Berufstand vor tiefgreifenden Veränderungen |
Christina Hohmann-Jeddi |
24.05.2019 20:54 Uhr |
In den nächsten Wochen und Monaten müssen die Unwägbarkeiten bezüglich des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens minimiert werden, sagte der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbands Stefan Fink in Weimar. / Foto: LAKT/ThAV/Alois Mueller
Die Situation für die Apotheker, aber auch andere Frei- und Heilberufler sei momentan stark vom politischen Willen in Europa geprägt, einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen, sagte Fink. Das wirke sich auch auf die nationale Souveränität der Mitgliedsstaaten aus. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat in dem vorgelegten Referentenentwurf für ein Apotheken-Stärkungsgesetz die Verteidigungslinie bis zum bislang noch nicht angegriffenen Sozialgesetzbuch (SGB V) zurückgezogen. Spahn habe die Hoffnung, durch Überführung des Rx-Boni-Verbots ins SGB V dieses vor Zugriffen der Europäischen Union zu schützen, so Fink. »Was wir sehen ist ein Showdown zwischen deutschen souveränem Regelungswillen und dem europäischen Streben nach globaler Machtstärke«, sagte Fink.
Der Referentenentwurf stelle »in der aktuellen Fassung einen unwägbaren Wechsel auf die Zukunft« dar. Noch sei unklar, inwieweit die enthaltenen Änderungen den Berufsstand stärken oder schwächen werden. Ein wichtiger Bestandteil des Entwurfs sei die Gleichpreisigkeit. Fink erwartet von der deutschen Gesundheitspolitik, die Grundpfeiler der Versorgungsstrukturen selbstbewusst in Europa zu verteidigen. Selbstbewusst genug sei Jens Spahn ja, den Rx-Versandhandel zu verbieten und gleichzeitig die Apotheker in die Lage zu versetzen, sinnvolle pharmazeutische Dienstleistungen anzubieten, sagte Fink. Dazu fehle ihm aber der politische Wille.
Auf Landesebene sehe das Bild anders aus, sagte Fink. Die Landesregierung habe sich stets für die Stärkung der Apotheke vor Ort eingesetzt. Die Thüringische Gesundheitsministerin Heike Werner (Die Linke) hatte zuvor in ihren Grußworten auf dem Apothekertag beklagt, dass im Referentenentwurf kein Rx-Versandverbot enthalten sei, obwohl dieses im Koalitionsvertrag stünde. Man stünde derzeit an einem Scheideweg, der tiefgreifende Veränderungen für die Apotheker mit sich bringen werde. Es gebe keine Zweifel daran, dass die Gleichpreisigkeit wiederhergestellt werden müsse. Einen weiteren Rückgang der Apothekenzahlen in Thüringen will die Ministerin nicht hinnehmen. Für die Zukunftssicherung des Berufsstandes sei es aber auch wichtig, genügend Nachwuchs auszubilden, weshalb die Kapazitäten des Pharmazeutischen Instituts der Universität Jena ausgebaut werden müssten. Eine Zeitschiene gebe es zwar noch nicht, aber erste Pläne.
Fink betonte, dass gerade in Hinblick auf die anstehende Zunahme pharmazeutischer Dienstleistungen auch ein Mehr an Arbeitskräften benötigt werde. Beim Ausbau der Kapazitäten des Instituts müssten den Worten nun Taten folgen.
Ein wichtiger Aspekt für die Zukunft des Berufstands sei auch der Umgang mit der Digitalisierung. Ausdrücklich lobte Fink die ABDA, dass sie die Federführung übernommen hat, eine technische Umsetzung des E-Rezepts zu entwickeln. Bei der nun anstehenden Neutarierung der Versorgungswege müsse der Gesetzgeber aufpassen, die Vor-Ort-Apotheke gegenüber dem Versandhandel nicht strategisch und wirtschaftlich abzuhängen.