BMG erntet heftige Kritik für Sparpläne |
Gestern wurden die Fachverbände zu den umstrittenen Sparplänen des Bundesgesundheitsministeriums angehört. Derzeit werden die Stellungnahmen ausgewertet. / Foto: imago/Müller-Stauffenberg
Zahlreiche Stellungnahmen zum Referentenentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz liegen demnach beim BMG vor, wie ein Sprecher auf PZ-Anfrage sagte. Inhaltliche Angaben machte er nicht, erklärte aber, dass die Positionen der Fachverbände nun ausgewertet würden. Ob sich die teils heftige Kritik an den Sparplänen von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) dabei bemerkbar machen wird, ist unklar. Bis zuletzt hatten sämtliche beteiligten Lager – Kassen, Pharmaindustrie und Verbände – ihren Unmut über die Pläne geäußert. Auch die ABDA machte ihrem Ärger im Vorhinein schriftlich Luft.
Diese Stimmung soll sich nach PZ-Informationen auch bei der Fachanhörung im BMG gezeigt haben. Die Krankenkassen kritisierten insbesondere die geplanten Milliarden-Rückführungen aus ihren Reserven und Rücklagen. Besonders heftige Kritik gab es auch von den Pharma-Verbänden: Die Fortführung des Preismoratoriums und die neue vom BMG geplante »Solidarabgabe« stoßen auf Kritik bei den Herstellern – insbesondere mit Blick auf die aktuellen Kostensteigerungen. Spannungen soll es auch zwischen Kassen- und Herstellerverbänden gegeben haben. Denn: Die Kassen verlangen, dass die Sparpläne im Pharma-Bereich noch weiter gehen als derzeit vorgesehen. Im Gespräch soll beispielsweise die Forderung nach einer zeitweisen Aufhebung des gesetzlichen Inflationsausgleichs für Hersteller sein. Die geplante, zweijährige Anhebung des Kassenabschlags für Apotheken auf 2 Euro wurde demnach ebenfalls thematisiert. Die ABDA soll die BMG-Vertreterinnen und Vertretern nach PZ-Informationen deutlich auf die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Apotheken hingewiesen haben. Kommentare seitens des BMG zu einer möglichen Änderung dieser Pläne soll es aber keine gegeben haben.
Bereits im Vorhinein hatten sich Fachverbände, Kassen und Pharmaindustrie zu den Sparplänen geäußert, größtenteils mit scharfer Kritik an der aus der jeweiligen Sicht ungerechten Lastenverteilung. Um das Milliardenloch der GKV zu stopfen, hatten die Kassen zudem unter anderem bei den Apotheken reichlich Sparpotenzial ausgemacht.
Die Apotheken wiederum bezeichneten die Pläne in ihrer schriftlichen Stellungnahme als eine Schwächung des Arzneimittelversorgungssystems und »in keinster Weise nachvollziehbar«, wie es in einem ABDA-Statement heißt. Dass das Gesetz in erster Linie die Leistungserbringer heranziehe und insbesondere im Arzneimittelbereich sparen wolle, sei unverhältnismäßig. »Insbesondere die Apotheken sind in den letzten Jahren keinesfalls als Kostentreiber aufgefallen«, heißt es. Vielmehr sei ihr Anteil an den GKV-Gesamtausgaben in den letzten 20 Jahren von 3 Prozent auf 1,9 Prozent gesunken. »Trotzdem sollen sie aber nun durch Sparmaßnahmen massiv belastet werden. Umstände, die dies begründen könnten, gibt es nicht«, kritisiert die Bundesvereinigung.
Der geplante erhöhte Kassenabschlag um 23 Cent über zwei Jahre belaste die Apotheken jährlich mit etwa 120 Millionen Euro, das sind für eine durchschnittliche Apotheke demnach etwa 6500 Euro pro Jahr, was für jede einzelne Offizin de facto eine Schmälerung des Rohertrags und Vorsteuergewinns darstelle. Gleichzeitig, so betonte die ABDA, sei der Fixzuschlag von 8,35 Euro auf Rx-Packungen im Jahr 2013 letztmalig angehoben worden, um 25 Cent oder 3,1 Prozent, nachdem ganze neun Jahre zuvor das Fixentgelt auf 8,10 Euro festgelegt worden war. »Im Gegensatz zu anderen Versorgungsbereichen hat es in den letzten Jahren keine Anpassung der entsprechenden Vergütung in Anlehnung an die Entwicklung des Preisniveaus oder der Lohnsumme gegeben.«
Am heutigen Donnerstag legten die beiden Apothekerverbände und -kammern aus Nordrhein-Westfalen in einem gemeinsamen Statement nach. Die vier Standesvertretungen warnen vor heftigen Konsequenzen der Sparmaßnahmen: »Schon jetzt haben wir in NRW mit unter 4000 Apotheken die niedrigste Apothekenzahl seit den 80er Jahren erreicht. Die Versorgungsstruktur und Versorgungsleistung der Apotheken vor Ort wird jetzt vom geplanten GKV-Stabilisierungsgesetz des Bundesgesundheitsministers massiv gefährdet. Angesichts des kommenden dritten Corona-Winters ist das drohende 120 Millionen Sparopfer völlig fehl am Platz. Als Leistungsträger ziehen die Apotheken vor Ort den Karren. Sie brauchen daher Unterstützung und nicht weitere Belastungen«, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme.