Covid-19-Impfung für alle Kinder ab zwölf Jahren |
Der Freistaat Sachsen ist das einzige Bundesland mit einer eigenen Impfkommission. Diese empfiehlt nun anders als die STIKO die Covid-19-Impfung für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren. / Foto: Adobe Stock/Onur
Mit dem Update hat die SIKO ihre Impfempfehlung für Kinder ausgeweitet. Bisher hatte sie die Schutzimpfung im Alter von 12 bis 15 Jahren bei Vorliegen von Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf empfohlen sowie für alle Kinder und Jugendlichen nach einer ausführlichen Aufklärung.
In die neue Bewertung seien Daten aus den USA und Israel eingeflossen, schreibt die Impfkommission. Die Nutzen-Risiko-Abwägung falle demnach zugunsten der Impfung für alle Kinder ab zwölf aus. Die Mediziner haben dabei vor allem den Zusammenhang zwischen einer Impfung und Herzmuskelentzündungen bei Jugendlichen und jungen Männern angeschaut. Die Sächsische Impfkommission bezieht ihre Empfehlung auf die Impfstoffe von Biontech und Moderna. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat bei beiden Impfstoffen grünes Licht für einen Einsatz ab zwölf Jahren gegeben.
Die SIKO-Empfehlung weicht nunmehr von der Haltung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut ab. Diese empfiehlt bislang eine Impfung nur für 12- bis 17-Jährige, die aufgrund von Vorerkrankungen wie Diabetes oder Adipositas ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 haben. Sachsen hat als einziges Bundesland eine eigene Impfkommission.
Die STIKO bleibt jedoch derzeit trotz politischen Drucks bei ihrer abwartenden Haltung zur Impfung von Kindern und Jugendlichen. Der STIKO-Vorsitzende Professor Dr. Thomas Mertens sagte am Montag dem Sender NDR Info, es gebe noch zu wenige Daten über mögliche gesundheitliche Folgeschäden für 12- bis 17-Jährige. «Wir sagen, wir können nicht eine generelle Empfehlung aussprechen, solange wir diesbezüglich nicht die notwendige Datensicherheit haben.» Politischer Druck für eine schnelle Entscheidung habe keinen Einfluss auf die STIKO, machte Mertens deutlich. «Es kann durchaus sein, dass wir unsere Empfehlung ändern werden, aber sicher nicht, weil Politiker sich geäußert haben.»
Die Gesundheitsminister der Länder wollen an diesem Montag über Corona-Impfangebote für Jugendliche beraten. Nach einem Vorschlag des Bundesgesundheitsministeriums sollen 12- bis 17-Jährige in allen Bundesländern ein solches Angebot bekommen. Das geht aus einem Beschlussentwurf hervor. Für junge Erwachsene sollen die Länder «niedrigschwellige Angebote» in Universitäten, Berufsschulen und Schulen machen, so der Beschlussentwurf für Montag. «Dies kann maßgeblich zu einem sichereren Start in den Lehr- und Lernbetrieb nach den Sommerferien beitragen.»
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte im Mai den Covid-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen, vor wenigen Tagen folgte auch die Freigabe für Moderna. «Es werden nunmehr alle Länder Impfungen für 12- bis 17-Jährige in den Impfzentren anbieten», schreibt das Ministerium in dem an die Länder versendeten Beschlussvorschlag. Auch niedergelassene Ärzte und Betriebsärzte, die Angehörige impften, könnten eingebunden werden. In einigen Ländern sind bereits Impfaktionen etwa an Schulen geplant. In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern beginnt der Unterricht nach den Sommerferien an diesem Montag wieder, in Hamburg am Donnerstag.
Ein weiteres Thema der Gesundheitsminister sollen Auffrischimpfungen sein. Für bestimmte Gruppen schlägt das Bundesgesundheitsministerium entsprechende Impfungen ab September vor. Insbesondere bei immungeschwächten, sehr alten und pflegebedürftigen Menschen wiesen Studienergebnisse auf einen verminderten oder schnell nachlassenden Schutz nach einer Impfung hin. Die Länder sollen deshalb laut Entwurf mobile Impfteams unter anderem in Pflegeeinrichtungen schicken. Menschen mit einer Immunschwäche oder in häuslicher Pflege sollen demnach von ihren Ärzten eine Auffrischimpfung angeboten bekommen. Diese Impfungen sollen mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe erfolgen, also mit den Mitteln von Biontech/Pfizer und Moderna.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sprach sich für eine Auffrischimpfung aus. Es brauche aber «klare und unbürokratische Vorgaben» dazu, welche Gruppe als erstes dran sei. Dazu brauche es belastbare Aussagen des Bundes und der Ständigen Impfkommission, sagte er der dpa. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen forderte unterdessen verstärkte Aufklärungskampagnen für die Impfungen und «alltagstaugliche Lösungen». «Offensichtlich fehlt es an überzeugenden, zielgruppenspezifischen Aufklärungskampagnen, an mehr Mobilität des Impfstoffs, also Impfbussen, und an einer Corona-Warn-App, die die Menschen auf Spontan-Impfangebote in der Umgebung hinweist», sagte er der «Rheinischen Post» (Montag). «Es braucht Gestaltungswillen und bessere Informationsangebote, gute Argumente und alltagstaugliche Lösungen».
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich schloss Nachteile für Ungeimpfte nicht aus. «Private Anbieter können natürlich Geimpften oder Genesenen Vorteile gewähren. Staatliche Stellen müssen aber allen gleichermaßen ihre Leistungen anbieten, wobei durch Hygienekonzepte oder künftig durch Eigenleistungen für Tests durchaus auch Nachteile für Ungeimpfte entstehen können», sagte er der «Rheinischen Post» (Montag).
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.