Bühlers Auftritt im Petitionsausschuss |
Der Pharmaziestudent Benedikt Bühler stritt heute im Petitionsausschuss des Bundestags für das Rx-Versandverbot. (Archivbild) / Foto: Deutscher Bundestag
Soziale Wärme, Austausch, Vertrauen – all das biete die Apotheke vor Ort den Menschen, sagte Bühler vor den Abgeordneten im Petitionsausschuss des Bundestags. Ganz zu schweigen davon, dass sie die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln rund um die Uhr garantierten und Dienste erbringen, zu denen die Versender weder verpflichtet noch fähig seien. »Mit jeder geschlossenen Apotheke geht ein Stück Heimat verloren.« Aus seiner Sicht ist der einzige Weg, die Offizinen hierzulande zu retten, ein Rx-Versandverbot (RxVV). Stellvertretend für mehr als 400.000 Unterzeichner durfte er heute im Ausschuss vortragen, wie der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneien die flächendeckende Versorgung durch Apotheken in Deutschland gefährdet und warum ein Verbot zwingend nötig ist.
Der Petent verwies auf die hierzulande geltende Beratungspflicht, die dem Schutz der Gesundheit des Einzelnen dient. In deutschen Präsenzapotheken müsse der Kunde die Beratung aktiv ablehnen, wenn er keine wünscht, so Bühler. Im Versandhandel sehe die Realität anders aus, dort müsse er sie eher einfordern. Ein Laie sei aber kaum fähig zu entscheiden, ob er noch Information benötigt oder nicht. Die Offizinen kämen ihrer Pflicht sogar dann nach, wenn der Patient noch gar nicht wisse, dass er Beratungsbedarf hat. »Die Arzneimitteltherapie ist zu komplex, um sie dem Ermessen des Einzelnen zu überlassen.«
Zudem gilt in der Bundesrepublik das Mehr- und Fremdbesitzverbot. Ziel dieser Regelung ist es, kranke Menschen vor den Interessen rein gewinnorientierter Konzerne zu schützen. Großen Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland das Beliefern von Rezepten deutscher Versicherten zu gestatten, konterkariere dieses Anliegen jedoch. »So wird der Fremdbesitz nach Deutschland importiert«, mahnte Bühler.
Spahn, der in der Anhörung die Position der Bundesregierung vertrat, stellte infrage, ob der Rx-Versandhandel tatsächlich der Grund dafür sei, dass in den vergangenen Jahren so viele Apotheken schließen mussten. »Die wenigsten dürften wegen 1 Prozent Marktanteil geschlossen haben«, sagte der Minister. Er betonte sein Vorhaben, per Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) die Gleichpreisigkeit zumindest für Kassenpatienten wiederherzustellen. Ende Januar oder Anfang Februar werde er den zuständigen EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistung, den Franzosen Thierry Breton, treffen und dessen Meinung zum Gesetzentwurf einholen. Fraglich ist, ob die Kommission Spahns Plan billigen wird, das Boni-Verbot im Sozialrecht zu verankern und es so dem Zugriff des EU-Rechts zu entziehen.
Bühlers Rechtsanwalt Morton Douglas bezweifelt jedoch, dass mit dem VOASG das gemeinsame Ziel der Gleichpreisigkeit im Rx-Sektor erreicht werden kann. Denn an das Sozialrecht ist nur die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gebunden. Versicherten in der Privaten Krankenversicherung (PKV) und Selbstzahlern dürften die Versandapotheken aus dem Ausland weiterhin Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Mittel anbieten. Das Gesetz »opfert den PKV-Bereich«, unterstrich Douglas.
Spahn wiederum erinnerte daran, dass sowohl das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) als auch das Bundesministerium des Innern (BMI) zu Amtszeiten von Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verfassungs- und europarechtliche Bedenken bezüglich des RxVV geäußert hatten. Auf diese Einschätzungen vertraue er. Doch egal, welches Gesetz der Bundestag am Ende verabschieden wird: Spahn rechnet damit, dieses vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verteidigen zu müssen. Daher wähle er das mildere Mittel. »Ich muss das tun, was ich am besten verantworten kann.«
Das vor allem von den Grünen favorisierte Höchstpreismodell lehnt der Minister weiterhin vehement ab. »Das wäre noch viel extremer als das, was wir heute haben«, warnte er. Denn dann stünden die deutschen Apotheken nicht mehr nur in einem Preiswettbewerb mit Versendern aus dem EU-Ausland, sondern auch untereinander.
Gleich mehrere Abgeordnete fragten Spahn nach dem Gutachten zur Rx-Preisbindung, das er im November in Auftrag gegeben hatte. Erneut versicherte der CDU-Mann, dieses Gutachten solle als Beleg dafür dienen, dass ein Ablassen von der Preisbindung verheerende Folgen für das deutsche Gesundheitswesen hätte. Denn diese These hatte der EuGH in seinem Urteil vom Oktober 2016 als nicht ausreichend bewiesen eingestuft und letztlich das Boni-Verbot für EU-Versender gekippt. »Ich hätte mir gewünscht, dieses Gutachten wäre schon viel früher in Auftrag gegeben worden«, sagte Spahn. Mitte des Jahres sollen die Ergebnisse vorliegen. Dann wolle er es zeitnah auf der Webseite des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) veröffentlichen.