Deutet sich eine Resistenzentwicklung gegen Paxlovid an? |
Theo Dingermann |
01.07.2022 14:00 Uhr |
Klinische Fälle von Resistenzen sind bislang noch nicht bekannt. / Foto: IMAGO/Levine-Roberts
Bisher ist Nirmatrelvir der einzig zugelassene Inhibitor, der spezifisch gegen die Hauptprotease 3CLpro (oder Mpro) von SARS-CoV-2 entwickelt wurde und zusammen mit dem Booster Ritonavir als Paxlovid® zugelassen ist. Dass die Coronaviren unter dem Druck dieses potenten Inhibitors Wege finden werden, sich dieser Hemmung zu entziehen, also Resistenzen zu entwickeln, konnte man erwarten. Jetzt wurde diese Befürchtung von zwei Gruppen auch experimentell bestätigt.
Ein Team um Dr. Dirk Jochmans vom Rega Institut an der Universität von Leuven in Belgien passagierte den SARS-CoV-2-Wildtyp-Stamm in Gegenwart steigender Konzentrationen des Erstgenerationsinhibitors der 3CLpro-Protease, ALG-097161, in VeroE6-Zellen. In der Arbeit, die sie jetzt auf dem Preprint-Server Biorxiv publizierten, ließ sich bereits im Laufe von acht Passagen die Inhibitorkonzentration von 0,4 μM auf 5 μM steigern. Nach weiteren vier Passagen in Gegenwart von 5 μM ALG-097161 sequenzierten die Wissenschaftler die selektionierten Virusvarianten und fanden die drei Mutationen L50F, E166A und L167F.
Antivirale Tests mit den selektionierten Virusvarianten zeigten, dass diese nicht nur gegenüber ALG-097161 resistent waren. Vielmehr vermittelten die Mutationen auch eine Kreuzresistenz gegen Nirmatrelvir. Die EC50-Konzentrationen der Inhibitoren lagen in der Mutante um mehr als den Faktor 10 höher als für das Ausgangsvirus. Varianten, die nur die beiden Mutationen E166A und L167F tragen, zeigen nur eine mäßige Resistenz gegenüber den Inhibitoren. Dagegen erwiesen sich Varianten mit allen drei Mutationen als deutlich resistent.
Allerdings sind alle Substitutionen mit einem erheblichen Verlust an enzymatischer 3CLpro-Aktivität verbunden. Das dürfte mit einer verringerten viralen Fitness einhergehen, so dass man spekulieren kann, ob sich diese resistenten Mutanten im klinischen Umfeld durchsetzen können.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.