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Covid-19

Berechnungsmodelle für schwere Verläufe

Gleich zwei Arbeitsgruppen stellen aktuell Modelle vor, die eine Abschätzung des Risikos für schwere Verläufe und Todesfälle bei Covid-19-Patienten ermitteln. Welche Faktoren sind besonders aussagekräftig?
Christina Hohmann-Jeddi
15.05.2020  09:10 Uhr
Berechnungsmodelle für schwere Verläufe

Mithilfe von künstlicher Intelligenz haben Forscher um Li Yan von der Huazhong Universität für Wissenschaft und Technik in Wuhan drei Biomarker identifiziert, die die Mortalität bei Covid-19-Patienten relativ genau vorhersagen können. Dabei handelt es sich um Lactatdehydrogenase, Lymphozyten und die Konzentration des hochsensitiven C-reaktiven Proteins (hs-CRP). Das berichtet das Team im Fachjournal »Nature Machine Intelligence« (DOI: 10.1038/s42256-020-0180-7). Die drei Parameter erlaubten es, die Mortalität einzelner Covid-19-Patienten mit einer Genauigkeit von 90 Prozent vorherzusagen.

Um Risikopatienten rechtzeitig erkennen und entsprechend therapieren zu können, wären schnelle und genaue Methoden zur Abschätzung des klinischen Verlaufs hilfreich. Diese stehen derzeit noch nicht zur Verfügung. Um aussagekräftige Biomarker zu identifizieren, analysierte das Team aus Wuhan die Blutproben von 375 Patienten, die zwischen dem 10. Januar und 18. Februar in Krankenhäuser der Stadt aufgenommen worden waren. 201 Patienten erholten sich von der Erkrankung, 174 Menschen starben.

Die Forscher entwickelten einen Algorithmus, der unter allen angebotenen Parametern die Biomarker mit der höchsten Aussagekraft für die Mortalität heraussuchen sollte. Das mathematische Modell wurde mit allgemeinen Patientendaten, Symptomen und Blutwerten wie Leber- und Nierenwerte, Koagulationsfähigkeit, Elektrolyte und Entzündungsmarker gefüttert. Der Analyse zufolge waren der Wert für Lactatdehydrogenase (LDH), die Lymphozytenzahl und der hs-CRP-Wert die aussagekräftigsten Biomarker. Das Ergebnis sei plausibel, da LDH den Abbau von Gewebe anzeige, wie er auch bei Lungenentzündung und Lungenfibrose auftritt, heißt es in einer Pressemitteilung des Journals. »Bei Covid-19-Patienten zeigt der Anstieg des LDH-Werts das Ausmaß und die Aktivität der Lungenzerstörung an«, schreiben die Forscher.

Vor einigen Wochen war bereits aufgefallen, dass eine Abnahme der Lymphozytenzahl mit einem schweren Verlauf von Covid-19 assoziiert ist.  Auch ein Anstieg im CRP-Wert ist ein plausibler Marker: Er zeigt generell eine schlechte Prognose bei akutem Atemwegssyndrom (ARDS) an. CRP ist ein unspezifischer Entzündungsparameter,  dessen Expression durch Interleukin-6 induziert wird  und der selbst das Komplementsystem aktiviert.

Den Autoren zufolge stellt das Modell eine einfache Methode dar, um das Sterberisiko von Patienten abzuschätzen. Für die drei Faktoren gelten folgende Grenzwerte als kritisch: LDH über 365 U/l, Lymphozyten unter 14,7 Prozent und hs-CRP unter 41,2 mg/l. Das Modell müsse aber noch an anderen Daten geprüft und seine Genauigkeit verbessert werden, schreiben die Autoren.

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