«Beratung und Zuwendung sind Ihr Mehrwert» |
Cornelia Dölger |
17.09.2018 14:30 Uhr |
Zur Ethik im Gesundheitswesen sprach am Samstag Heribert Prantl, Journalist und Mitglied der SZ-Chefredaktion, auf Einladung der Apothekerstiftung Westfalen-Lippe, vertreten durch die Vorstandsvorsitzende Gabriele Regina Overwiening.
Prantl, als liberaler und kritischer Beobachter bekannt, widmete seinen Vortrag dem Thema «Ethik des Gesundheitswesens» – und hatte einige Kritikpunkte anzubringen. Etwa die um sich greifende Fixierung auf Wirtschaftlichkeit, die sich in der Gesellschaft insgesamt und im Besonderen im Gesundheitswesen zeige. Zur Veranschaulichung bediente Prantl sich der griechischen Mythologie und berichtete von König Midas als einem bemitleidenswerten Mann. Zwar hatte dieser auf seinen Wunsch die Gabe erhalten, alles, was er berührte, in Gold zu verwandeln. Aber der vermeintliche Segen entpuppte sich schnell als Fluch, denn er machte den sagenhaften Herrscher zwar noch reicher, ließ ihn aber auch beinahe verhungern; es wurde eben auch alle Nahrung zu Gold, die er berührte.
Erst ein Bad in einem Fluss erlöste Midas dem Mythos nach von seiner Qual – und ein solches reinigendes Bad empfahl Prantl auch der heutigen, auf Wirtschaftlichkeit getrimmten Gesellschaft. «Mitleid und Barmherzigkeit sollten im Gesundheitswesen eine bedeutende Rolle spielen», sagte er. Doch herrsche allzu oft ein Mangel daran, der sich besonders im Umgang mit alten Menschen zeige.
Die volkswirtschaftliche These etwa, dass ein Viertel der Gesundheitskosten im Leben eines Menschen allein auf dessen letztes Lebensjahr falle, habe zu Forderungen geführt, bei eben diesen Ausgaben zu sparen. Kritiker dieser Forderungen argumentierten hingegen, alte Menschen seien zwar teuer für das Gesundheitssystem, hätten in ihrem langen Leben aber auch viel eingezahlt. «Beide Ansichten sind ökonomistisch – aber kann man den Wert des Lebens wirklich vom Alter abhängig machen?», fragte Prantl.
Ethik im Gesundheitswesen, das sei mehr, als sich an Recht und Gesetz zu halten, so Prantl weiter. Der Bottroper Apotheker, der über Jahre und in Tausenden Fällen Krebsmedikamente gestreckt hatte und dafür unlängst zu einer hohen Haftstrafe verurteilt worden war, habe dem Apothekerberuf womöglich langfristigen Schaden zugefügt, betonte der Journalist – weil ein freier Heilberuf wie der des Apothekers auf einer Vertrauensbindung zu den Patienten beruhe.
Ethik im Gesundheitsbereich sei aber eben noch mehr als juristisch korrektes Verhalten – es bestehe darin, dass dort andere Regeln gälten als die der Ökonomie. «Und die Ethik des Apothekers besteht darin, dass er den Spagat zwischen Heilberufler und Kaufmann hinbekommt», betonte Prantl. Die wirtschaftliche Effizienz müsse sich an der Beratungsleistung des Apothekers, an seiner Fürsorge und Zuwendung messen lassen. «Das ist der Mehrwert der Apotheker», so Prantl unter Applaus. Und die Ware, mit der Apotheker zu tun haben, sei «keine übliche Handelsware wie Schnürsenkel oder Autoreifen», erklärte der Redner. Arzneimittel seien nun mal ein sehr besonderes Gut.