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Akne vulgaris

Die Seele leidet mit

Was für viele Erwachsene oft nur wie ein »harmloser Pickel« wirkt, kann für Jugendliche eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität und Sozialisation bedeuten und sie sogar in die Isolation treiben. Die seelischen Auswirkungen können bis ins spätere Leben reichen, insbesondere wenn es zur Narbenbildung kommt. Die Apotheke sollte empathisch beraten.
Dörte Schröder-Dumke
18.02.2021  09:00 Uhr

Systemisch bei schweren Formen

Bei schweren Akneformen und hier insbesondere der Akne conglobata und papulopustulosa kommen systemische Therapieoptionen zum Tragen. Hier gelten neben der antibiotischen Systemtherapie mit Doxycyclin, Tetracyclin und Erythromycin die antiandrogene Systemtherapie mit Cyproteronacetat, Dienogest und Chlormadinonacetat als effektiv. Zudem kommt erfolgreich die Systemtherapie mit oralem Isotretinoin zum Einsatz (1, 2).

Antibiotika wirken vor allem auf die mikrobielle Besiedlung und das Entzündungsgeschehen, antiandrogen wirksame Gestagene auf die Seborrhoe. Die systemische Antibiotikatherapie sollte immer durch eine topische Therapie mit Benzoylperoxid oder Adapalen ergänzt werden und nicht länger als drei Monate erfolgen. Auch Antiandrogene müssen mit einer topischen Therapie, hier jedoch – zur Minderung von Resistenzbildungen – nicht mit Antibiotika kombiniert werden. Hier wird im Allgemeinen eine Therapiedauer von zwölf Monaten angesetzt. Cyproteronacetat hat den stärksten antiandrogenen Effekt, dann folgen Dienogest und Chlormadinonacetat (1, 2, 9).

Mittel der Wahl bei schweren Verläufen der Akne papulopustulosa, der Akne conglobata und der Rückenakne bei Männern ist orales Isotretinoin. Bei Frauen wird die Anwendung empfohlen, wenn eine Lokaltherapie und eine über sechsmonatige antiandrogene Therapie bei schweren Akneverläufen keine Erfolge bringt (1, 2).

Isotretinoin reduziert das Krankheitsgeschehen, indem es die Seborrhoe, die Entzündungen, die follikuläre Hyperkeratose und die mikrobielle Besiedlung reduziert beziehungsweise hemmt. Doch darf es niemals in der Schwangerschaft und Stillzeit zur Anwendung kommen. Da im Tierversuch teratogen, ist es hier absolut kontraindiziert. Eine sichere Schwangerschaftsverhütung ist unerlässlich. Dabei sollten mindestens zwei sich ergänzende empfängnisverhütende Methoden angewendet werden (5).

Die sichere Kontrazeption muss durch mehrere Schwangerschaftstests bestätigt und dokumentiert werden. Hierfür ist folgendes Schema beim Arzt vorgesehen: Ein erster Schwangerschaftstest ist drei Wochen nach dem letzten ungeschützten Geschlechtsverkehr durchzuführen und unmittelbar danach mit der sicheren Verhütungsmethode zu starten. 28 Tage später erfolgt ein erneuter Schwangerschaftstest. Erst jetzt darf Isotretinoin verordnet und eingenommen werden.

Der Schwangerschaftstest muss während der gesamten Behandlung alle 28 Tage wiederholt und dokumentiert werden. Auch nach Beendigung der Behandlung ist eine sichere Kontrazeption noch für einen Monat sicherzustellen. Wichtig für die Abgabe in der Apotheke ist in diesem Zusammenhang, dass Verordnungen von oralen Isotretinoin für Frauen ab dem Ausstellungsdatum nur sechs Tage gültig sind und der Bedarf maximal 30 Tage umfassen darf (5).

Bei Männern gleicht der Rezeptbelieferungszeitraum dem anderer rezeptpflichtiger Arzneimittel. Auch diese sollten über die teratogene Wirkung aufgeklärt werden, können allerdings dahingehend beruhigt werden, dass die Isotretinoin-Konzentrationen, die die Samenflüssigkeit erreichen, als nicht teratogen gelten (14).

