DAV-Chef Dittrich geht mit Kassen ins Gericht |
Ev Tebroke |
14.09.2022 11:00 Uhr |
Als Beispiele nannte Dittrich die zahlreichen erfolglosen Verhandlungen, bei der beide Seiten nicht auf einen grünen Nenner kamen: Mitwirkungspflicht der Apotheken bei Arzneimittelrückrufen: Schiedsstelle. Pharmazeutische Dienstleistungen: Schiedsstelle und Klage vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg. Auch die Verhandlungen zu neuen aufwandsgerechten Preise und eine akzeptable Verwurfsregelung für die Abrechnung von Cannabis, das über das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bezogen wird, musste die Schiedsstelle entscheiden. Diesmal klagte der DAV dagegen. Und zuletzt landete dann das Thema Abschlagsfestsetzungen in der Anlage 3 der Hilfstaxe (….) bei der Schiedsstelle. Dittrich ist sauer: Wenn sich hier nichts ändere, könne man das Verhandeln und somit die Selbstverwaltung gleich abschaffen. Er wirft den Kassen vor, stets die bestmöglichsten Leistungen zum niedrigsten Preis haben zu wollen. Paradebeispiel seien die pharmazeutischen Dienstleistungen. Politisch eindeutig gewollte und gesetzlich verankerte Leistungen, mit einem klar abgesteckten Finanzrahmen, die einen gesundheitlichen Mehrwert für die Patientinnen und Patienten bringen, würden hier nicht nur von den Kassen infrage gestellt, sondern mit allen Mitteln torpediert. Grund: Reine Kostenfixierung.
Eine weitere Kritik in Richtung Kassenseite gab es mit Blick auf den Hang vieler Kassen zur Nullretax. Das Vorgehen, bei kleinsten Fehlern auf den Rezepten den Apotheken die Kostenerstattung komplett zu verweigern, sei unverhältnismäßig und inakzeptabel.
Ebenfalls eine solche Art »Rasenmähermethode« wirft Dittrich dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) angesichts der geplanten Sparmaßnahmen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen vor. Die im GKV-Spargesetz geplante auf zwei Jahre befristete Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 Euro auf 2 Euro würde die Apotheken bei gleichbleibender Packungszahl 120 Millionen Euro netto kosten pro Jahr, rechnete der DAV-Chef vor. Im gleichen Atemzug spreche der Bundesgesundheitsminister von 1000 Gesundheitskiosken – bezahlt von der GKV mit einer halben Milliarde Euro jährlich. »Wo ist hier die Wirtschaftlichkeit angesichts Milliardendefizit und wer bitte soll dort arbeiten bei dem akuten Mangel an zu Beispiel Pflegepersonal«, wundert sich Dittrich.
Für den DAV-Chef ist klar: Genau das Gegenteil ist notwendig: Statt Sparmaßnahmen und Kostendruck brauche es für die Apotheken wirtschaftliche Stabilität. Und dazu sei endlich auch eine Anpassung der Apothekenhonorierung nötig. Die Regierung hatte im Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) das verankert, was dem Gesetz den Namen gab: Die Stärkung der stationären Offizinen. An diesem festgeschriebenen Ziel macht die Apothekerschaft ihre Forderungen nach einer angemessenen Vergütung nun fest.
»Dass unsere Vergütung nach Arzneimittelpreisverordnung trotz erweiterter Leistungen – Stichwort Verwaltung von Lieferengpässen – und trotz erheblich gestiegener Kosten seit zehn Jahren unverändert ist und jetzt bei einer Inflationsrate von fast zehn Prozent auch noch über den Kassenabschlag gekürzt werden soll… Was bitte soll uns das denn signalisieren?« Eine Anwort könnte der Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) geben, der sich am heutigen Mittwochnachmittag auf dem Deutschen Apothekertag online zugeschaltet den Fragen der Apothekerschaft stellen wird.