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Akne vulgaris

Die Seele leidet mit

Was für viele Erwachsene oft nur wie ein »harmloser Pickel« wirkt, kann für Jugendliche eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität und Sozialisation bedeuten und sie sogar in die Isolation treiben. Die seelischen Auswirkungen können bis ins spätere Leben reichen, insbesondere wenn es zur Narbenbildung kommt. Die Apotheke sollte empathisch beraten.
Dörte Schröder-Dumke
18.02.2021  09:00 Uhr

Epidemiologischen Erkenntnissen gemäß werden circa 80 bis 90 Prozent aller Menschen einmal in ihrem Leben mit Akne und ihren Auswirkungen konfrontiert. Dieses geschieht nicht immer nur in der Pubertät, doch ist die von Pickeln, Pusteln und/oder Papeln im unterschiedlichen Ausmaß geprägte Hauterkrankung in dieser sensiblen Lebensphase, also zwischen 15 und 18 Lebensjahren, mit einer Prävalenz von gleichermaßen 80 bis 90 Prozent am häufigsten zu beobachten (1, 2, 3, 4).

Bekannt sind verschiedene Akneformen, die nach Lebensalter, Ausprägung, Ursache und Schweregrad unterschieden werden. Zählt die Akne vulgaris zu den häufigsten Erscheinungsformen, so sind beide Geschlechter gleichermaßen betroffen, wobei es Mädchen durch ihren früheren Pubertätseintritt eher als ihre männlichen Altersgenossen, Letztere aber dann oft umso heftiger trifft. Je ausgeprägter das Krankheitsbild, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit der Narbenbildung (1).

Vielfältige Ursachen

Als multifaktorielle Erkrankung der Talgdrüse(nfollikel) ist Akne vulgaris durch eine gesteigerte Talgproduktion (Seborrhoe) und Verhornung (Hyperkeratose) sowie eine überschießende mikrobielle Besiedlung des Follikels mit daraus resultierenden Entzündungen geprägt. Klinische Zeichen sind Komedonen (lateinisch: comedere = mitessen), Papeln, Pusteln und/oder Knoten. Diese Effloreszenzen (lateinisch: efflorescere = aufblühen, sprießen) sind vornehmlich im Gesicht, auf dem Rücken oder auf der Brust zu finden. Vor dem Auftreten der ersten Effloreszenzen wirkt die Haut oft ölig glänzend.

Der Pathogenese der Akne vulgaris liegt – so wird vermutet – in erster Linie eine genetische Disposition zugrunde, die aktivierende Effekte auf die Androgenrezeptoren und Peroxisom-Proliferator-Aktivierten Rezeptoren (PPAR) als Ursachen der Seborrhoe, der Veränderungen der Talgzusammensetzung und der Verhornungsstörungen am Talgdrüsenausgang hat. Die Besiedlung des Komedos mit Bakterien und hier insbesondere Propionibacterium acnes führt zur Ausschüttung von Entzündungsmediatoren und Aktivierung proinflammatorischer Zytokine, die das Krankheitsgeschehen gegebenenfalls immer weiter anfeuern.

Einflüsse auf den Hormonstoffwechsel durch Menstruation, Klimakterium oder Schwangerschaften können diesen Vorgang verstärken. Jedoch nicht nur innere, auch äußere Faktoren wie Klima oder Sonnenexposition können das Geschehen forcieren (1, 2, 3, 4, 11, 12).

Nikotinkonsum, falsche Ernährungsgewohnheiten und Stress werden als zusätzliche Triggerfaktoren betrachtet, wobei Letzterer zu einer verstärkten Corticotropin-Releasing-Hormon-Ausschüttung mit vermehrter Bildung von Dehydroepiandrosteron (DHEA) sowie damit erhöhter Androgensynthese und somit zu den typischen Effloreszenzen führt (1, 2, 3, 4).

