Pharmazeutische Zeitung online
Interview mit Dagmar Fischer

»Die DPhG ist moderner und sichtbarer geworden«

Seit 2020 ist die Professorin Dr. Dagmar Fischer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Präsidentin der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG). Anlässlich der diesjährigen DPhG-Jahrestagung in Marburg befragte die PZ sie zu Zielen und Resultaten ihrer inzwischen knapp dreijährigen Amtszeit sowie zu aktuellen berufspolitischen Entwicklungen.
PZ
16.09.2022  09:00 Uhr

PZ: Welche Themen haben Ihre bisherige Amtszeit besonders geprägt?

Fischer: Eines der zentralen Anliegen des Vorstands war die Etablierung der DPhG als zentraler Player in einem Netzwerk für Pharmazie und Gesundheit. Das haben wir als Vorstand durch zahlreiche Kooperationen etwa mit dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) oder dem Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA) sowie verschiedenen Datenbanken wie NFDI4Chem erreicht. Ich freue mich, dass die DPhG verstärkt als Dialogpartner wahrgenommen und ihre Sichtbarkeit nachhaltig gestärkt wird, was wir an deutlich zunehmenden Nachfragen nach unserer Expertise feststellen.

Auch die Coronavirus-Pandemie hat meine bisherige Amtszeit stark geprägt und neue Kommunikations- und Vortragskonzepte in der DPhG vorangebracht. Zudem war es uns ein besonderes Anliegen, das Erscheinungsbild der DPhG grundlegend zu modernisieren und Prozesse zu digitalisieren. Das Ergebnis ist etwa eine neu gestaltete Homepage, die Erreichbarkeit über Social-Media-Plattformen sowie Newsletter, über die unsere Mitglieder aktuelle Informationen erhalten. Zusätzlich wurde die Mitgliederverwaltung modernisiert und unsere Mitgliederzeitschrift »Pharmakon« ist seit etwa einem Jahr per App verfügbar.

PZ: Ein Kernziel Ihrer Präsidentschaft war es, Wissenschaft und Praxis in der Pharmazie noch stärker zu vereinen. Sind Sie dem Ziel bereits nähergekommen?

Fischer: Absolut. Lassen Sie mich als aktuelles Beispiel unsere Kooperation der Fachgruppen Allgemeinpharmazie und Klinische Pharmazie mit der ADKA nennen, bei der sich Apotheker und Apothekerinnen aus Offizin, Klinik und Hochschule zu den Themen Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) und Medikationsanalyse, Entlassmanagement und Digitalisierung austauschen, um Lösungsansätze für die Praxis zu erarbeiten. Ein weiteres Beispiel ist unsere Vortragsserie zum 200. Geburtstag des Archivs der Pharmazie, bei der renommierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihre Forschungsaktivitäten von Beginn an bis zur internationalen Anerkennung und Anwendung eindrücklich darstellen.

PZ: Es war Ihnen außerdem ein besonderes Anliegen, ein erweitertes Angebot für Apotheker in der Praxis zu schaffen. Was gibt es hier Neues?

Fischer: Neben den lokalen Vortragsveranstaltungen der Landesgruppen haben wir das bundesweite Online-Veranstaltungsformat »DPhG@home – wissenschaftlich und praxisnah« geschaffen, das aktuelle und für die tägliche Praxis wichtige Themen aufgreift und von der Apothekerschaft sehr gut angenommen wurde. Auch unsere Zeitschrift Pharmakon hat ihr Erscheinungsbild verändert und bietet viele praxisrelevante Informationen; ein Beispiel ist die Beilage »Therapeutische Leitlinien in der pharmazeutischen Praxis«.

Im Rahmen unseres neu aufgelegten Programms »Qualitätssicherung in Rezeptur und Defektur« sind wir Partner auf der Expopharm 2022 für Vorträge zu Rezepturproblemen in der Apothekenpraxis. Für die Kollegen in der industriellen Praxis veranstaltet unsere Fachgruppe Industriepharmazie regelmäßig Themenabende zu aktuellen »Hot Topics« wie Zell- und Gentherapie.

