Besser einschlafen durch »Sleepy Girl Mocktail«? |
Sechs bis zehn Prozent der Menschen in Deutschland leiden laut Dr. Hans-Günter Weeß, dem Leiter des interdisziplinären Schlafzentrums des Pfalzklinikums in Klingenmünster, an einer behandlungsbedürftigen Schlafstörung. / Foto: Getty Images/Maria Korneeva
»Das ist in dem Fall nicht so einfach zu beurteilen«, sagt die Ernährungswissenschaftlerin Luisa Hardt vom Uniklinikum in Erlangen. »Man weiß nicht, wie viel und welcher Saft und wie viel Magnesium jeweils konkret verwendet wurden.« Auf den ersten Blick könnten die Bestandteile jedoch durchaus sinnvoll sein, meint sie. Der Körper brauche Magnesium, um aus der Aminosäure Tryptophan das Hormon Melatonin zu bilden, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus zuständig sei. Der Sauerkirschsaft enthalte wiederum sekundäre Pflanzenstoffe, die den Tryptophan-Abbau im Körper hemmen könnten, sodass mehr dieses Ausgangsstoffs für die Melatoninbildung zur Verfügung stehe.
Der Ernährungsmediziner Professor Dr. Hans Hauner von der Technischen Universität München ist trotzdem skeptisch. »Die Datenlage dazu ist sehr dünn. Das sind meistens kleine Studien mit einer ausgewählten Gruppe von Testpersonen.« Vor allem zweifelt er daran, dass es sinnvoll ist, Magnesium zusätzlich einzunehmen. »Wir haben mit einer Durchschnittskost eigentlich keinen Magnesiummangel. Kein Mensch braucht das als Supplement, wenn er sich normal ernährt.«
Außerdem könne der Körper Magnesium besser in kleineren Mengen über den Tag verteilt aufnehmen als einmal in einer höheren Dosis, ergänzt Hardt. Nahrungsergänzungsmittel seien oft sehr hoch konzentriert und überschritten die vom Bundesinstitut für Risikobewertung empfohlene Tageshöchstmenge von 250 Milligramm. »Das kann zu Magen-Darm-Beschwerden, vor allem Durchfällen, führen – was die Nachtruhe erheblich stören kann.« Ähnlich könnte sich der Sauerkirschsaft bei Menschen auswirken, die empfindlich auf Säure reagieren, sagt Hauner.
Die sekundären Pflanzenstoffe, die den Schlaf fördern sollen, seien dagegen nur in Mikrogrammmengen enthalten. »Die Konzentration ist so gering, dass eine Wirkung nicht plausibel ist.« Zumal der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen von Sauerkirschsaft zu Sauerkirschsaft nach Angaben von Hardt sehr stark schwanken kann. Studien zu dessen schlaffördernder Wirkung verwendeten meist Saft der Montmorency-Sauerkirsche, einer speziellen Sorte, die besonders viele sekundäre Pflanzenstoffe und Melatonin enthalte, erläutert sie. Diese werde aber hauptsächlich in den USA und Kanada angebaut. Deshalb sei der Saft im Supermarkt hierzulande eher nicht erhältlich.