Diabetes ist auch Hautsache |
Die subkutane Insulinapplikation kann zu lokalen Reaktionen wie Juckreiz, Erythemen, juckenden Knoten und Indurationen (pathologische Verhärtung eines Gewebes durch einen chronischen Reiz, zum Beispiel durch stumpfe Nadeln) führen. Diese Hautreaktionen sind inzwischen selten geworden, da hochreine Humaninsuline und bessere kürzere Nadelsysteme zum Einsatz kommen.
Gerade bei Menschen mit Typ-1- oder mit insulinpflichtigem Typ-2-Diabetes kann sich das Unterhautfettgewebe im Bereich der Insulin-Einstichstellen verändern. Meist kommt es zu einer Lipoatrophie, die sich als schmerzlose Hauteindellung zeigt. Seltener kommt es zum Gegenteil, der Lipohypertrophie. Diese sogenannten »Insulintumoren«, die aus Fett und Bindegewebe bestehen, haben vermutlich ihre Ursache in der lipogenen Wirkung des Insulins.
Gerade bei Menschen mit Typ-1-Diabetes kann sich das Unterhautfettgewebe verändern, wenn immer wieder in das gleiche Areal gespritzt wird. Meist bildet sich eine Lipoatrophie, seltener eine Lipohypertrophie. / Foto: Adobe Stock/S.Kobold
Fettgewebsdystrophien entstehen in den ersten ein bis zwei Jahren nach Therapiebeginn. Einerseits sind sie ein kosmetisches Problem und sehr belastend für die Patienten, wenn diese Stellen, beispielsweise beim Sport, sichtbar werden. Andererseits erschweren sie die Blutzuckereinstellung durch die nicht kalkulierbare Insulinresorption. Auch das kann Stress und eine schlechte Adhärenz auslösen. Es ist äußerst wichtig, auf den regelmäßigen Wechsel der Nadeln und der Injektionsstellen hinzuweisen, denn Fettgewebsdystrophien können nur prophylaktisch verhindert werden. Es gibt keine Therapie. Die regelmäßige Beratung in der Apotheke unterstützt somit die Prophylaxe, die auch bei jeder ärztlichen Kontrolluntersuchung stattfindet.
Wenn Jugendliche mit Typ-1-Diabetes auf die Applikationsform einer Insulinpumpe umsteigen, kommt es häufig zu massiven Reizungen, Juckreiz oder sogar Abszessen in der Haut. Bei der Insulinpumpe gibt es Nadelsysteme (Stahlkanülen), die bei stärkerer Bewegung zu massiven Hautreizungen führen. Hier kann ein Wechsel des Systems auf dünne flexible Teflonkanülen sinnvoll sein. Allerdings ist die Applikation der Teflonkanülen schmerzhafter, da deren Durchmesser größer ist als der Durchmesser der Stahlkanülen. Während des Tragens ist die Teflonkanüle angenehmer, da sie bei Bewegungen nicht picksen kann.
Hautreizungen durch die Kleber der Pflaster beziehungsweise Klebeflächen können bei Verwendung von Pumpen mit Kanülensystemen, bei Patchpumpen und bei den Sensoren zur kontinuierlichen Gewebezuckermessung (CGM) auftreten (Tabelle 2). Die verwendeten Klebstoffe sind zumeist auf Acrylatbasis, was Reizungen, Entzündung und Juckreiz auslösen kann. In manchen Fällen ist es möglich, das System eines anderen Herstellers auszuprobieren, bei Patchpumpen oder CGM-Systemen ist die Auswahl sehr begrenzt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, eine Hautschutzlösung (Beispiel: Cavilon®) vor der Applikation des Systems aufzutragen. Leider hält die Fixierung der Kanüle dann etwas schlechter, was sich mit einem zusätzlichen hautverträglichen Fixierpflaster verbessern lässt.
Insgesamt sind Hautreizungen durch Klebermaterialien schwer dauerhaft in den Griff zu bekommen und der Patient muss viel ausprobieren. Hier können Muster der Pflaster (ohne Kanüle) helfen, die der Patient vorab auf Verträglichkeit testen kann.
Künftig dürften Hautreizungen durch Klebermaterialien und Kanülen deutlich zunehmen, da zwei kürzlich aktualisierte Leitlinien ausdrücklich die kontinuierliche Glucosemessung (CGM) empfehlen. So wird die CGM in der S3-Leitlinie zur Therapie des Typ-1-Diabetes als Standard in der Glucoseüberwachung bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und als »integraler Bestandteil einer sicheren Therapie unter Vermeidung von Hypoglykämien« bezeichnet. Dies gilt speziell für junge Patienten mit Typ-1-Diabetes, wie die vor wenigen Tagen erschienene S3-Leitlinie zum Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter betont. Danach solle die CGM allen Kindern und Jugendlichen mit ICT- oder Insulinpumpentherapie angeboten werden; die Erweiterung zum AID-System (automatisierte Insulinzufuhr via Pumpe) müsse gegeben sein.