Das sind zwei frauenspezifische Risikofaktoren |
Sven Siebenand |
14.07.2023 09:30 Uhr |
Zum Beispiel Schwangerschaftskomplikationen in der Vergangenheit erhöhen das Risiko für Hypertonie im Alter. Eine neue Leitlinie hebt hervor, dass eine regelmäßige Messung bei allen Risikopersonen, egal welchen Alters, erfolgen sollte. / Foto: Adobe Stock/Dan Race
Sehr viele Menschen haben einen Bluthochdruck. Bei Menschen unter 50 Jahren sind mehr Männer als Frauen von Hypertonie betroffen. Ab einem Alter über 65 Jahren sind es dagegen mehr weibliche Betroffene. Das weibliche Geschlecht scheint also im Alter das Risiko für Bluthochdruck zu erhöhen.
Viele Studien haben untersucht, warum das so ist, und haben mehrere frauenspezifische Risikofaktoren zusammengetragen, die in der neuen Leitlinie der European Society of Hypertension erstmals benannt werden, so Professor Dr. Markus van der Giet, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. Es sei wichtig, Frauen für diese Risikofaktoren zu sensibilisieren.
Ein Risikofaktor sind demnach Schwangerschafts-Komplikationen. Frauen, die während der Schwangerschaft zu hohe Blutdruckwerte hatten oder gar unter bluthochdruckbedingten Komplikationen wie Präeklampsie gelitten haben, aber auch Frauen mit einem Gestationsdiabetes oder nach mehrfachen Fehl- oder Frühgeburten sind besonders gefährdet, insbesondere im höheren Alter eine Hypertonie zu entwickeln. »Die neue Leitlinie hebt hervor, dass eine regelmäßige Messung bei allen Risikopersonen, egal welchen Alters, erfolgen sollte«, informiert van der Giet.
Ein zweiter frauenspezifischer Bluthochdruck-Risikofaktor ist ein frühes Einsetzen der Menopause. »Normalerweise kommen Frauen zwischen dem 45. und 60. Lebensjahr in die Wechseljahre, der Durchschnitt liegt bei 51 Jahren. Frauen, die bereits vorher keine Regelblutung mehr bekommen, ohne dass dieses durch einen Eingriff erklärbar ist, zum Beispiel im Rahmen einer Krebsoperation oder einer hormonell herbeigeführten Menopause, sollten bewusst auf ihre Blutdruckwerte achten, sobald die frühe Menopause eingesetzt hat«, so der Mediziner weiter.
Auch zur Hormonersatztherapie in der Menopause äußert sich die Deutsche Hochdruckliga. Laut der Leitlinie erhöhe sie nicht per se das Hypertonie-Risiko, der Blutdruck solle aber unter Therapie regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf behandelt werden. Für den seltenen Fall, dass die Antihypertonika keinen ausreichenden Effekt erzielen, soll die Hormontherapie abgebrochen werden.
Zur Hormontherapie von Menschen mit Transidentität, bei der die Hormone sehr viel höher dosiert sind, ist die Datenlage nicht eindeutig, heißt es bei der Deutschen Hochdruckliga. Es könne nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die Therapie das Risiko für Bluthochdruck erhöht. Die neue Leitlinie empfiehlt daher auch hier, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren und bei Bedarf behandeln zu lassen. »Es ist wichtig, dass die Patientinnen und Patienten bei Verschreiben der geschlechtsangleichenden Hormontherapie auch darauf hingewiesen werden«, so van der Giet.
Neben der neuen Bluthochdruck-Leitlinie der European Society for Hypertension gibt es auch seit Neuestem und erstmals eine Nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Hypertonie für Deutschland. Eine der wichtigsten Aussagen der NVL ist, dass ein auffälliger Blutdruck, gemessen in der Arztpraxis, durch wiederholte Messung abgesichert werden muss, um die Diagnose Hypertonie zu stellen. Bevorzugt empfohlen wird eine 24h-Blutdruckmessung.