| Daniela Hüttemann |
| 20.02.2024 09:00 Uhr |
Grundsätzlich sind zahlreiche Interaktionen zwischen oraler Krebstherapie und anderen Medikamenten, aber auch Supplementen (Johanniskraut, Calcium) und Lebensmitteln selbst (Grapefruit, grüner Tee) möglich. Die klinische Relevanz zu bewerten sei unter anderem Übungssache. Vor allem im Blick haben sollte man neben den Magen-pH-verändernden Substanzen alles, was über das Cytochrom-Enzym CYP3A4 und den Transporter p-Glykoprotein geht. Eine der wichtigsten Aufgaben der Apotheke ist es daher auch, die komplette Medikation zu erfassen beziehungsweise den Einnahmeplan auf Vollständigkeit und Korrektheit zu überprüfen, da der Onkologe nicht automatisch wisse, was der Patient noch so alles einnehme.
»Die Krebstherapie hat immer Vorfahrt«, betonte Dartsch in Bezug auf das Interaktions-Management. Das heißt, bei klinisch relevanten Interaktionen, die sich nicht durch Zeitabstände lösen lassen, sollte immer das andere Medikament ausgetauscht werden, was Sache des Arztes ist. Von wechselwirkenden OTC-Käufen muss dagegen die Apotheke abraten.
»Die Krebstherapie hat immer Vorfahrt« gilt aber auch für Gegenanzeigen und Nebenwirkungen. Wenn eine Kontraindikationen eines Krebsmedikaments angegeben ist, müsse man dies manchmal in Kauf nehmen für das Überleben des Patienten. »Der Patient hat nichts davon, wenn wir Rücksicht auf sein Asthma nehmen, aber den Tumor nicht richtig therapieren können«, machte Dartsch deutlich, solange mit kurativem Ziel therapiert wird. Zudem seien die Angaben in den Fachinformationen auch juristischer Natur, weil zum Beispiel einige Konstellationen nicht geprüft wurden. »Wir müssen lernen, uns auch an anderen Quellen zu orientieren und für den Patienten, der vor mir steht, eine individuelle Lösung zu finden«, so die Referentin.
Auch die unerwünschten Nebenwirkungen lassen sich nicht komplett vermeiden, müssen aber, um die Adhärenz nicht zu gefährden, adressiert und gemanagt werden. Auf die Möglichkeiten der Supportivtherapie ging Jürgen Barth noch genauer ein. Ebenso erklärte der Spezialist für onkologische Pharmazie und Leiter der StiL-Studienzentrale am Uniklinikum Gießen zahlreiche Grundbegriffe und Grundlagen der Onkologie wie das Staging und Grading von Tumorerkrankungen (Bericht folgt).
Barth betonte: »Durch pharmazeutische Interventionen und Betreuung werden auch harte Endpunkte für die Krebspatienten verbessert, wie die AMBORA-Studie gezeigt hat.« Durch Medikationsanalysen, Interaktions- und Nebenwirkungsmanagement und nicht zuletzt einer Adhärenz-Beratung komme es zu weniger Therapieunterbrechungen und -abbrüchen, Klinikaufenthalten und sogar weniger Todesfällen bei Krebspatienten.
Neben den medizinisch-ethischen Gründen für eine gute pharmazeutische Beratung sprachen die Referenten auch die pharmakoökonomische Verantwortung der Apotheken an. Die Therapiekosten fingen bei 55.000 Euro im Jahr an. »Da ist es auch finanziell eine Katastrophe, wenn ein Medikament nicht richtig angewendet wird, auch mit allen Folgekosten und indirekten Kosten«, meinte Dartsch und griff damit ein Eingangs-Statement von Hamburgs Kammerpräsident Holger Gnekow auf. Er geht davon aus, dass die Apotheken in Zukunft nicht nur mehr pharmakoökonomische Verantwortung übernehmen, sondern vor allem auch mehr für ihre Beratungsleistung honoriert werden könnten. Daher warb er dafür, sich verstärkt an pharmazeutische Dienstleistungen heranzuwagen.
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