Häufige Fragen zum Informationsbogen Blutdruck |
Daniela Hüttemann |
05.08.2022 12:00 Uhr |
Viele Apothekenmitarbeiter haben noch Fragen zu den Empfehlungen im »Informationsbogen Blutdruck«. / Foto: Getty Images/alvarez
Die pharmazeutische Dienstleistung »standardisierte Risikoerfassung Bluthochdruck« erfolgt anhand des »Informationsbogens Blutdruck (bei bestehendem Bluthochdruck)«. Dieses Arbeitsmaterial hatten der Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und die AG Hypertonie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) bereits vor einigen Jahren entwickelt. Im Rahmen der neuen, honorierten Dienstleistung kommt er erfreulicherweise nun offenbar deutlich öfter zum Einsatz.
Viele Apothekenmitarbeiter haben aber wohl noch Fragen im Umgang mit dem Informationsbogen. Diese hat der Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA nun gesammelt und die Antworten diese Woche unter www.abda.de/pharmazeutische-dienstleistungen/standardisierte-risikoerfassung-hoher-blutdruck zur Verfügung gestellt hat. Dabei geht es weniger um das Wie, sondern das Wieso, Weshalb, Warum der einzelnen Schritte und die Interpretation der gemessenen Blutdruckwerte. Die Fragen und Antworten im Einzelnen:
Weshalb werden Vorerkrankungen erfragt?
Die Fragen im oberen Abschnitt des Informationsbogens richten sich direkt an den Patienten. Dieser kann sie während der fünfminütigen Ruhepause mit oder ohne Unterstützung eines Apothekenmitarbeiters ausfüllen. Die Antworten helfen bei der weiteren Risikoeinschätzung.
Wie wird der Blutdruck gemessen?
Hier verweist die ABDA auf die Standardarbeitsanweisung (SOP) »Blutdruckmessung in der Apotheke« der Bundesapothekerkammer (BAK). Die PZ hat das genaue Vorgehen im Rahmen als pharmazeutische Dienstleistung hier zusammengefasst.
Warum wird auch der Puls notiert?
Ein (dauerhaft) erhöhter Ruhepuls (Tachykardie) sollte ärztlich abgeklärt werden. Normalerweise liegt die Herzfrequenz in Ruhe bei Erwachsenen bei 60 bis 80 Schlägen pro Minuten.
Warum sollen drei Messungen hintereinander erfolgen?
Dies sei notwendig, um sowohl Verfälschungen (zum Beispiel durch Stress, Aufregung oder Schmerzen) als auch natürliche Schwankungen in den Messwerten zu minimieren. Zwischen den Messungen sollten jeweils ein bis zwei Minuten Pause liegen.
Warum soll ein Abstand von ein bis zwei Minuten zwischen den einzelnen Messungen eingehalten werden?
Die zweite und dritte Wiederholungsmessung soll jeweils nach ein bis zwei Minuten durchgeführt werden. Die Pausen von ein bis zwei Minuten dazwischen seien ausreichend, um die Blutzirkulation im Arm wieder zu stabilisieren; bei kürzeren Pausen sei dies nicht regelhaft der Fall. Die Bundesapothekerkammer orientiert sich dabei an den Empfehlungen der European Society of Cardiology (ESC) und der European Society of Hypertension (ESH). In der Pocket-Leitlinie »Management der arteriellen Hypertonie« heißt es darüber hinaus: »Drei Blutdruckmessungen sollten in ein bis zwei Minuten Abstand aufgezeichnet werden, und zusätzliche Messungen nur, falls die ersten beiden Messungen um > 10 mmHg differieren. Der Blutdruck wird als Durchschnitt der letzten beiden BP-Messungen aufgezeichnet.«
Was ist wichtig, um die richtige Empfehlung im Ampelschema zu wählen?
