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Mit Zielwert oder ohne

Beide Ansätze zur Statin-Therapie gleichwertig

In der Therapie von Patienten mit erhöhtem LDL-Cholesterol gibt es zwei verschiedene Strategien: Treat-to-Target und Fire-and-Forget. Eine Studie in Südkorea hat die beiden miteinander verglichen – und im Ergebnis keinen Unterschied festgestellt.
Annette Rößler
13.03.2023  11:00 Uhr

Um kardiovaskulären Ereignissen vorzubeugen, sollte bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) das LDL-Cholesterol (LDL-C) medikamentös gesenkt werden, wenn es erhöht ist. In Europa wird dabei ein anderer Ansatz verfolgt als beispielsweise in den USA: Während die europäische Leitlinie abhängig vom individuellen Risiko des Patienten bestimmte Zielwerte für das LDL-C definiert, verzichten US-Fachgesellschaften darauf und empfehlen stattdessen eine Therapie, die abhängig vom Ausgangsrisiko unterschiedlich intensiv ausfällt. Wirkstoffe der ersten Wahl sind in jedem Fall Statine.

Ob eine der beiden Strategien, die als Treat-to-Target beziehungsweise Fire-and-Forget bezeichnet werden, der anderen überlegen ist, war bisher noch nicht in einer Studie untersucht worden. Denkbar wäre etwa, dass mit dem Zielwert-orientierten Ansatz weniger kardiovaskuläre Ereignisse verhindert werden, weil die Therapie nicht gleich von Anfang an mit höchster Intensität geführt wird, sondern erst bei Bedarf gesteigert wird. Eine Gruppe um Dr. Sung-Jin Hong vom Yonsei University College of Medicine in Seoul, Südkorea, hat dazu jetzt Daten publiziert.

Wie die Autoren im Fachjournal »JAMA« berichten, rekrutierten sie an zwölf Zentren in Südkorea zwischen 2016 und 2019 insgesamt 4400 Patienten mit KHK, von denen 4341 die dreijährige Studie abschlossen. Die Probanden erhielten randomisiert entweder eine lipidsenkende Therapie mit dem LDL-C-Zielwert 50 bis 70 mg/dl oder eine Hochdosis-Statin-Therapie mit 20 mg Rosuvastatin oder 40 mg Atorvastatin täglich ohne Zielwert-Kontrolle. Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall oder koronare Revaskularisation während der dreijährigen Beobachtungszeit bildeten den zusammengesetzten primären Endpunkt.

Dieser trat in der Treat-to-Target-Gruppe bei 8,1 Prozent der Patienten ein und in der Fire-and-Forget-Gruppe bei 8,7 Prozent. Damit war die Nicht-Unterlegenheit des Zielwert-orientierten Ansatzes gezeigt. Ein weiteres Ergebnis mit Praxisrelevanz ist, dass die LDL-C-Werte in beiden Gruppe nahezu gleich waren (69,1 mg/dl in der Treat-to-Target-Gruppe beziehungsweise 68,4 mg/dl in der Fire-and-Forget-Gruppe), dafür bei dem Zielwert-orientierten Behandlungsansatz aber lediglich 54 Prozent der Probanden eine Hochdosis-Statin-Therapie benötigten und 43 Prozent mit einer Statin-Therapie von moderater Intensität auskamen.

Ihre Studie liefere einen Beleg für die Eignung der Treat-to-Target-Strategie, die das individuelle Ansprechen des Patienten berücksichtige, fassen die Autoren zusammen. Auf diese Weise lassen sich womöglich auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen vermeiden, die ja bei Statinen in der Wahrnehmung der Patienten bekanntlich eine noch größere Rolle spielen als bei anderen Arzneistoffen.

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