Diese Regeln gelten künftig für die Cannabis-Verordnung |
Annette Rößler |
17.03.2023 10:55 Uhr |
Cannabisblüten und -extrakte können seit 2017 auf Betäubungsmittelrezept verordnet werden. Jetzt wurde festgelegt, welche Regeln dafür künftig gelten sollen. / Foto: Adobe Stock/roxxyphotos
Für die Verordnungsfähigkeit von nicht zugelassenen Cannabismedikamenten gelten künftig folgende Regeln:
Das sind die Kernpunkte des Beschlusses, den der G-BA am 16. März gefällt hat. Er tritt in Kraft, sofern das Bundesgesundheitsministerium ihn nicht beanstandet und sobald er im Bundesanzeiger veröffentlicht ist.
Professor Dr. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, bezeichnete die gefundenen Regelungen als »bürokratiearme Lösung«, die den gesetzlich vorgegebenen Rahmen voll ausschöpfe, fachlich ausgewogen sei und einen sehr gut gangbaren Weg darstelle, um eine gute und rechtssichere Versorgung von Patienten mit Medizinalcannabis sicherzustellen.
Im Vorfeld des Beschlusses war unter anderem die Möglichkeit eines Facharztvorbehalts für die Verordnung von Cannabis im Gespräch gewesen. Dies hätte bedeutet, dass etwa Allgemeinärzte ohne zusätzliche Qualifikation keine Cannabisrezepte mehr hätten ausstellen können. Dass der G-BA diese Einschränkung nun nicht macht, ist bemerkenswert. Denn die Grundlage für seinen Beschluss bildete die Begleiterhebung zum Einsatz von Cannabis, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) von 2017 bis 2022 durchgeführt hatte. In deren Abschlussbericht weist das BfArM selbst darauf hin, dass vor allem Hausärzte ihrer Meldepflicht vermutlich oft nicht nachgekommen seien.
Die jetzt vom G-BA getroffene Regelung zur künftigen Erstattungsfähigkeit von Medizinalcannabis ist freizügiger, als sie sein müsste. Denn mit der Begleiterhebung, die laut Aussage des BfArM die Versorgung höchstwahrscheinlich nicht realistisch abbildet, lässt es sich eigentlich nicht rechtfertigen, dass der G-BA auf den Facharztvorbehalt verzichtet. Das BfArM hatte selbst recht unverhohlen gemutmaßt, dass Medizinalcannabis auch zum Kiffen auf Krankenkassenkosten missbraucht wurde, und zwar vor allem dann, wenn ein Hausarzt das Rezept dazu ausgestellt hatte. Trotzdem dürfen nach dem G-BA-Beschluss nun auch Hausärzte ohne Zusatzqualifikation weiter Cannabis verordnen.
Obwohl es eigentlich so nicht sein sollte, liegt es nahe, dafür eine politische Motivation zu vermuten. Möchte der G-BA vielleicht angesichts des drohenden Scheiterns der Legalisierung von Freizeitcannabis die Hürden für den medizinischen Einsatz nicht allzu hoch machen? Oder ließ er sich von der Überlegung leiten, dass man mit Blick auf die baldige Legalisierung nun auch beim medizinischen Einsatz nicht mehr allzu pingelig sein müsse? Beides wäre fatal. Denn Cannabis als Medizin und Cannabis zu Genusszwecken sollten nicht in einen Topf geworfen werden, darauf haben nicht zuletzt die Apotheker berechtigterweise immer wieder hingewiesen. Die Verordnung von Cannabisprodukten, wie sie aktuell stattfindet, entspricht dem Einsatz eines nicht zugelassenen Betäubungsmittels in großem Stil. Das ist nicht nur für die Krankenkassen teuer, sondern auch mit den Grundprinzipien der Arzneimitteltherapiesicherheit unvereinbar. Um diese äußerst unbefriedigende Situation zu ändern, bräuchte es saubere klinische Studien – die durchaus machbar wären. Da nun der Status quo der Verordnungsfähigkeit durch den G-BA zementiert wurde, werden sie aber zumindest in Deutschland wohl absehbar nicht stattfinden.
Annette Rößler, Redakteurin Pharmazie