Die unsichtbare Gefahr |
Das radioaktive Edelgas Radon entsteht beim Zerfall von Uran und kommt in der Umwelt in Böden und Gewässern vor. / Foto: Adobe Stock/Francesco Scatena
Radon ist im Periodensystem der Elemente unter der Ordnungszahl 86 und mit dem Elementsymbol Rn gelistet. Es entsteht als Zwischenprodukt der Zerfallsreihe des in allen Böden und Gesteinen vorhandenen Urans. Die Ausbreitung von Radon im Erdreich ist abhängig von der Durchlässigkeit der Böden. Bis zu einer Tiefe von einem Meter kann auch die Witterung die Ausbreitung beeinflussen.
Radon verteilt sich überall in der Umwelt, in der Luft aber auch im Wasser, da es gut wasserlöslich ist. Die Radon-Konzentration unterliegt regionalen Unterschieden. Sie ist in der norddeutschen Tiefebene meist niedriger als in den Mittelgebirgen, im Alpenvorland und in Gegenden mit Gesteinsmoränen der letzten Eiszeit. Die Bundesländer sollen bis Ende 2020 Gebiete mit hoher Radon-Belastung ausweisen (siehe Kasten).
Aktuell überprüft das Bundesamt für Strahlenschutz deutschlandweit die Konzentration von Radon in Wohnungen. Dazu wurden 6000 Haushalte zufällig ausgewählt, die über den Zeitraum eines Jahres zwei Radon-Messgeräte zum Aufstellen zur Verfügung gestellt bekommen. Die Studie läuft noch bis Sommer 2020, das Ergebnis soll bis Ende 2020 vorliegen. Hintergrund sind das am 31. Dezember 2018 neu in Kraft getretene Strahlenschutzgesetz und die Strahlenschutzverordnung. Durch das neue Strahlenschutzrecht wird nun erstmals der Schutz der Bevölkerung vor Radon in Aufenthaltsräumen geregelt. Bisher galten Regelungen nur für bestimmte Arten von Arbeitsplätzen, zum Beispiel Höhlen, Radon-Heilbäder oder Wasserwerke. Die Studie ist Teil eines Radon-Maßnahmenplans, der vorsieht, dass die Länder bis Ende 2020 die Gebiete ausweisen sollen, in denen hohe Konzentrationen von Radon in Gebäuden zu erwarten sind.
Nach dem Rauchen ist Radon die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs; circa 5 Prozent der Todesfälle durch Lungenkrebs sind auf Radon und seine Zerfallsprodukte in Gebäuden zurückzuführen. Wenn Radon zerfällt, entstehen als kurzlebige Folgeprodukte radioaktive Isotope von Polonium, Bismut und Blei. Diese lagern sich in der Luft an Staubteile an und bilden Aerosole. Während das gasförmige Radon fast vollständig wieder ausgeatmet wird, lagern sich die radioaktiven Folgeprodukte an das Lungengewebe an und zerfallen dort weiter. Dabei entsteht Alphastrahlung, die die DNA der Zellen schädigen und so Lungenkrebs auslösen kann.
Eine langjährige erhöhte Radon-Exposition und Rauchen verstärken sich gegenseitig in ihrer schädlichen Wirkung und das Lungenkrebs-Risiko wird dadurch zusätzlich erhöht. Bislang gibt es keine Belege darüber, dass andere Erkrankungen durch die Langzeit-Exposition erhöhter Radon-Konzentrationen in geschlossenen Räumen entstehen können.
Grundlage des Wissens über die Auswirkung von Radon auf die menschliche Gesundheit bilden epidemiologische Studien an Bergarbeitern, die seit den 1960er-Jahren laufen. Diese zeigen, dass Radon im Uranbergbau das Lungenkrebsrisiko erhöht. In den 1980er-Jahren kamen Fall-Kontroll-Studien zum Lungenkrebsrisiko durch Radon in Wohnungen hinzu. Diesen zufolge erhöht die Exposition einer erhöhten Radon-Konzentration in der Raumluft über 20 bis 30 Jahre das Lungenkrebsrisiko, und zwar um etwa 16 Prozent pro 100 Bq/m3 (Becquerel pro Kubikmeter). Ein Schwellenwert, unterhalb dessen das Gas mit Sicherheit ungefährlich ist, ist nicht bekannt.
