Pharmazeutische Zeitung online
Was bislang zu kurz kam

Viagra für Hamster, Engel für Kranke

17.12.2007  10:32 Uhr

Was bislang zu kurz kam

Viagra für Hamster, Engel für Kranke

Von Daniel Rücker

 

Fachzeitschrift bleibt Fachzeitschrift. Das hat sich auch 2007 nicht geändert. Woche für Woche belästigen wir Sie mit Fakten, Meinungen und Prognosen. Selten gibt es dabei Grund zu ausgelassener Freude. Einmal im Jahr setzen wir uns aber über dieses Dogma hinweg.

 

Mit Viagra haben wir uns an dieser Stelle schon häufig beschäftigt. Mit Sex auch, doch darum geht es in diesem Fall nicht. Viagra kann nämlich mehr als lendenlahmen Herren auf die Sprünge zu helfen. Die blaue Tablette hilft auch Hamstern, zumindest den Vielfliegern dieser Spezies. Gibt man den Tieren Viagra, verkraften sie den Jetlag nach einem Interkontinentalflug besser, hat die argentinische Wissenschaftlerin Patricia Agostino herausgefunden. Offensichtlich hatte sie noch einige Tabletten, für die akut keine weitere Verwendung bestand.

 

Die PZ-Redaktion bedauert natürlich ein wenig, dass wir die zentralen Probleme kosmopolitisch orientierter Nager bislang so sträflich vernachlässigt haben. Wir geloben hier Besserung. Eine Serie über die Therapie von Erdkröten mit Tennisarm, Blindschleichen mit Fußpilz und Wanderfalken mit Flugangst ist in Planung. Schon jetzt können wir uns aber nicht den nur notdürftig als Warnung kaschierten Kalauer verkneifen, den Therapieansatz ohne weitere Forschung auf Menschen zu übertragen. Gerade vom Jetlag geplagte Männer sollten sich nicht auf diese Therapieform versteifen.

 

Tiere, das müssen wir schuldbewusst zugeben, sind in unserem Blatt generell unterrepräsentiert. Vielleicht werden Sie deshalb Gefallen an der Geschichte mit den kleinsten Protagonisten dieses Beitrages finden. Sie kommen übrigens häufiger in der PZ vor. Es geht um Salmonellen. Allerdings haben wir bislang ein wesentliches Wesensmerkmal dieser Bakterien unterschlagen: Flüge im Space-Shuttle machen sie aggressiv, weiß die NASA seit einigen Monaten. Nun hätten wir zwar grundsätzlich nichts Gutes von Salmonella enterica erwartet. Dass sie eine kostenlose Reise im US-amerikanischen Renommierraumgleiter Atlantis am Ende dazu nutzt, mutwillig zu mutieren und für den Gastgeber besonders gefährlich zu werden, schlägt aber dem Fass den Boden aus. Ganze 167 Gene waren nach dem Raumflug anders aktiviert als bei Salmonellen, die die Erde nie verlassen hatten. Salmonella galactica war danach in der Lage, Labormäuse hinzuraffen, dass es nur so eine Freude war. Lediglich jede Zehnte überlebte die Invasion aus dem Weltall.

 

Das Thema nicht menschlicher Lebensformen möchten wir hier seinem wohlverdienten Ende zuführen, allerdings nicht ohne darauf hinzuweisen, dass Zecken nach einem Beitrag in der »MMW« sogar einen Vollwaschgang unbeschadet überstehen können. Heißwäsche bei 50 Grad Celsius ist angeblich kein Problem. Wir denken nun darüber nach, in welchen Disziplinen die Spinnentiere dem Kaschmir-Pullover noch überlegen sind.

 

Auf dem evolutionären Weg zwischen Wirbellosen und Frauen steht der Mann. Deshalb sollen er und seine Eigenschaften die kommenden Zeilen füllen. Wie stark der Mann von der Frau abhängig ist, zeigt eine schottische Untersuchung. Wirklich attraktiv für das andere Geschlecht wird Adam nämlich nicht durch Geld, Kraft, Intelligenz oder die Fähigkeit, eine Bierflasche mit den Zähnen vom Kronkorken befreien zu können. Richtig angesagt ist der Mann bei der Frau erst, wenn ihn eine andere anlächelt.

