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Mortalität und Beatmungsdauer

Covid-19 ist gefährlicher als Grippe

Immer wieder entstehen Diskussionen, die sich um die Vergleichbarkeit von Covid-19 und einer schwer verlaufenden Influenza-Erkrankung drehen. Da wäre es wichtig, auf harte Zahlen zurückgreifen zu können. Derartige epidemiologische Kennzahlen zur Beurteilung der Schwere der beiden Krankheiten hat das RKI jetzt veröffentlicht.
Theo Dingermann
01.09.2020  09:20 Uhr

Eine Basis für die epidemiologische Bewertung von Infektionskrankheiten sind Sentinelerhebungen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin hat nun erste Daten aus dem deutschen Krankenhaussentinel ICOSARI (ICD-10-Code-basiertes Krankenhaussentinel für schwere akute respiratorische Erkrankungen) ausgewertet . Im Rahmen dieses ICOSARI-Sentinels werden Patienten mit einer schweren akuten respiratorischen Erkrankung (SARI) erfasst.

Das RKI verglich für die Analyse die Daten hospitalisierter Covid-19-Patienten (SARI-Covid-Fälle) mit SARI-Patienten aus fünf vergangenen Grippewellen (SARI-GW-Fälle) hinsichtlich Krankheitsschwere, Altersstruktur und Dauer der stationären Behandlung. Veröffentlicht sind die Ergebnisse im »Epidemiologischen Bulletin« (Nr 41/2020).

Es zeigte sich, dass der Anteil beatmungspflichtiger Patienten bei SARI-Covid-Patienten deutlich höher ist als der entsprechende Anteil bei SARI-GW-Patienten (22 Prozent versus 14 Prozent) ebenso wie der Anteil der Verstorbenen (21 Prozent versus 12 Prozent). Die Altersstruktur der Patienten unterschied sich dagegen kaum. Beispielsweise lag das mediane Alter der Verstorbenen sowohl bei den SARI-Covid-Patienten als auch bei SARI-GW-Patienten bei 81 Jahren.

SARI-Covid-Patienten, die während ihrer Hospitalisierung intensivmedizinisch behandelt oder beatmet wurden beziehungsweise verstarben, waren im Median zwei bis drei Tage länger hospitalisiert als SARI-GW-Patienten. Beatmungspflichtige SARI-Covid-Patienten wurden mehr als doppelt so lange beatmet wie SARI-GW-Patienten – im Durchschnitt zehn statt vier Tage.

Diese Analyse belegt somit, dass hospitalisierte Covid-19-Patienten mit einer SARI im Schnitt besonders häufig und besonders lange beatmet werden müssen .

Die Ergebnisse sind daher auch ein Warnsignal, nicht bei den Bemühungen zur bestmöglichen Versorgung schwer kranker Covid-19-Patienten nachzulassen und auf einen eventuell bevorstehenden Anstieg der Covid-19-Fälle im Herbst 2020 und die hinzukommende Grippewelle im Winter bestmöglich vorbereitet zu sein. Dazu gehören die Notwendigkeit, mehr intensivmedizinische Ressourcen und insbesondere Beatmungsplätze als während vergangener Grippewellen vorzuhalten.

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