Zigarettenrauch enthält neben Teer auch proinflammatorische Substanzen wie Arachidonsäure, die ebenfalls das Entzündungsgeschehen fördern. Wenn auch streckenweise kontrovers diskutiert, so wird doch vielfach in der Literatur ein negativer Einfluss auf die Talgdrüse und Talgdrüsenfunktion von Nahrungsmitteln mit einem hohen glykämischen Index sowie von Milchprodukten und hier insbesondere Molke-Eiweiß beschrieben (3, 4, 11, 12), der sowohl durch eine starke Insulinfreisetzung und somit Bildung des Insulin-Wachstumsfaktors IGF-1 (Milchprodukte) als auch durch die Hormonproduktion im Fettgewebe bei möglicher Adipositas erklärt wird. Es wird empfohlen, diese Nahrungsmittel zu meiden beziehungsweise zu mindern oder aber Auslassversuche zu unternehmen, um zu sehen, ob sich das Hautbild verbessert (1, 4).

Zahlreiche Sonderformen

Die Diagnose Akne vulgaris wird klinisch gestellt, indem die häufig gut zu erkennenden Effloreszenzen begutachtet und in einem definierten Feld ausgezählt werden. Nach den jeweils auftretenden Effloreszenztypen werden die drei Akneformen Akne comedonica, Akne papulopustulosa und Akne conglobata unterschieden.

Die Akne comedonica ist gekennzeichnet durch offene und geschlossene Komedonen. Die offenen Komedonen, also typischen »Mitesser«, erscheinen weiß, die geschlossenen Komedonen haben einen dunkelbraunen Pfropf in der Öffnung, der auf Melanin zurückzuführen ist. Bei der Akne comedonica gibt es noch kein Entzündungsgeschehen. Sobald gerötete Papeln und Pusteln auftreten, die mit Eiter gefüllt sein können und eine Entzündung kennzeichnen, spricht man von der Akne papulopustulosa (1, 2, 3, 4).

Ist eine Entzündung mit großflächiger Rötung beziehungsweise Bildung von »Knoten«, aber ohne Eiterproduktion gegeben, wird auch von einer Akne nodosa gesprochen. Die Akne conglobata gilt als schwerste Verlaufsform, von der häufig Jungen und Männer betroffen sind. Haupteffloreszenzen sind Knoten, Zysten und Fisteln. Auch Rötungen und Entzündungen sind gut sichtbar. Mit dieser Verlaufsform geht das besonders hohe Risiko der tiefen Narbenbildung und späterer Pigmentstörungen einher.

Stark ausgeprägt kann eine Akne conglobata bei Jungen in der Pubertät zu einer Akne fulminans mit Gelenkbeschwerden, Fieber, Leukozytose und Schmerzen führen. Die Pathogenese ist bei diesem Erkrankungsbild weitgehend unklar. Es werden jedoch hormonelle und immunologische Faktoren vermutet (3, 4). Sind Terminalhaarfollikel betroffen, bilden sich entzündliche Knoten und Fisteln besonders dort, wo, wie zum Beispiel im Achsel- und Genitalbereich, Hautflächen aufeinander liegen. In diesem Fall wird von einer Akne inversa gesprochen. Diese Sonderform kann durch Rauchen, mechanische Irritation, Übergewicht und Diabetes mellitus ausgelöst und verstärkt werden.

Akne inversa wird durch chirurgische Sanierung und Entfernung der Fistelgänge beziehungsweise mit Tumornekrose-Faktor-(TNF-)Alpha-Inhibitoren wie Adalimumab sowie mit dem Wirkstoff Diaminodiphenylsulfon therapiert, der antibiotisch und entzündungshemmend wirkt. Diese Wirkstoffe kommen zum Einsatz, wenn Antibiotika und Retinoide nicht ansprechen (15).

Es gibt noch weitere Sonderformen der Akne. Die Akne neonatorum bei jungen Säuglingen gilt als harmlos und in der Regel nach einigen Wochen wieder verschwindend. Ihr Erscheinungsbild gleicht dem einer Akne comedonica. Sie ist auf intrauterine Stimulation der Talgdrüsen durch mütterliche Androgene zurückzuführen. Bleibt das Hautbild länger als drei Monate erhalten, bedarf dieses der Abklärung durch den Arzt. Akne kann als Akne infantum auch im Kindesalter und vorpubertär auftreten (1, 2, 3, 4).

