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Informationen zu Abtreibungen

Die Neuregelungen im Überblick

Wer ungewollt schwanger wird, fühlt sich oft ziemlich allein gelassen. Mühsam hat sich die Koalition jetzt auf bessere Informationen für Betroffene geeinigt. Doch der Entwurf stellt auch klar, was Ärzte keinesfalls dürfen.
dpa
30.01.2019  10:24 Uhr

Es ist die wohl schwierigste Entscheidung, die eine schwangere Frau treffen kann: Wer über eine Abtreibung nachdenkt, ist in einer persönlichen Krise. Was erwartet mich, welche Risiken gibt es und welchem Arzt schenke ich mein Vertrauen? Wichtige Informationen sollen Schwangere nun einfacher als bisher bekommen. «Werbung» für Schwangerschaftsabbrüche bleibt aber verboten. Dieser mühsam ausgehandelte Kompromiss hat die große Koalition auf eine schwere Belastungsprobe gestellt. Doch schon jetzt gibt es Zweifel, ob er den Schwangeren wirklich helfen wird.

Der umstrittene Paragraf 219a verbietet im Strafgesetzbuch Werbung für Schwangerschaftsabbrüche. Dabei fasst er den Begriff Werbung sehr weit. So macht man sich schon strafbar, wenn man etwa «seines Vermögensvorteils wegen» öffentlich Schwangerschaftsabbrüche als Leistung anbietet. Die Gießener Ärztin Kristina Hänel wurde deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt, ihr Fall stieß die politische Diskussion an. Die SPD wollte den Paragrafen (wie Grüne, Linke und FDP) abschaffen, die Union wollte das nicht.

Die fünf zuständigen Minister haben über Monate mühsam einen Kompromiss ausgehandelt. Der Kern ihres Entwurfs: Das Werbeverbot bleibt, wird aber ergänzt. «Wir stellen sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlichen Notsituation an die Informationen gelangen, die sie benötigen», sagt Justizministerin Katarina Barley (SPD).

In Paragraf 219a soll ein neuer Absatz eingefügt werden. Demnach dürfen Ärzte und Krankenhäuser, zum Beispiel auf ihrer Internetseite, darüber informieren, dass sie Abtreibungen anbieten. Mehr dürfen sie aber nicht schreiben, sondern nur auf Angebote der zuständigen Behörden, Beratungsstellen und Ärztekammern verweisen. Sie dürfen also nicht Pro und Contra verschiedener Abtreibungsmethoden abwägen oder Informationen zur Nachsorge geben.

Die Bundesärztekammer soll eine zentrale Liste mit Ärzten, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen führen, die Abbrüche vornehmen, auch mit Angaben zu angewandten Methoden. Die Liste soll monatlich aktualisiert und von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Internet veröffentlicht werden. Auch das Hilfetelefon «Schwangere in Not» soll die Liste für die Beratung bekommen. 

Nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches sind Abtreibungen meist rechtswidrig, sie werden aber unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft. Die Schwangere muss selbst den Abbruch verlangen und sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff in einer staatlich anerkannten Stelle beraten lassen. Außerdem dürfen seit der Befruchtung nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sein.

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist ziemlich konstant. Laut Statistischem Bundesamt gab es von Januar bis September 2018 in Deutschland 76.365 Eingriffe. Das sind 0,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Meist waren die Frauen zwischen 25 und 30 Jahre alt.

Junge Frauen bekommen orale hormonelle Kontrazeptiva, also Verhütungspillen, länger als bisher, bis zum 22. Geburtstag, von der Krankenkasse bezahlt. Das solle ihnen helfen, ungewollte Schwangerschaften zu vermeiden, sagt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Die Anhebung der Altersgrenze kostet die Krankenkassen jährlich rund 40 Millionen Euro.

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