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Diabetes

Transplantiert und danach zuckerkrank

17.12.2014  09:42 Uhr

Von Sven Siebenand, Leipzig / Der sogenannte Posttransplantations-Diabetes ist häufig. Auf der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Leipzig wurden die Ursachen und Folgen genannt und erklärt, wie Betroffene zu therapieren sind.

»Drei Jahre nach einer Nierentransplantation hat knapp ein Viertel der Patienten Diabetes«, informierte Dr. Elmar Jäckel von der Medizinischen Hochschule Hannover. Nach Transplantation von Herz oder Lunge trete die Zuckerkrankheit sogar noch häufiger auf.

 

Der Grund: Bei diesen Transplantationen wird im Nachgang eine noch stärkere Immunsuppression benötigt, und die dazu eingesetzten Medikamente sind laut Jäckel die wesentlichen Auslöser der Diabeteserkrankung. Während Mykophenolatmofetil und Azathioprin stoffwechselneutral sind, wirken Calcineurin-Inhibitoren und Glucocorticoide diabetogen, so der Mediziner.

Zur Diagnose eines möglichen Diabetes mellitus reiche die Bestimmung des Nüchtern-Blutglucose-Wertes nicht aus. Stattdessen seien sich die Experten weltweit einig, dass ein oraler Glucosetoleranztest (OGTT) durchgeführt werden muss. Da etwa 90 Prozent der Patienten nur vorübergehend nach der Transplantation hyperglykämische Werte haben, solle man damit aber mindestens zehn Wochen warten. Liegt der Nüchtern-Blutzucker dann noch immer oberhalb von 100 mg/dl solle der OGTT durchgeführt werden.

 

Welche Folgen hat die Zuckerkrankheit bei den transplantierten Patienten? Fraglich sei, ob zum Beispiel das Überleben einer transplantierten Niere oder Leber durch die Diabetes-Neuerkrankung beeinflusst wird. Unstrittig sei aber, dass ein Posttransplantations-Diabetes die Gesamtsterblichkeit und die kardiovaskuläre Mortalität bei den Betroffenen erhöht. Aufgrund des hohen kardiovaskulären Risikos müssen die Patienten aggressiv multimodal therapiert werden, so Jäckel. Das bedeute, dass der LDL-Cholesterol-Wert und Blutdruck im Auge behalten und gegebenenfalls gesenkt werden müsse sowie Lebensstilmodifikation vorzunehmen sind. Zudem müsse der Diabetes behandelt werden.

 

Jäckels empfahl, nicht an der immunsuppressiven Therapie »herumzuschrauben«, auch wenn diese eine diabetogene Wirkung habe. Die Gefahr einer zellulären Abstoßung und eines Verlustes des transplantierten Organs sei zu groß. Vielmehr gelte es, den Blutzucker mit Antidiabetika zu senken. Dafür empfahl der Referent in erster Linie Insulin, das sicher und effektiv sei. Auch Gliptine und Glitazone bezeichnete Jäckel als sicher. Andere Antidiabetika könnten dagegen Probleme bereiten, etwa Sulfonylharnstoffe. Grund sei die häufig eingeschränkte Nierenfunktion nach Organtransplantationen durch nephrotoxische Immunsuppressiva. Es besteht laut Jäckel auch kein Konsens darüber, ob Metformin beim Posttransplantations-Diabetes deshalb ein sicheres Antidiabetikum ist. Keine Erfahrungen gebe es bisher mit dem Einsatz von SGLT2-Hemmern oder GLP-1-Rezeptoragonisten bei dieser Diabetesform. /

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