Die große Unbekannte im Darm |
Annette Rößler |
28.07.2025 12:00 Uhr |
Wie groß der Einfluss einer gesunden Lebensweise auf das Divertikulitisrisiko ist, zeigt eine Studie, deren Ergebnisse gerade erst im Fachjournal »Gut« veröffentlicht wurden. Das Autorenteam um Dr. Wenjie Ma von der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, konnte anhand mehrerer Beobachtungsstudien mit insgesamt mehr als 246.000 Teilnehmenden und einer Beobachtungsdauer von 20 Jahren nachweisen, dass Personen, die nicht rauchen, normalgewichtig sind, sich viel bewegen, ballaststoffreich ernähren und kein rotes Fleisch essen, ein 50 Prozent geringeres Divertikulitisrisiko haben als Personen, die in allen diesen Lebensstilfaktoren ungünstige Werte aufweisen. Dabei glichen Topwerte im Bereich Lebensstil die Risikoerhöhung durch eine vorhandene genetische Veranlagung komplett aus.
In den allermeisten Fällen bleibt eine Divertikulose klinisch unauffällig: Laut Informationen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) entwickelt lediglich 1 Prozent der Betroffenen innerhalb von zehn Jahren eine Divertikulitis. Sie ist die häufigste Form der Divertikelkrankheit; das heißt, eine Entzündung ist die häufigste Komplikation bei vorhandenen Divertikeln. Die zweithäufigste Komplikation ist die Divertikelblutung.
Divertikel können sich besonders leicht entzünden, weil durch die Aussackung Blutgefäße abgeklemmt werden können, sodass die Schleimhaut innerhalb des Divertikels nicht mehr so gut durchblutet wird. Außerdem kann Kot im Divertikel verbleiben und sich ein Kotstein bilden, der dann den Divertikelrand mechanisch reizen kann. Ausgehend von einem Divertikel kann die Entzündung auf die Darmwand übergreifen und schwere Komplikationen wie die Bildung von Abszessen und/oder Fisteln oder eine Darmperforation auslösen.
Symptome einer Divertikelkrankheit sind Schmerzen im Unterbauch (meistens links), Blähungen, Verstopfung oder Durchfall. Die Beschwerden können von Dauer sein oder auch kommen und gehen. Häufig sind sie nach dem Essen stärker und nach dem Stuhlgang schwächer. Bei einer akuten Divertikulitis kommt es zu plötzlich auftretenden, dumpfen Unterbauchschmerzen und leichtem Fieber. Druck auf den Bauch löst eine Abwehrspannung aus; beim plötzlichen Loslassen verstärkt sich der Schmerz.
Eine akute Divertikulitis gilt als kompliziert, wenn eine Darmperforation, eine Fistel und/oder ein Abszess vorliegen. Dies ist jedoch nur bei einem von fünf Patienten der Fall; in 80 Prozent der Fälle handelt es sich um eine unkomplizierte akute Divertikulitis. Sie muss nicht zwingend mit einem Antibiotikum behandelt werden und auch vorübergehende Einschränkungen bei der Ernährung sind für solche Patienten nicht notwendig. In 95 Prozent der Fälle heilt eine akute unkomplizierte Divertikulitis innerhalb einer Woche aus.
Um einer Divertikulitis vorzubeugen, wird eine ballaststoffreiche Ernährung empfohlen. / © Getty Images/Peter Cade
Dagegen müssen Patienten mit akuter komplizierter Divertikulitis stationär behandelt werden und ein Antibiotikum erhalten, wobei das nicht resorbierbare »Darm-Antibiotikum« Rifaximin nicht empfohlen wird. Teilweise wird den Patienten zusätzlich für einige Tage eine leichte, ballaststoffarme Schonkost verordnet. Gegen die Schmerzen sollten keine nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) verwendet werden. Wegen mangelnder Wirksamkeitsnachweise rät die Leitlinie von der Gabe eines Probiotikums ebenfalls ab, auch bei unkompliziertem Verlauf und zur Sekundärprophylaxe.
Kommt es trotz konservativer Therapie zu Komplikationen oder häufig wiederkehrenden akuten Entzündungsepisoden, kann der betroffene Darmabschnitt operativ entfernt werden. Eine solche OP ist allerdings nur selten notwendig.