Als weitere Sonderformen sind – wie die Namen besagen – Akne medicamentosa und Akne venenata (lateinisch: venenatus = giftig, schädlich) bekannt, die durch Medikamente wie Glucocorticoide, Lithium oder hohe Vitamin-B-Dosen beziehungsweise chemische Stoffe wie Halogene, Öle und Teer oder Kosmetika mit komedogenen Stoffen wie Butyl- und Isopropylstearat, Cetylalkohol, Isopropylmyristat, Lanolin, Natriumlaurylsulfat, Erdnussöl beziehungsweise Stearinsäure ausgelöst werden. Durch Medikamente und Chemikalien verursachte Akneformen zeigen eher das anfängliche Bild einer Akne comedonica, später dann der Akne papulopustulosa.

Ursache der Akne mechanica sind mechanische Reizungen nicht zuletzt durch Stirnbänder und Hüte oder auch Kleidung zum Beispiel an den Oberschenkeln (1, 2, 3, 4, 13).

Bei Frauen kann es durchaus auch in späteren Lebensabschnitten, also ab circa dem 30. Lebensjahr, zu einer vorrangig an Wangen und Kinn lokalisierten Akne kommen. Die Akne tarda (Spätakne) ist für die Betroffenen ebenfalls sehr belastend. Diese kann, muss jedoch nicht mit einem polyzystischen Ovarial-, kurz PCO-Syndrom, also Hyperandrogenismus, und ovarieller Dysfunktion gepaart sein (8).

Ob mit oder ohne Akne vulgaris im Vorfeld: Bei Mädchen und jüngeren Frauen ist bei psychischer Überlastung häufig das Phänomen der » Acné excoriée des jeunes filles« mit zerkratzter und malträtierter Gesichtshaut zu beobachten, das durch zwanghafte Manipulation im Gesicht und zurückbleibende Erosionen und Narben entsteht (3, 4).

Das umgangssprachlich als Mallorca-Akne bezeichnete Erscheinungsbild ist keine Akne, sondern eine Lichtdermatose, die nicht durch Komedonen, sondern durch juckende Papeln und Pusteln gekennzeichnet ist. Ursache sind Emulgatoren und Fette aus Kosmetika in Verbindung mit Sonne und Schweiß. Abhilfe schaffen emulgatorfreie Sonnenprodukte (3, 4, 16).

Lokale Akne-Therapie

Die Therapie der Akne vulgaris richtet sich in erster Linie nach dem Aknetyp und dem Schweregrad der Erkrankung. Weitere Kriterien können die Lokalisation, die Empfindlichkeit der Haut und auch der Zulassungsstatus entsprechender Therapeutika sein (1, 2). Es gibt eindeutige Grenzen der Selbstmedikation. Spätestens bei entzündlichen Effloreszenzen und knotigen Hautveränderungen sowie einem starken Befall von Rücken und Dekolleté muss an den Hautarzt verwiesen werden.

Ob Drosselung der Talgproduktion oder Minderung des Bakterienwachstums, der Entzündungen oder der Komedonen: In der topischen Aknetherapie werden leitliniengemäß Benzoylperoxid (BPO) und Retinoide wie Adapalen, Tretinoin und Isotretinoin sowie Azelainsäure beziehungsweise topische Antibiotika wie Clindamycin eingesetzt. Fixkombinationen aus einem topischen Antibiotikum mit einem Retinoid oder Benzoylperoxid erhöhen die Adhärenz und können die Resistenzbildung verringern (1, 2).

Benzoylperoxid ist das einzige Aknetherapeutikum, das in 3-, 5- und 10-prozentiger Konzentration unter anderem als Creme, Gel oder Salbe verschreibungsfrei in der Apotheke erhältlich ist und auch in der Schwangerschaft und Stillzeit eingesetzt werden kann. Hierbei ist zu beachten, dass Benzoylperoxid nur auf begrenzten Arealen angewendet werden darf.

