traf ein von der FDA eingesetztes Expertengremium eine Woche später ein negatives Votum. Eine endgültige Entscheidung der FDA muss spätestens bis zum 7. Juni 2021 getroffen sein. Biogen hat im Oktober 2020 zudem einen Zulassungsantrag bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA gestellt. Auch hier steht eine Entscheidung noch aus. Im Fall eines positiven Votums wäre Aducanumab die erste Neuzulassung im Bereich Alzheimer seit fast zwei Jahrzehnten.

Während Aducanumab den Abbau von β-Amyloid fördert und dadurch die Bildung der schädlichen β-Amyloid-Plaques verhindern soll, verfolgt Lilly mit Donanemab (LY3002813) einen anderen Ansatz. Der Antikörper bindet spezifisch an einen Abschnitt im aggregiertem β-Amyloid (p3–42). Hierdurch soll das in den Amyloid-Plaques befindliche N3-Pyroglutamat-modifizierte β-Amyloid gezielt aus dem Gehirn herausgefischt werden. Soweit die Theorie.

Auch in der Praxis scheint sich der Ansatz zu bewähren, wie die Ergebnisse der Phase-II-Studie TRAILBLAZER-ALZ nahelegen. An der Untersuchung nahmen 272 Patienten mit symptomatischer Alzheimer-Erkrankung im frühen Stadium teil. Die Probanden wurden anhand von kognitiven Tests und Bildgebungsdaten zur Amyloid- und tau-Darstellung ausgewählt. Bei allen Teilnehmern wurden im PET tau- und Amyloid-Ablagerungen nachgewiesen. Sie erhielten randomisiert intravenös entweder Donanemab oder Placebo alle vier Wochen über einen Zeitraum von 72 Wochen. Währenddessen unterzogen sie sich PET-Scans und kognitiven Tests.

Als primärer Endpunkt wurde eine Änderung in der Integrated Alzheimer's Disease Rating Scale (iADRS) zwischen Ausgangswert und nach 76 Wochen festgelegt. Bei iADRS handelt es sich um einen kombinierten Score, der Kognition und Alltagsfunktionen erfasst. Unter Donanemab war der kognitiv-funktionelle Abbau bezogen auf die iADRS-Werte im Laufe von 18 Monaten um 32 Prozent geringer als unter Placebo. Dieser Unterschied war statistisch signifikant. Das Fortschreiten der Erkrankung konnte damit um etwa ein Drittel reduziert werden.

Auch in den sekundären Endpunkten mit anderen Kognitions- und Funktionsskalen zeigten sich für den Antikörper Vorteile, allerdings waren diese nicht immer statistisch signifikant. Zudem zeigte sich unter Donanemab eine Reduktion der Amyloid-Plaques um 84 Zentiloide im Vergleich zum Ausgangswert. Forscher bedienen sich der Zentiloid-Methode, um die in der Bildgebung gemessenen Amyloid-Werte auf einer Skala zu standardisieren.

Das Sicherheitsprofil von Donanemab war vergleichbar mit den Daten aus Phase-I-Studien. Allerdings trat in der Donanemab-Gruppe mit 26,7 Prozent signifikant häufiger ein in der Kernspintomografie erkennbares Hirnödem (Amyloid-related Imaging Abnormality Edema, ARIA-E) als in der Placebogruppe auf (0,8 Prozent). Ein ARIA-E kommt durch einen Anstieg der Extrazellularflüssigkeit im Gehirn infolge einer erhöhten Durchlässigkeit der Kapillaren zustande. Diese Nebenwirkung ist auch von anderen »Alzheimer-Antikörpern« bekannt.

Inzwischen ist eine weitere Phase-II-Studie mit dem Namen TRAILBLAZER-ALZ 2 mit rund 500 Patienten angelaufen. Auch hier nehmen Patienten mit leichter Alzheimerdemenz teil. Erste Ergebnisse werden für Ende 2023 erwartet.

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