PZ: Welche aktuellen DPhG-Projekte liegen Ihnen besonders am Herzen?

Fischer: Persönlich liegt mir vor allem unser Nachwuchs sehr am Herzen. So konnte die Fachgruppe Industriepharmazie in Zusammenarbeit mit zahlreichen großen Pharmaunternehmen ein sechsmonatiges Mentoring-Programm etablieren, bei dem Mentoren aus der Industrie ausgewählte Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen in der Endphase ihrer Promotions- oder Postdoc-Phase persönlich fördern. Das ermöglicht dem wissenschaftlichen Nachwuchs nicht nur einen Einblick in die Pharmaindustrie, sondern unterstützt ihn auch in der persönlichen Weiterentwicklung. Das Feedback ist hervorragend.

PZ: Apropos Nachwuchs – was halten Sie von den Plänen, die Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) zu novellieren?

Fischer: Eine Novellierung der AAppO ist dringend notwendig. Daher hatte sich die DPhG mit ihren Fachgruppen sehr intensiv an der Erarbeitung des Positionspapiers zur Novellierung der AAppO beteiligt. Ich begrüße es, dass wir an einem bundesweit einheitlichen, naturwissenschaftlich orientierten Staatsexamens-Studiengang mit zeitgemäßen und fächerübergreifend strukturierbaren Inhalten festhalten wollen, die weiterhin allen Tätigkeitsfeldern Rechnung tragen.

Der Ausbau von Pharmakologie und Klinischer Pharmazie ist zwingend nötig, um den aktuellen Entwicklungen in Beratung und Patientenversorgung noch besser Rechnung tragen zu können. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Erstellung einer schriftlichen Arbeit, um das selbstständige wissenschaftliche Arbeiten als Selbstverständlichkeit in einem akademischen Fach zu fördern.

PZ: Wie stehen Sie zur Einführung der pharmazeutischen Dienstleistungen?

Fischer: Die pharmazeutischen Dienstleistungen sind eine enorme Chance für unseren Berufsstand, das in der Ausbildung erworbene Wissen zu Arzneimitteln nochmals intensiver an Patienten zu vermitteln und damit auch das Profil als Heilberufler und Arzneimittelexperten zu stärken.

Pharmazeutische Dienstleistungen honorieren das, was Apotheken schon jetzt jeden Tag im kleinen Maßstab tun: Wechselwirkungen aufdecken, Selbstmedikation hinterfragen, Hilfestellung bei der Anwendung erklärungsbedürftiger Zubereitungen leisten und vieles mehr. Den Patienten bietet sich die Chance, sich intensiver mit ihrer Therapie auseinanderzusetzen und sich sicherer bei der Anwendung von Arzneimitteln zu fühlen. Wir als DPhG werden die Apothekerschaft mit thematisch ausgerichteten Vortragsreihen unterstützen.

PZ: Was wollen Sie in Ihrer restlichen Präsidentschaft noch bewirken?

Fischer: Wir haben zahlreiche Aktivitäten angestoßen, die wir weiterführen und ausbauen werden, um die DPhG nachhaltig zukunftsfähig zu machen. Aktuell bauen wir die zentrale Rolle der DPhG im Pharmazie-Netzwerk weiter aus und suchen unter anderem verstärkt Kontakt zu Verbänden und Gesellschaften der pharmazeutischen Industrie. Unser besonderes Mentoring-Konzept wird diskutiert für einen Transfer in die Hochschulbereiche.

Zudem werden wir die Medien- und Pressearbeit weiter verstärken, um die DPhG als wissenschaftliche Gesellschaft zunehmend in den Fokus zu rücken. Durch Stellungnahmen zu aktuellen pharmazeutischen Themen für Fachleute und Laien soll sich die DPhG zukünftig noch stärker bei pharmazeutischen Themen einbringen.

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