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Expopharm-Eröffnung

DAV-Chef Dittrich geht mit Kassen ins Gericht

Die Eröffnung der Expopharm nutzt die Apothekerschaft traditionell, um auf sie betreffende wirtschaftliche Fehlentwicklungen hinzuweisen und an die Politik zu appellieren. DAV-Chef Thomas Dittrich ging diesmal aber vor allem mit den Krankenkassen und deren aus Apothekersicht mangelnden Verhandlungswillen hart ins Gericht. Wenn stets die Schiedsstelle entscheiden müsse, führe sich die Selbstverwaltung ad absurdum.
Ev Tebroke
14.09.2022  11:00 Uhr
DAV-Chef Dittrich geht mit Kassen ins Gericht

Drei Jahre ist es her, dass die Pharmabranche sich auf der als europäische Leitmesse für den Apothekenmarkt geltenden Schau treffen konnte. Die Pandemie hatte bekanntlich persönliche Begegnungen unmöglich gemacht. Nun ist es wieder soweit: Die Branche versammelt sich vom 14. bis 17. September auf dem Messegelände in München. Die Expopharm wurde heute offiziell vom Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbands (DAV) Thomas Dittrich eröffnet. Im Zuge der Rückschau nutzte Dittrich die Gelegenheit, die Leistungen der Apotheken in den zurückliegenden drei Jahren hervorzuheben und zu loben.

In der Pandemie habe sich wieder einmal gezeigt, wie stark und anpassungsfähig das deutsche Gesundheitswesen sei, so Dittrich. Der Praxistest unter Extrembedingungen hätten bewiesen: Das System funktioniere, es habe sich bewährt. »Und was sich bewährt hat, das muss stabilisiert und erhalten werden, denn es wird auch zukünftig unverzichtbar und alternativlos sein.«

Herausforderungen im Gesundheitswesen

Die Apothekerinnen und Apotheker hätten mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen wesentlichen Anteil an der Funktionsfähigkeit dieses Systems. »Ob Corona, Digitalisierung, Lieferengpässe, Impfen und pharmazeutische Dienstleistungen: Es hat sich sehr viel getan in der letzten Zeit«, unterstrich der DAV-Chef. Alle diese Aufgaben und damit verbundenen Herausforderungen hätten die Apothekerinnen und Apotheker verantwortungsvoll und zuverlässig erfüllt.

Dittrich betonte dabei: Die benannten Herausforderungen im Gesundheitswesen hätten eine andere Dimension als in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Lieferengpässe bei Medikamenten hätten eine ganz andere Bedeutung als bei Fernsehern oder auch bei Chips für NFC-fähige Krankenversichertenkarten, denn sie gefährdeten unter Umständen die Gesundheit und das Leben. So hätten Personalnotstände in der Pflege und in den Apotheken eine andere Relevanz als in anderen Bereichen. Und so berge die Digitalisierung und Speicherung von sensiblen Gesundheitsdaten größeren Nutzen, aber eben auch größere Risiken als die digitale Dokumentation des alltäglichen Abendessens auf Instagram, erläuterte Dittrich.

Was das Dauerproblem Lieferengpässe betrifft, so koste deren Handling jede Apotheke pro Jahr rund 15.000 Euro. Umgerechnet auf alle Apotheken in Deutschland beziffert Dittrich die Kosten mit fast 260 Millionen Euro jährlich. »Kosten für einen Verwaltungsaufwand, welcher in der Berechnung des Fixums nicht eingepreist ist. Geld, das anderweitig den Apotheken nicht zur Verfügung steht, aber dringend benötigt würde.« Um das Thema Lieferengpässe in den Griff zu bekommen, appelliert der DAV-Chef an die Politik.

Grundsätzlich sei für eine Bewältigung der Herausforderungen im Gesundheitsweisen die Zusammenarbeit mit Politik und anderen Partnern in der Gesundheitswirtschaft unerlässlich. Die Apotheker seien »dankbar für die gute Kooperation und stets interessiert an einer gemeinsamen Lösungsfindung«, so Dittrich. »Denn wir wissen, dass in unserem erprobten System der Selbstverwaltung die besten Resultate im Austausch und in der Zusammenarbeit entstehen.« Aber genau diesen Willen zur Lösungsfindung und konstruktiven Zusammenarbeit spricht der DAV-Chef der Kassenseite ab. Dittrich kritisiert den Verhandlungspartner in der Selbstverwaltung, den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Eine gute Partnerschaft bestehe nur, wenn alle Seiten das wirklich wollen. Die Kassenseite wolle dies anscheinend nicht.

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