Wie oben beschrieben wird zunächst der Mittelwert aus zweiter und dritter Messung gebildet (erster Wert wird verworfen). Der so ermittelte Durchschnittswert und das Alter des Patienten sind ausschlaggebend für die zu empfehlende Maßnahme. Führen der systolische und diastolische Mittelwert jeweils zu unterschiedlichen Maßnahmen, so ist die höhere Risikokategorie (rot > gelb > grün) zu wählen.
Warum sollte der Mittelwert nur aus der zweiten und dritten Messung berechnet werden?
Der Wert aus der ersten Blutdruckmessung soll verworfen werden, um vor allem den so genannten Weißkittel-Effekt möglichst gering zu halten. Dabei löst die Anwesenheit der Gesundheitsfachkraft beziehungsweise die Atmosphäre in Praxis, Klinik oder Apotheke Nervosität aus.
Weshalb sollten zum Mittelwert auch die Werte aus den drei Einzelmessungen auf dem Informationsbogen notiert werden?
Hier geht es um eine vollständige Dokumentation und eine bessere Nachvollziehbarkeit des berechneten Mittelwerts, auch für Dritte. Daher wird empfohlen, alle gemessenen Werte zu notieren.
Wieso werden Blutdruckwerte < 120/70 mmHg der gelben und nicht der grünen Maßnahme zugeordnet?
Auch hier orientiert sich die BAK an den Empfehlungen der europäischen Fachgesellschaften. Diese sind im Detail:
»Bei Patientinnen und Patienten bis einschließlich 64 Jahren wird empfohlen, den systolischen Blutdruck in den meisten Fällen auf 120 bis 129 mmHg zu senken. Bei älteren Patientinnen und Patienten (ab 65 Jahren) wird empfohlen, einen systolischen Blutdruck zwischen 130 bis 139 mmHg anzustreben. Aus diesem Grund wird für diese Patientinnen und Patienten ein höherer Zielblutdruckbereich für den systolischen Blutdruck auf dem Informationsbogen angegeben als bei Jüngeren.
Unabhängig vom Alter und Begleiterkrankungen sollte bei allen Bluthochdruckpatientinnen und -patienten der diastolische Blutdruck zwischen 70 und 80 mmHg liegen. Aus diesem Grund werden Blutdruckwerte zwischen 120 bis 130 mmHg beziehungsweise140 mmHg (systolisch) und 70 bis 80 mmHg (diastolisch) der grünen Maßnahme zugeordnet.
Zu niedrige Blutdruckwerte (< 120 mmHg systolisch oder < 70 mmHg diastolisch) können unter anderem zu Kopfschmerzen, Schwindel oder Müdigkeit führen, die auch mit einer erhöhten Sturzgefahr, insbesondere im Alter, einhergehen. Daher wird empfohlen, bei gemessenen Blutdruckwerten unter 120 mmHg (systolisch) oder unter 70 mmHg (diastolisch), den behandelnden Arzt/die behandelnde Ärztin über die niedrigen Blutdruckwerte zu informieren; dies kann bei der nächsten Vorstellung in der Praxis erfolgen.«
Was ist bei sehr hohen Messergebnissen zu tun?
Blutdruckwerte höher als 180/110 mmHg stellen einen medizinischen Notfall dar und sollten nicht nach dem Ampelschema eingestuft werden. Der oder die Betroffene sollte umgehend ärztlich untersucht werden; gegebenenfalls sollte die Apotheke ein Rettungswagen rufen.
Wie ist mit dem Hinweis auf Arrhythmien umzugehen?
Viele Blutdruckmessgeräte geben auch Hinweise auf eventuelle Arrhythmien, also Herz-Rhythmus-Störungen wie Vorhofflimmern, bei der Messung. Ist dies der Fall, sollte das ebenfalls dokumentiert werden. Wusste der Patient bislang nichts von einer möglichen Arrhythmie, sollte dies unabhängig vom gemessenen Blutdruck zeitnah ärztlich abgeklärt werden.