In Deutschland beträgt die durchschnittliche Radon-Konzentration in Wohnräumen etwa 50 Bq/m3. Seit Dezember 2018 gilt ein Referenzwert von 300 Bq/m3 für die über das Jahr gemittelte Radon-Konzentration in der Luft von Innenräumen. Dieser ist jedoch nicht zu verwechseln mit einem Grenzwert, der nicht überschritten werden darf. Wird der Referenzwert überschritten, soll geprüft werden, ob Maßnahmen zur Reduzierung der Radon-Konzentration in einer verhältnismäßigen Form umgesetzt werden können.
Ergibt die Innenraummessung von Radon Werte über 300 Bq/m3, können Maßnahmen zur Senkung der Belastung erwogen werden. / Foto: picture alliance
Die Höhe der Radon-Konzentration in einem Gebäude ist abhängig davon, wieviel Radon im Baugrund entsteht und wie durchlässig dieser für Radon ist. Das Baumaterial selbst trägt wenig zur Radon-Konzentration in Innenräumen bei, selbst wenn es aus natürlichem Gestein besteht. Potenzielle Eintrittsstellen des Gases sind vor allem Gebäudebereiche mit Bodenkontakt, zum Beispiel Hauswände im Erdgeschoss oder Kellerböden. Über Risse, Fugen oder Rohrdurchführungen kann das Gas seinen Weg ins Gebäudeinnere finden. Um die Strahlenbelastung durch Radon beim Kochen, Duschen oder Trinken gering zu halten, empfiehlt die Strahlenschutzkommission eine maximale Radon-Konzentrationen im Trinkwasser von 100 Bq/l.
Der Referenzwert von 300 Bq/m3 bietet grundsätzlich einen guten gesundheitlichen Schutz. Bei vielgenutzten Wohnräumen können jedoch auch unterhalb dieses Wertes Maßnahmen zur weiteren Reduzierung in Betracht gezogen werden. Eine einfache Möglichkeit, die Radon-Konzentration in der Raumluft zu senken, ist regelmäßiges und intensives Stoßlüften. Weitere Maßnahmen wären das Abdichten von undichten Stellen innerhalb des Gebäudes oder das Absaugen radonhaltiger Bodenluft unter oder neben dem Gebäude. Für Neubauten sind in Abhängigkeit vom Standort zusätzliche bauliche Maßnahmen zum Schutz vor Radon verpflichtend. Bei Bedarf können Radon-Fachpersonen, die von einigen Bundesländern ausgebildet werden, hinzugezogen werden. Diese können Auskunft geben über den Aufwand und die Erfolgsaussichten von Sanierungsmöglichkeiten zum Schutz vor Radon.
Seit etwa 100 Jahren wird Radon als alternatives Heilmittel in Kuren in Form von Heilbädern, Trinkkuren oder in Heilstollen verwendet. Insbesondere Patienten mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises können davon profitieren. Dabei werden Patienten für kurze Zeit einer hohen Radon-Konzentration ausgesetzt, um chronische Schmerzen für mehrere Monate zu lindern und so ihren Verbrauch an Schmerzmitteln für einen gewissen Zeitraum zu senken. Über welche Mechanismen eine Radon-Heilkur wirkt, ist nicht endgültig geklärt.
Radon-Heilkuren wie hier in Bad Kreuznach sollen Patienten mit rheumatoiden Erkrankungen helfen. Die radioaktive Belastung ist dabei hoch, aber kurz. / Foto: picture alliance
Nutzen und Risiken der Radon-Therapie werden kontrovers diskutiert, da die verwendeten Konzentrationen des radioaktiven Gases bei den Kuranwendungen sehr hoch sein können. Da die Patienten dieser Belastung aber nur kurze Zeit ausgesetzt sind, geht man davon aus, dass sich ihr Lungenkrebsrisiko nur geringfügig erhöht. Trotzdem sind Radon-Heilkuren nur dann gerechtfertigt, wenn ein entsprechender medizinischer Nutzen zu erwarten ist. Mögliche positive Wirkungen der ionisierenden Strahlung beziehen sich oft auf Einzelfälle und eine Übertragung auf die Bevölkerung ist nicht zulässig. Radon-Anwendungen rein zu Wellnesszwecken sind nicht zu empfehlen.