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Entwicklungsansätze

CAR-T-Zelltherapie der Zukunft

Die Krebsimmuntherapie mit CAR-T-Zellen ist enorm erfolgreich, aber zurzeit noch auf nur wenige spezielle Einsatzgebiete beschränkt. Verschiedene Ansätze könnten dazu führen, dass sich das ändert. Woran aktuell geforscht wird, wurde beim Kongress für Arzneimittelinformation des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) deutlich.
Annette Rößler
08.02.2021  15:30 Uhr

Im Rahmen des Online-Kongresses der ADKA gab Apotheker Jürgen Barth, Leiter der StiL-Studienzentrale am Universitätsklinikum Gießen, am Wochenende einen Überblick über den Forschungsstand bei den CAR-T-Zelltherapien. CAR steht bekanntlich für den chimären Antigenrezeptor, den die T-Zellen des Patienten nach der gentechnischen Veränderung im Labor ausprägen und der gegen ein Oberflächenantigen der Krebszellen gerichtet ist. Dadurch erlernen die Immunzellen, die Krebszellen zu erkennen. »Das geschieht mit einem extrazellulär gelegenen Antikörperfragment«, sagte Barth.

Für die anschließende Aktivierung der T-Zellen sei der intrazelluläre Teil des CAR zuständig. »CAR-T-Zellen der ersten Generation hatten nur eine Aktivierungsdomäne, nämlich CD3ζ«, informierte Barth. Das habe die Aktivierungs- und Expansionskapazitäten der Zellen eingeschränkt. Mittlerweile gebe es Tandemkonstrukte, die kostimulatorische Moleküle wie CD28 oder 4-1BB enthielten. »Dadurch wird die Aktivierung der T-Zellen nach der Bindung an Krebszellen verstärkt. Die resultierende Zytokinproduktion und die Proliferation fallen stärker aus«, so Barth.

Von den beiden zugelassenenen CAR-T-Zelltherapeutika Tisagenlecleucel (Kymriah®) und Axicabtagen-Ciloleucel (Yescarta®) nutzt Kymriah 4-1BB und Yescarta CD28. Je nachdem, welcher Signalweg zur Kostimulation verwendet werde, unterschieden sich die Profile der CAR-T-Zellen, etwa bezüglich Proliferationsrate, Differenzierung in Gedächtniszellen, Persistenz und Toxizität. »Derzeit lässt sich noch nicht sagen, ob ein Weg dem anderen überlegen ist«, sagte Barth.

Tandems und TRUCKs

Wie jede Manipulation des Immunsystems birgt auch der Einsatz von CAR-T-Zellen die große Gefahr, dass neben den Krebszellen auch gesunde Zellen attackiert werden. »Um das zu vermeiden, arbeitet man derzeit an sogenannten Tandem-CAR-T-Zellen«, sagte Barth. Diese könnten zwei verschiedene tumorspezifische Antigene erkennen und würden erst dann aktiviert, wenn beide gleichzeitig vorlägen. Ein anderer Ansatz seien sogenannte iCAR-T-Zellen, wobei das i für »inhibitorisch« steht. Auch diese tragen neben dem CAR noch einen weiteren Rezeptor, der allerdings nicht bei der Bindung an eine Krebszelle aktiviert wird, sondern bei der Bindung an eine gesunde Zelle. In diesem Fall wird ein inhibitorisches Signal ausgelöst, sodass die T-Zelle nicht aktiviert wird.

Ein Grund, warum sich das Prinzip der CAR-T-Zelltherapie derzeit noch nicht auf solide Tumoren übertragen lässt, ist das sogenannte Tumor Microenvironment (TME), also das Milieu, das im unmittelbar an den Tumor angrenzenden Gewebe herrscht. Dieses schafft der Tumor selbst, indem er etwa immunsuppressive Zytokine ausschüttet und immunsuppressive regulatorische T-Zellen (Treg) anlockt. CAR-T-Zellen können dadurch entweder nicht zum Tumor vordringen oder sie werden unschädlich gemacht, bevor sie die Tumorzellen attackieren können.

Dieses Problem soll durch sogenannte TRUCKs umgangen werden: T cells redirected for antigen-unrestricted cytokine-initiated killing, also T-Zellen, die zur Antigen-unabhängigen, Zytokin-verursachten Tötung umgelenkt werden. Sie sollen für sich selbst ein proinflammatorisches Milieu schaffen, das es ihnen ermöglicht, die Tumorzellen auszuschalten. Bindet ein TRUCK mit seinem CAR an ein Tumorantigen, wird nicht nur die gegen die Tumorzelle gerichtete Immunantwort ausgelöst, sondern zusätzlich die Synthese beziehungsweise Freisetzung eines oder mehrerer transgener Zytokine. Ein vielversprechender Ansatz – aber ebenso wie die Tandem-CARs »noch Zukunftsmusik«, wie Barth sagte.

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