 

In der Untersuchung zeigten die schottischen Forscher Frauen Bilder von Männergesichtern, die von lächelnden oder neutral blickenden Geschlechtsgenossinnen flankiert wurden. Die Männer, die eine lächelnde Frau an ihrer Seite hatten, wurden für attraktiver gehalten. Was wir aus dieser Studie lernen, ist leider nicht ganz eindeutig. Die schottischen Forscher glauben, Frauen verließen sich bei der Suche nach einem Paarungspartner auf das Urteil ihrer Geschlechtsgenossinnen. Wir möchten aber auch nicht ausschließen, dass für Frauen die Partnerwahl das eine ist, die Möglichkeit einer Konkurrentin den Lover auszuspannen, aber das weitaus interessantere andere. Für diesen Erfolg gibt sich Frau dann auch mit einem 1b-Männchen zufrieden.

 

Nach einer anderen Untersuchung können beide Theorien weibliche Strategien aber nur zu einem Teil erklären. Britische Wissenschaftler wollen ermittelt haben, dass Frauen sich dann doch nicht nur auf Lächeln von Marktpartnerinnen verlassen, sondern auch selbst hinschauen. Und wenn sie dies tun, dann ist es um den Macho geschehen. Den wollen Frauen nicht, sagen die Wissenschaftler. Sie trauen den Supermännchen nicht, weil diese als untreu und dominant gelten, häufig zu Seitensprüngen neigen und wahrscheinlich auch noch schlecht riechen. Frauen wollen stattdessen den sensiblen, femininen, feingliedrigen Mann. Auch diese Forschergruppe hatte den Frauen Fotos gezeigt. Die Testteilnehmerinnen mussten sich zwischen Männern mit kantigem Kinn, kräftiger Nase und kleinen Augen oder solchen mit feineren Gesichtszügen, vollen Lippen und geschwungenen Augenbrauen entscheiden. Dabei machte der Softie eindeutig das Rennen.

 

Mag sein, sagen wir und glauben es in Wirklichkeit nicht. Wer Augen im Kopf hat, der weiß, das die Realität eine andere ist. Die PZ-Redaktion ist voll mit Machos und sie kommen alle bestens bei den Frauen an. Täglich erhalten wir persönliche Anrufe, Avancen und Angebote. Wir sind es, die widerstehen, nicht die Frauen.

 

Reden wir gerade von Männern und Frauen, dann sollten wir keinesfalls versäumen, von der Widerlegung eines weiteren Mythos (der altsprachlich Gebildete möge den womöglich nicht astreinen Genitiv entschuldigen) zu berichten. Männer, das haben Wissenschaftler herausgefunden, sind nicht wortkarg und Frauen sind nicht geschwätzig. Zumindest nicht generell. Die Forscher zählten bei rund 400 Studentinnen und Studenten die Zahl der gesprochenen Wörter. Dabei kamen beide Geschlechter auf einen Mittelwert von 16 000 Wörtern pro Individuum und Tag.

 

Sorgen bereitete den Wissenschaftlern jedoch die Standardabweichung bei den Männern. Der wortkargeste Vertreter seines Geschlechts brachte gerade einmal 500 Wörter heraus. Der Rekordtexter brachte es dagegen auf 47.000 Wörter.

 

Der männliche Teil der PZ-Redaktion freut sich natürlich darüber, dass einer mit dem AGG kaum zu vereinbarenden einseitigen Diskriminierung der Männer nun das wissenschaftliche Fundament ein für alle Mal entzogen wurde. Wer regelmäßig ein Ohr auf dem Redaktionsflur hat, fragt sich allerdings, ob die in Nordamerika gewonnenen Ergebnisse ohne Weiteres auf Deutschland übertragen werden können.