In der Regel verbessert sich Akne vulgaris in der Schwangerschaft; ist dies nicht der Fall, ist der Einsatz von Benzoylperoxid kurzzeitig auch in der Selbstmedikation möglich. Es wirkt bakteriostatisch und leicht komedolytisch. Bei der Anwendung entstehen im Komedo Benzoesäure und freier Sauerstoff, der die Spaltung des Hauttalgs in freie Fettsäuren und Glycerin unterbindet (1, 2, 14, 17).

Die Applikation erfolgt zunächst einmal, dann später auch zweimal täglich. Die übliche Therapiedauer beträgt acht Wochen, eine dauerhafte Erhaltungstherapie ist aber möglich. Wichtig ist es, mit der niedrigsten Konzentration zu beginnen. Die 10-prozentige Konzentration sollte nicht im Gesicht, sondern nur am Rücken eingesetzt werden (14).

Der Patient sollte bei der Abgabe darauf aufmerksam gemacht werden, dass es zu Irritationen und Schuppung der Haut kommen kann. Benzoylperoxid sollte niemals in unmittelbarer Nähe der Augen und des Mundes beziehungsweise auf Schleimhäute aufgetragen werden. Zudem sollte unbedingt auf die Bleichwirkung des Oxidationsmittels Benzoylperoxid gegenüber Textilien hingewiesen werden. Die Substanz kann in 2,5-prozentiger Konzentration zur Behandlung der Akne neonatorum eingesetzt werden (14, 18).

Die in den zwei Darreichungsformen Gel und Creme in Konzentrationen von 15 und 20 Prozent erhältliche Azelainsäure wirkt komedolytisch, leicht entzündungshemmend und antimikrobiell. Sie wird zweimal täglich aufgetragen. Erste Besserungseffekte treten nach vier Wochen auf, meist wird die Therapie für zwölf Wochen beibehalten.

Creme Gel oder Salbe

Vorteil der Azelainsäure ist die mögliche Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit. Nicht zuletzt kann diese auch bei atopischen Patienten zum Einsatz kommen. Zu Beginn der Behandlung sind leichtes Kribbeln und Brennen möglich (14).

Lokal wirksame Antibiotika sollten aufgrund der Resistenzbildung bei Akne nicht in Monotherapie zum Einsatz kommen. Sinnvoll ist es, sie mit einer keratolytischen Therapie zu kombinieren, da sie die mikrobielle Besiedlung mit Propionibacterium acnes vermindern (1, 9, 10). Lokale Antibiotika wie Clindamycin oder Erythromycin sind somit häufig Bestandteil von Fixkombinationen zum Beispiel mit Benzoylperoxid oder Tretinoin.

Als eigens für die Aknetherapie entwickeltes Fluorchinolon wird auch Nadifloxacin lokal eingesetzt. Darüber hinaus ist Chlortetracyclin als lokales Antibiotikum auf dem Markt. Alle eingesetzten Antibiotika penetrieren sehr gut in den Komedo. Erythromycin und Clindamycin haben zusätzlich eine antiinflammatorische Wirkung. Clindamycin wirkt außerdem leicht antikomedogen (1, 2, 14).

Lokale Antibiotika werden zweimal täglich aufgetragen, bei den Fixkombinationen reicht das einmalige abendliche Auftragen, ebenso bei Clindamycin in Monotherapie. Nadifloxacin sollte immer mit einem Wattestäbchen auf die betreffenden Stellen gegeben werden. Die Behandlungsdauer variiert von zwei Wochen im Falle von Chlortetracyclin über sechs Wochen bei Erythromycin, acht Wochen bei Nadifloxacin bis hin zu maximal zwölf Wochen bei Clindamycin (14).

Topisch werden Tretinoin und Adapalen als Retinoide eingesetzt. Ihr großer Vorteil ist, dass sie komedolytisch, antikomedogen und entzündungshemmend wirken sowie an den betroffenen Hautstellen das Mikromilieu verändern, wodurch es zu einer Reduktion von Propionibacterium acnes kommt. Adapalen ist sehr gut verträglich und stärker entzündungshemmend als Tretinoin (3, 4).

