Corona-Studien mit Hydroxychloroquin gehen weiter |
Weiter im Protokoll heißt es für den Hydroxychloroquin-Arm der SOLIDARITY-Studie. / Foto: Adobe Stock/sudok1
Experten hätten sämtliche Daten erneut überprüft und seien zu dem Schluss gekommen, dass nichts gegen eine Fortsetzung der Tests spreche, sagte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, am Mittwoch in Genf. Hydroxychloroquin war Bestandteil einer von der WHO koordinierten Forschungsreihe mit mehr als 3500 Patienten in 35 Ländern, der SOLIDARITY-Studie. Dabei wird untersucht, ob verschiedene schon vorhandene Medikamente etwa gegen Malaria, HIV, Ebola und Multiple Sklerose einen Effekt gegen Covid-19 haben.
Nach einem Bericht in der Fachzeitschrift «The Lancet», dass Hydroxychloroquin womöglich die Todesrate erhöhen könnte, war der entsprechende Studienarm Ende Mai vorübergehend ausgesetzt worden. Das sei eine Vorsichtsmaßnahme gewesen, die nach Urteil der Experten nicht mehr nötig sei, sagte Tedros. Soumya Swaminathan, Chefwissenschaftlerin der WHO, betonte aber: «Es gibt bislang keine Beweise, dass irgendein Medikament die Mortalität reduziert.» Unter anderem hatte ein Artikel im Fachjournal «Nature» sich Ende Mai kritisch über die Studie in «The Lancet» geäußert und dazu, dass daraufhin viele Studien zu Hydroxychloroquin ausgesetzt worden waren.
In Deutschland hatte unter anderem das Tübinger Institut für Tropenmedizin am Freitag angekündigt, seine Studie mit dem verwandten Wirkstoff Chloroquin zur Behandlung von Covid-19-Patienten mit moderater Erkrankung auszusetzen. Wie Institutsdirektor Peter Kremsner mitteilte, soll sie bis zu zwei Wochen ausgesetzt werden, ebenfalls wegen der Berichte über Nebenwirkungen. In dieser Zeit solle ein unabhängiges Sicherheitsgremium die ersten Ergebnisse zur Patientensicherheit anschauen. Danach solle eine Entscheidung fallen, ob die Studie fortgesetzt werde.
Die Studie hatte Ende März begonnen. Kremsner geht davon aus, dass die Sorgen um Nebenwirkungen übertrieben sind. Das Medikament sei seit Jahrzehnten bekannt und gut verträglich. Voraussetzung sei allerdings, dass es bei vielen Vorerkrankungen nicht eingesetzt werden dürfe und nicht in Kombination mit vielen anderen Medikamenten. Eine weitere Schwierigkeit: Im Augenblick gebe es nur sehr wenige Corona-Patienten in Tübingen, mit denen er seine Studie hätte fortsetzen können, sagte der Wissenschaftler dem SWR.
Unterdessen wies die Europäische Arzneimittelbehörde EMA Ärzte erneut daraufhin, bei der Behandlung von Covid-19-Patienten mit Chloroquin und Hydroxychloroquin besondere Vorsicht walten zu lassen. Eine positive Wirkung sei noch nicht belegt, die Behandlung könne schwere Nebenwirkungen haben, etwa bei Patienten mit Herzerkrankungen. Frankreich hatte vergangene Woche die Behandlung mit Hydroxychloroquin außerhalb klinischer Studien ganz verboten. Einen entsprechenden Erlass veröffentlichte die Regierung am Mittwoch.
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