 

Zum Thema Studien zweifelhaften Nutzens passt auch eine bemerkenswerte Untersuchung aus der Schweiz. Dort stellten sehr kluge Leute fest, dass Alter einer der wichtigsten Risikofaktoren für chronische Leiden ist. Wir sind beeindruckt, welche aberwitzigen Zusammenhänge heute dank Magnetresonanz-Tomografie, In-situ-Hybridisierung, DNA-Analyse aufgeklärt werden können. Wer hätte das gedacht? Alter und Krankheit müssen irgendwie zusammenhängen. Da erscheint es auch nicht mehr ausgeschlossen, dass Adipositas mit Essen und Schwitzen mit Sport etwas zu tun haben. Wir sind gespannt und freuen uns schon auf die nächste wissenschaftliche Bombe.

 

Von der Freude ist es nicht mehr weit bis Weihnachten und auch von der Zeit passt das Thema ganz gut in diesen Text. Weihnachten steht vor der Tür, das Jahr 2007 macht sie bald hinter sich zu, da sind ein paar gute Nachrichten ein angemessener Abschluss.

 

Die erste freut die Biertrinker. Der Gerstenprosecco ist nämlich nicht nur kalorienreich, spaßfördernd und preiswert, er ist auch gesund. Sagen zumindest spanische Wissenschaftler. Denen hatte nämlich der spanische Brauereiverband Geld dafür gegeben, genau dies nachzuweisen. Die Tester spendierten daraufhin 50 Nonnen täglich einen halben Liter Bier. Nach ein paar Wochen wurde Bilanz gezogen. Stoffwechsel und Cholesterinspiegel der Gottesdienerinnen besserten sich, lautete das in Auftrag gegebene Ergebnis der Studie. Wir möchten uns gar nicht an bösen Spekulationen über womöglich präjudizierte Ergebnisse beteiligen. Die Botschaft ist klar: Bier macht gesund. Das muss reichen. Wer immer zweifelt, findet niemals zu sich selbst.

 

Gut für die Gesundheit, jetzt wird es noch weihnachtlicher, ist nicht nur Bier. Auch Engel können bei der Heilung helfen, erzählten Ärzte und Theologen bei der diesjährigen Medica in Düsseldorf. Wer an einen Schutzengel glaube oder andere spirituelle Erfahrungen habe, fühle sich körperlich deutlich besser, habe seltener Atemprobleme und damit weniger Angst.

 

Für die meisten Menschen ist dies eine gute Nachricht, für die Industrie eher nicht. Schutzengel lassen sich nicht patentieren und nicht verblistern. Sie sind ein kostenloses Heilmittel. Die Krankenkassen wird es dagegen freuen, auch wenn Engel für Ausschreibungen wohl kaum taugen.

 

Zum Schluss noch eine frohe Botschaft für die Alkohol-Sympathisanten unter den Weihnachtsmarktbesuchern. In Niedersachsen untersuchte das Landesamt für Verbraucherschutz Glühweinstände auf Weihnachstmärkten und beanstandete das Gebräu, wenn es zu wenig Alkohol enthielt. Sechsmal wurden die Prozentwächter fündig. Mindestens sieben Umdrehungen muss Glühwein haben. Kaum auszudenken, wenn Hunderttausende Weihnachtsmarktbesucher in Hannover, Braunschweig und Göttingen mit schwachprozentigem Stoff versorgt worden wären.

 

Der beispiellose Einsatz des Landesamtes hat uns dazu bewogen, keine schlechten Scherze über britische Undercover-Polizisten zu machen. Diese wollen als »Saufpasser« in Pubs dafür sorgen, dass sich ihre Landsleute anlässlich des wiederkehrenden Geburtstages des Heilandes nicht schon wieder kollektiv die Neuronen aus dem Hirn schießen. Wir sprechen darüber in diesem Jahr nicht. Auch, weil die Pub-Betreiber, nach unseren Erfahrungen ganz zu Recht, darauf verweisen, dass Trunkenheit nicht gleich Trunkenheit ist. Die Gefahr von Fehlinterpretationen sei groß. Wie schnell wird ein Mensch mit 3,2 Promille nur deshalb für betrunken gehalten, weil er nicht mehr stehen kann. Auf dieses Glatteis wollen wir uns nicht begeben. Schon gar nicht so kurz vor Weihnachten.

Mehr von Avoxa