Bei ausgeprägter Fatigue kaum Chancen auf Besserung |
Typisch für das chronische Fatigue-Syndrom ist, dass sich die Beschwerden durch Anstrengung verschlimmern. Das Syndrom ist schon vor Corona nach Viruserkrankungen aufgetreten, durch die Pandemie aber deutlich bekannter geworden. / Foto: Getty Images/svetikd
Patienten mit der schweren neuroimmunologischen Erkrankung ME/CFS hätten auch 20 Monate nach der akuten Infektion und trotz symptomatischer Therapie noch von anhaltend hohem Schweregrad der meisten Symptome berichtet. Das bilanziert ein Team der Universitätsklinik Charité und des Max-Delbrück-Centers in Berlin im Fachjournal «eClinicalMedicine». Die Ergebnisse deuteten darauf hin, «dass das Post-Covid-19-Syndrom nach wie vor eine große Belastung für die Betroffenen und unsere Gesundheitssysteme darstellt», heißt es in der Studie.
Die Forschenden hatten zwischen Juli 2020 und Februar 2022 gut 100 Patientinnen und Patienten zu mehreren Zeitpunkten nach der akuten SARS-CoV-2-Infektion untersucht. Es ging dabei um Menschen, die ein halbes Jahr nach ihrer Corona-Infektion noch immer an ausgeprägter Fatigue (bleierne Erschöpfung) litten und deren Belastbarkeit stark verringert war. Rund die Hälfte der Probanden erfüllte ME/CFS-Diagnosekriterien, die übrigen Teilnehmer hatten verglichen damit meist weniger stark ausgeprägte Beschwerden.
Bei den Teilnehmern, die nicht das ME/CFS-Vollbild zeigten, habe sich der Gesundheitszustand in der beobachteten Zeit insgesamt verbessert, schildern die Autoren. Nach Charité-Angaben vom Dienstag gingen die Fatigue, das allgemeine Krankheitsgefühl, Schmerzen und Konzentrationsstörungen mit der Zeit etwas zurück. Die Betroffenen seien etwas belastbarer gewesen, einige hätten wieder einer Arbeit nachgehen können. Manche Patienten brachen ihre Studienteilnahme auch ab, weil es ihnen besser ging. Bei den schweren Fällen war dies eher die Ausnahme: Bei 7 der 55 untersuchten ME/CFS-Betroffenen hätten sich Beschwerden gebessert. Bisher haben die Forscher dafür aber keine Erklärung gefunden.
In den meisten Fällen bessern sich Beschwerden nach einer Corona-Infektion nach wenigen Wochen deutlich, wie aus der Patientenleitlinie zum Thema hervorgeht. «Wenn drei Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion noch immer gesundheitliche Beschwerden bestehen, die über mindestens zwei Monate anhalten und nicht anderweitig zu erklären sind, spricht man vom Post-Covid-Syndrom», erklärt die Charité zur Studie.
Die Symptome gelten als sehr uneinheitlich. Als häufig listet die Patientenleitlinie Fatigue, eingeschränkte Belastbarkeit, Atemnot bei Belastung, Kopf-, Muskel- und Gliederschmerzen sowie Riech- und Schmeckstörungen.
ME/CFS geht mit schwerer Fatigue und sogenannter Belastungsintoleranz einher. Die Erkrankung kann zu einem hohen Grad körperlicher Behinderung führen. Eine Verschlimmerung der Beschwerden nach Anstrengung gilt als charakteristisch. ME/CFS gab es schon vor der Corona-Pandemie, wurde dadurch aber bekannter. Die Beschwerden werden auch mit anderen Virusinfektionen in Verbindung gebracht.
Das Risiko für Langzeitfolgen steigt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu bisherigen Erkenntnissen mit der Schwere und der Zahl der Symptome während der akuten Infektion. Es könne sich auch erhöhen durch Krankheiten und Gesundheitsrisiken, die Betroffene vorher schon hatten.
Laut Patientenleitlinie können Langzeitfolgen auch noch bei neueren Corona-Varianten auftreten. Es scheine aber so zu sein, dass die Infektion mit einer der Omikron-Varianten diesbezüglich mit einem geringeren Risiko einhergehe.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.