Lokale Retinoide sind ab zwölf Jahren zugelassen. Sie sind in der Schwangerschaft kontraindiziert. Adapalen kann in der Stillzeit angewendet werden. Man trägt Adapalen einmal täglich abends vor dem Zubettgehen, Tretinoin zweimal täglich auf. Männer sollten Tretinoin und Adapalen nicht unmittelbar nach der Rasur verwenden, weil Hautreizungen möglich sind. Auch müssen beim Auftragen Nase, Augen und Mund unbedingt ausgespart werden (14, 17).

Kommt es zu Beginn der Therapie zu starken Hautirritationen, kann das Applikationsintervall auf alle zwei Tage reduziert werden. Eine Verbesserung des Hautbildes kann nach vier bis acht Wochen beobachtet werden, oft kommt es aber in den ersten drei bis vier Wochen nach Anwendungsbeginn zu einer Verschlechterung der Akne. Die Patienten müssen dann motiviert und von den positiven Effekten der weiteren Behandlung überzeugt werden.

Neu als topische Zubereitung auf dem Markt ist das Terphenylsäurederivat Trifaroten, das als selektiver Retinoid Acid Receptor (RAR)y-Agonist agiert und für entzündliche Akneformen mit Papeln und Pusteln ab zwölf Jahren zugelassen ist. Es wird einmal täglich aufgetragen. Auch hier werden als Nebenwirkungen lokale Irritationen der Haut beschrieben. Dieses neue topische Retinoid ist bis jetzt nicht in Studien mit anderen Akne-Externa verglichen worden (6, 14).

Systemisch bei schweren Formen

Bei schweren Akneformen und hier insbesondere der Akne conglobata und papulopustulosa kommen systemische Therapieoptionen zum Tragen. Hier gelten neben der antibiotischen Systemtherapie mit Doxycyclin, Tetracyclin und Erythromycin die antiandrogene Systemtherapie mit Cyproteronacetat, Dienogest und Chlormadinonacetat als effektiv. Zudem kommt erfolgreich die Systemtherapie mit oralem Isotretinoin zum Einsatz (1, 2).

Antibiotika wirken vor allem auf die mikrobielle Besiedlung und das Entzündungsgeschehen, antiandrogen wirksame Gestagene auf die Seborrhoe. Die systemische Antibiotikatherapie sollte immer durch eine topische Therapie mit Benzoylperoxid oder Adapalen ergänzt werden und nicht länger als drei Monate erfolgen. Auch Antiandrogene müssen mit einer topischen Therapie, hier jedoch – zur Minderung von Resistenzbildungen – nicht mit Antibiotika kombiniert werden. Hier wird im Allgemeinen eine Therapiedauer von zwölf Monaten angesetzt. Cyproteronacetat hat den stärksten antiandrogenen Effekt, dann folgen Dienogest und Chlormadinonacetat (1, 2, 9).

Mittel der Wahl bei schweren Verläufen der Akne papulopustulosa, der Akne conglobata und der Rückenakne bei Männern ist orales Isotretinoin. Bei Frauen wird die Anwendung empfohlen, wenn eine Lokaltherapie und eine über sechsmonatige antiandrogene Therapie bei schweren Akneverläufen keine Erfolge bringt (1, 2).

Isotretinoin reduziert das Krankheitsgeschehen, indem es die Seborrhoe, die Entzündungen, die follikuläre Hyperkeratose und die mikrobielle Besiedlung reduziert beziehungsweise hemmt. Doch darf es niemals in der Schwangerschaft und Stillzeit zur Anwendung kommen. Da im Tierversuch teratogen, ist es hier absolut kontraindiziert. Eine sichere Schwangerschaftsverhütung ist unerlässlich. Dabei sollten mindestens zwei sich ergänzende empfängnisverhütende Methoden angewendet werden (5).

Die sichere Kontrazeption muss durch mehrere Schwangerschaftstests bestätigt und dokumentiert werden. Hierfür ist folgendes Schema beim Arzt vorgesehen: Ein erster Schwangerschaftstest ist drei Wochen nach dem letzten ungeschützten Geschlechtsverkehr durchzuführen und unmittelbar danach mit der sicheren Verhütungsmethode zu starten. 28 Tage später erfolgt ein erneuter Schwangerschaftstest. Erst jetzt darf Isotretinoin verordnet und eingenommen werden.

