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Arzneimittel-Skandal

Der Fall Lunapharm kommt bald vor Gericht

Vor gut fünf Jahren deckte das ARD-Magazin »Kontraste« den sogenannten Lunapharm-Skandal um gefälschte Krebsmedikamente auf. In diesem Jahr soll der Fall nun vor Gericht kommen, wie heute das Landgericht Potsdam gegenüber der PZ bestätigte.
Cornelia Dölger
08.02.2023  17:00 Uhr

Teure Krebsmedikamente sollen über Jahre aus Griechenland nach Deutschland geschmuggelt und dort verbreitet worden sein, ohne dass die zuständigen Behörden einschritten, obwohl sie offenbar frühzeitig informiert waren. Mit dieser Recherche deckte das ARD-Magazin »Kontraste« im Juli 2018 den Skandal um den brandenburgischen Pharmahändler Lunapharm auf, der die Medikamente deutschlandweit in Umlauf brachte. 

Bereits am gestrigen Dienstag meldete ein Pressebericht, dass der Fall in diesem Jahr vor Gericht kommen soll. Heute bestätigte das Landgericht Potsdam auf PZ-Anfrage, dass die zuständige 4. Strafkammer beabsichtige, die Hauptverhandlung noch in diesem Jahr zu beginnen. Verantworten muss sich laut dem Bericht unter anderem Lunapharm-Chefin Susanne Krautz-Zeitel.

Gegen die Geschäftsführerin sowie einen Mitangeklagten, den deutschen Betreiber einer in Griechenland ansässigen Apotheke, hatte die Staatsanwaltschaft Potsdam im Oktober 2019 Anklage wegen gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Handels mit gefälschten Arzneimitteln erhoben. Überdies als Mittäter angeklagt ist laut dem Pressebericht ein hessischer Anwalt.

Arzneimittel im Wert von 1,1 Millionen Euro 

Die Firma Lunapharm mit Sitz im brandenburgischen Blankenfelde-Mahlow soll dem Vorwurf zufolge große Mengen teurer Krebsmedikamente aus besagter Apotheke in Griechenland bezogen haben. Diese verfügte demnach aber nicht über die dafür nötige Großhandelserlaubnis, was im Frühjahr 2017 bekannt wurde. Daraufhin soll Krautz-Zeitel der zuständigen Aufsichtsbehörde in Brandenburg mitgeteilt haben, dass sie keine weiteren Medikamente aus der Apotheke beziehen werde. Tatsächlich sei der Handel aber weitergegangen, was dazu geführt habe, dass zwischen Mai 2017 und Juni 2018 Arzneimittel im Wert von 1,1 Millionen Euro über diesen Kanal an Lunapharm geliefert worden seien.

Um die Herkunft zu verschleiern, sollen die Angeklagten Rechnungen und Lieferscheine auf eine Großhandelsfirma in Zypern ausgestellt haben. Falsche Angaben über den Vertriebsweg von Arzneimitteln stelle das Arzneimittelgesetz unter Strafe, so die Staatsanwaltschaft. Als mögliches Strafmaß nannte die Staatsanwaltschaft Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Nachdem »Kontraste« im Juli 2018 über den Skandal berichtet hatte, kamen zudem behördliche Versäumnisse ans Licht. Trotz frühzeitiger Hinweise hätten die zuständigen Kontrollinstanzen nicht reagiert, hieß es. In der Folge trat die damalige Gesundheitsministerin Brandenburgs, Diana Golze (Linke), zurück. Experten forderten, dass das Personal in den für die Arzneimittelaufsicht zuständigen Landesbehörden aufgestockt werden sollte. Als unmittelbare Konsequenz aus dem Skandal beschloss der Bundestag im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) mehrere Maßnahmen. Unter anderem wurden den Bundesbehörden in der Überwachung mehr Möglichkeiten gegeben.

 

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