Die Spritze, die vor HIV schützt |
Annette Rößler |
11.11.2020 15:28 Uhr |
Die Spritze mit Cabotegravir könnte der Tablette mit Emtricitabin und Tenofovir zur HIV-PrEP bald Konkurrenz machen. / Foto: Adobe Stock/1STunningART
Als medikamentöse Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zum Schutz vor HIV ist zurzeit ausschließlich die Fixkombination aus Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil (Truvada® und Generika) zugelassen. Um geschützt zu sein, müssen Betroffene jeden Tag eine Tablette einnehmen. Eine Alternative könnte bald in Form des lang wirksamen HIV-Integrasehemmers Cabotegravir (Vocabria®) zur Verfügung stehen. Dieser wird alle acht Wochen als intramuskuläre Injektion verabreicht. Die Zulassung von Cabotegravir zur Behandlung von HIV-Patienten steht nach einem positiven Votum des zuständigen Fachausschusses der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) unmittelbar bevor. Hersteller ViiV Healthcare testet den Wirkstoff in mehreren Studien in Afrika aber auch auf seine Eignung als PrEP.
Nachdem bereits die Interims-Ergebnisse der HPTN083-Studie eine Überlegenheit von Vocabria gegenüber Truvada gezeigt hatten, bestätigte sich dies nun auch in der Schwesterstudie HPTN084. Sie wurde vorzeitig abgebrochen, weil die Cabotegravir-Injektion dem Vergleichspräparat deutlich überlegen war. Hierüber informiert das US-amerikanische National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), das die Studie mitfinanziert. An der Studie nahmen 3223 HIV-negative, sexuell aktive junge Frauen aus dem südlichen und östlichen Afrika teil. Sie erhielten randomisiert und doppelblind entweder alle acht Wochen Vocabria intramuskulär plus täglich Placebo-Tabletten oder alle acht Wochen Placebo-Injektionen plus täglich Truvada-Tabletten.
Eine geplante Zwischenauswertung am 5. November 2020 ergab, dass sich 38 Teilnehmerinnen mit HIV angesteckt hatten, vier im Cabotegravir-Arm und 34 im Truvada-Arm. Die HIV-Inzidenzraten betrugen 0,21 Prozent (Vocabria) und 1,79 (Truvada). Beide Regimes waren somit effektiv darin, eine HIV-Infektion zu verhindern, doch Cabotegravir war statistisch signifikant überlegen. Beide Medikamente wurden gut vertragen; Reaktionen an der Injektionsstelle waren jedoch im Cabotegravir-Arm häufiger.
Die Teinehmerinnen der Studie, die ursprünglich bis 2022 laufen sollte, werden nun über das vorzeitige Ende informiert und erfahren auch, welche Medikation sie erhalten haben. Ihnen wird angeboten, die PrEP weiterzuführen, Probandinnen im Truvada-Arm können auf Vocabria wechseln. Die Frauen werden weiter beobachtet, um zusätzliche Informationen bezüglich der Langzeit-Wirksamkeit und -Sicherheit zu erlangen.