Cannabis – eine Zwischenbilanz |
Caroline Wendt |
12.10.2018 16:54 Uhr |
Seit eineinhalb Jahren sind Cannabisblüten verordnungsfähig. Bei einer Podiumsdiskussion erörterten Experten den aktuellen Status quo.
Unter der Moderation von Professor Dr. Theo Dingermann der Universität Frankfurt erörterten Arzt und Apotheker das Thema Cannabis in Apotheken. Dr. Marc Seibolt, unter anderem Facharzt für Anästhesiologie und spezielle Schmerztherapie, berichtete aus seinem Praxisalltag. Seit März 2017 haben in seiner Praxis etwa 500 Patienten ein Rezept über Cannabis erhalten. Doch nur bei 5 Prozent der Verordnungen standen die Blüten auf dem Rezept. Den Großteil machten Fertig- und Rezepturarzneimittel aus. »Die schnell wirksamen Blüten für eine Inhalationstherapie erhalten bei uns nur Patienten, die einen unmittelbaren Wirkungseintritt benötigen wie Patienten mit plötzlich einschießenden starken Spastiken«, erklärte der Mediziner. Diese Patienten erhalten Cannabisblüten dann als Add-on-Therapie zu ihren anderen Medikamenten.
Auch in den Apotheken ist das Interesse der Kunden an Cannabis nach wie vor hoch, berichtete Dr. Christian Ude, Apotheker und Fachreferent aus Darmstadt. Doch merke er auch, dass sich einige Ärzte nach wie vor nicht an das Thema Cannabis herantrauen. »Mit Kiffen will ich nichts zu tun haben, heißt es da oft«, so Ude. Dann sei es an den Apothekern, die Patienten zu informieren – und manchmal auch die Ärzte.
Rein rechtlich hat jeder Patient, bei dem konventionelle Therapiemethoden nicht zum erwünschten Erfolg geführt haben oder bei dem eine Kontraindikation für andere Medikamente vorliegt, das Anrecht auf einen Therapieversuch mit Cannabis. Und dennoch sorgt sich Seibolt vor möglichen Regressen seitens der Krankenkassen. »Ich habe 2017 erstmal eine Zusatzversicherung abgeschlossen, um mich vor finanziellen Schäden zu schützen«, so der Mediziner.
Doch auch bei einigen Ärzten und Apotheken herrscht noch Unsicherheit: Was genau muss auf das Rezept? Dürfen verschiedenen Blüten-Sorten bei Lieferengpässen in der Apotheke ausgetauscht werden? Darauf hatten die Experten eine klare Antwort: Es darf nur die verordnete Sorte abgegeben werden. Daraus ergibt sich, dass der Arzt diese auch genau auf dem Rezept vermerken muss. Außerdem sollte der THC- und CBD-Gehalt und die Firma auf dem Rezept stehen.
Präparate, die lediglich CBD enthalten, unterliegen zwar nicht der BtM-Verordnung, sind allerdings seit zwei Jahren verschreibungspflichtig. »Verschiedene Cannabidiol-Öle und -Cremes verbreiten sich trotzdem wie Wildwuchs«, berichtete Ude. CBD sei aufgrund der fehlenden halluzinogenen Wirkung eine hochinteressante Substanz, weitere Forschungen seien notwendig.
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