Der Schwangerschaftstest muss während der gesamten Behandlung alle 28 Tage wiederholt und dokumentiert werden. Auch nach Beendigung der Behandlung ist eine sichere Kontrazeption noch für einen Monat sicherzustellen. Wichtig für die Abgabe in der Apotheke ist in diesem Zusammenhang, dass Verordnungen von oralen Isotretinoin für Frauen ab dem Ausstellungsdatum nur sechs Tage gültig sind und der Bedarf maximal 30 Tage umfassen darf (5).

Bei Männern gleicht der Rezeptbelieferungszeitraum dem anderer rezeptpflichtiger Arzneimittel. Auch diese sollten über die teratogene Wirkung aufgeklärt werden, können allerdings dahingehend beruhigt werden, dass die Isotretinoin-Konzentrationen, die die Samenflüssigkeit erreichen, als nicht teratogen gelten (14).

Ob Männer oder Frauen: Immer muss im Beratungsgespräch darauf verwiesen werden, dass orales Isotretinoin keinesfalls an andere Personen weitergegeben werden darf. Auch sollte dahingehend informiert werden, dass unter der Therapie regelmäßig Laboruntersuchungen, sprich: Bestimmungen der Nieren-, Leber- und Blutfette, erfolgen sollten, da Niereninsuffizienz, Leberschäden, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus ebenfalls Kontraindikationen für die Behandlung darstellen können (14).

Leistungssportler/-innen müssen wissen, dass orales Isotretinoin die Keratininkinase-Konzentration und somit das Rhabdomyolyse-Risiko erhöhen kann. Eine Blutspende ist erst einen Monat nach Beendigung der Therapie wieder möglich. Immer wieder diskutiert wird das Risiko neuropsychiatrischer Erkrankungen durch orales Isotretinoin. Dies ist nicht abschließend geklärt, aber auch nicht auszuschließen. Patienten mit Symptomen einer Depression müssen umgehend an den Arzt verwiesen werden (5, 7, 14).

Isotretinoin wird üblicherweise initial in Dosierungen von 0,3 bis 0,5 mg/Kilogramm Körpergewicht/Tag beziehungsweise auch in niedrigeren Dosierungen von 0,2 mg/kg Körpergewicht/Tag eingesetzt. Eine gute Resorption erfolgt mit fettreicher Nahrung. Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem Befund und beträgt zwei bis sechs Monate. Bei niedrigeren Dosen wird zwar ein besseres Nebenwirkungsprofil, aber auch eine vermehrte Bildung von Rezidiven beobachtet. Die Patienten sollten bei der Erstabgabe auf den sich zunächst verschlechternden Effekt vorbereitet werden. Die Akne »blüht« anfangs auf, dieser Effekt klingt in der Regel nach drei bis vier Wochen ab.

Zusätzlich trocknen Haut und Schleimhäute unter der Behandlung stark aus, was zu Lippenentzündungen, trockenen Augen, Mundtrockenheit und Juckreiz führen kann. Aus diesem Grunde sind eine gute Lippenpflege, eine leichte beruhigende Hautpflege und gegebenenfalls auch Tränenersatzmittel zu empfehlen. Kontaktlinsenträger sollten möglichst auf die Brille umsteigen. Seltenere Nebenwirkungen sind Kopf- sowie Muskel- und Gelenkschmerzen; auch Nachtblindheit kann auftreten (14).

Stichwort »Meidung von Interaktionen«: Bei der Kombination mit oralen Tetrazyklinen kann es zur Erhöhung des intrakraniellen Drucks, also des im Schädelinneren einschließlich Liquorräumen herrschenden Hirndrucks mit einer Verminderung der Hirndurchblutung und somit Schädigung von Nervenzellen kommen (14). Erste Symptome sind Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Bewusstseinsstörungen. Hier ist besondere Aufmerksamkeit angezeigt. Zusätzliche Vitamin-A-Gaben steigern die Gefahr der Hypervitaminose und müssen ebenfalls vermieden werden, da auch diese zu einer Erhöhung des intrakraniellen Drucks beitragen können.