Ob Männer oder Frauen: Immer muss im Beratungsgespräch darauf verwiesen werden, dass orales Isotretinoin keinesfalls an andere Personen weitergegeben werden darf. Auch sollte dahingehend informiert werden, dass unter der Therapie regelmäßig Laboruntersuchungen, sprich: Bestimmungen der Nieren-, Leber- und Blutfette, erfolgen sollten, da Niereninsuffizienz, Leberschäden, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus ebenfalls Kontraindikationen für die Behandlung darstellen können (14).

Leistungssportler/-innen müssen wissen, dass orales Isotretinoin die Keratininkinase-Konzentration und somit das Rhabdomyolyse-Risiko erhöhen kann. Eine Blutspende ist erst einen Monat nach Beendigung der Therapie wieder möglich. Immer wieder diskutiert wird das Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen durch orales Isotretinoin. Dies ist nicht abschließend geklärt, aber auch nicht auszuschließen. Patienten mit Symptomen einer Depression müssen umgehend an den Arzt verwiesen werden (5, 7, 14).

Isotretinoin wird üblicherweise initial in Dosierungen von 0,3 bis 0,5 mg/Kilogramm Körpergewicht/Tag beziehungsweise auch in niedrigeren Dosierungen von 0,2 mg/kg Körpergewicht/Tag eingesetzt. Eine gute Resorption erfolgt mit fettreicher Nahrung. Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem Befund und beträgt zwei bis sechs Monate. Bei niedrigeren Dosen wird zwar ein besseres Nebenwirkungsprofil, aber auch eine vermehrte Bildung von Rezidiven beobachtet. Die Patienten sollten bei der Erstabgabe auf den sich zunächst verschlechternden Effekt vorbereitet werden. Die Akne »blüht« anfangs auf, dieser Effekt klingt in der Regel nach drei bis vier Wochen ab.

Zusätzlich trocknen Haut und Schleimhäute unter der Behandlung stark aus, was zu Lippenentzündungen, trockenen Augen, Mundtrockenheit und Juckreiz führen kann. Aus diesem Grunde sind eine gute Lippenpflege, eine leichte beruhigende Hautpflege und gegebenenfalls auch Tränenersatzmittel zu empfehlen. Kontaktlinsenträger sollten möglichst auf die Brille umsteigen. Seltenere Nebenwirkungen sind Kopf- sowie Muskel- und Gelenkschmerzen; auch Nachtblindheit kann auftreten (14).

Stichwort »Meidung von Interaktionen«: Bei der Kombination mit oralen Tetrazyklinen kann es zur Erhöhung des intrakraniellen Drucks, also des im Schädelinneren einschließlich Liquorräumen herrschenden Hirndrucks mit einer Verminderung der Hirndurchblutung und somit Schädigung von Nervenzellen kommen (14). Erste Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Bewusstseinsstörungen. Hier ist besondere Aufmerksamkeit angezeigt. Zusätzliche Vitamin-A-Gaben steigern die Gefahr der Hypervitaminose und müssen ebenfalls vermieden werden, da auch diese zu einer Erhöhung des intrakraniellen Drucks beitragen können.

Die Pathogenese ist ungeklärt. Vermutet wird, dass Tetrazykline den Abfluss der Cerebrospinalflüssigkeit aus den Arachnoidalzotten reduzieren beziehungsweise sich Isotretinoin und Derivate direkt toxisch auf die Arachnoidalzotten auswirken.

Für alle Therapieformen gilt, dass begleitend immer ein ausreichender und zuverlässiger Sonnenschutz angezeigt ist (14).

Besonders empfindlich ist die Haut bei der Verwendung von oralem Isotretinoin und Retinoiden, aber auch die Anwendung von Benzoylperoxid, Azelainsäure sowie systemischen und lokalen Antibiotika erhöht die Lichtempfindlichkeit. Zusätzlich entsteht durch UV-Strahlung aus dem Hautlipid Squalen Squalenepoxid, das eine komedogene Wirkung hat und das Krankheitsgeschehen verstärken kann. Generell eignen sich für den Sonnenschutz besonders lipidarme Zubereitungen wie Fluide, Hydrodispersionen und Hydrogele.

In der Schwangerschaft ist ausschließlich die topische Therapie möglich. Hier können Benzoylperoxid und Azelainsäure eingesetzt werden, es eignet sich auch Erythromycin topisch appliziert und mit Benzoylperoxid kombiniert. Eine systemische Therapie sollte in der gesamten Schwangerschaft unterbleiben (1, 17).

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