Die Pathogenese ist ungeklärt. Vermutet wird, dass Tetrazykline den Abfluss der Cerebrospinalflüssigkeit aus den Arachnoidalzotten reduzieren beziehungsweise sich Isotretinoin und Derivate direkt toxisch auf die Arachnoidalzotten auswirken.

Für alle Therapieformen gilt, dass begleitend immer ein ausreichender und zuverlässiger Sonnenschutz angezeigt ist (14).

Besonders empfindlich ist die Haut bei der Verwendung von oralem Isotretinoin und Retinoiden, aber auch die Anwendung von Benzoylperoxid, Azelainsäure sowie systemischen und lokalen Antibiotika erhöht die Lichtempfindlichkeit. Zusätzlich entsteht durch UV-Strahlung aus dem Hautlipid Squalen Squalenepoxid, das eine komedogene Wirkung hat und das Krankheitsgeschehen verstärken kann. Generell eignen sich für den Sonnenschutz besonders lipidarme Zubereitungen wie Fluide, Hydrodispersionen und Hydrogele.

In der Schwangerschaft ist ausschließlich die topische Therapie möglich. Hier können Benzoylperoxid und Azelainsäure eingesetzt werden, es eignet sich auch Erythromycin topisch appliziert und mit Benzoylperoxid kombiniert. Eine systemische Therapie sollte in der gesamten Schwangerschaft unterbleiben (1, 17).

Unterstützende Maßnahmen

Auch wenn fast alle Arzneimittel der Aknetherapie verschreibungspflichtig sind, kann die Apotheke durch entsprechende Beratung und Empfehlung geeigneter Pflegeprodukte sowie Nennung weiterer unterstützender Maßnahmen erheblich zur Minderung des Leidensdrucks betroffener Patienten beitragen.

So sollte Aknepatienten zur zweimal täglichen Reinigung der Haut mit milden Pflegeprodukten geraten werden. Eignen sich für die tägliche Hautpflege Pflegeprodukte, die sich am fett-feuchten Hautzustand orientieren und regulierend auf die Keim- und Talgproduktion einwirken, so sollten zur Reinigung Syndets und fettfreie Reinigungsgele, zum anschließenden Tonisieren und Ablösen der Reinigungssubstanzen Gesichtswasser mit niedrigem Alkoholgehalt (maximal 15 Prozent) unter Zusatz keratolytischer, entzündungshemmender oder antimikrobieller Wirkstoffe wie Milch- oder Salicylsäure zum Einsatz kommen (13, 16).

Als Gesichtspflege eignen sich schwach saure O/W-Emulsionen, Hydro- oder Hydrodispersionsgele. Da bei Pickeln, Pusteln und Papeln oftmals auch die Seele in Mitleidenschaft gezogen wird, kann die Anwendung einer getönten Tagespflege sowie eines adäquaten Make-ups oder Abdeckstiftes psychisch entlastend sein. Ergänzt werden kann die Pflege durch Peelings oder auch Masken, wobei diese nur in der Erhaltungstherapie und bei nicht entzündeter Haut maximal zweimal in der Woche angewendet werden dürfen (16).

Besonders effektiv sind chemische Peelings, die den aus Ceramiden, Cholesterol, Fettsäuren und Cholesterolsäureestern bestehenden »Zellkit« in den Interzellularspalten der Hornschicht (16) aufweichen und somit ablösen. Enthalten diese oftmals zum Beispiel Glykol-, Milch- oder ß-Lipohydroxysäure in höheren Konzentrationen, so sollten sie nach Möglichkeit nur von einer geschulten Kosmetikerin angewandt werden. Die Patienten sollten auf Crememasken verzichten und bei allen Pflegeprodukten komedogene Inhaltsstoffe meiden. Insbesondere das Quetschen von Komedonen sollte tunlichst unterbleiben. Hier ist das Öffnen mit einer sterilen Kanüle oder Lanzette durch geschultes Fachpersonal und somit entsprechende »Aknetoilette« Mittel der Wahl (16, 19).

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