Mehrverbrauch lässt Kosten steigen |
19.12.2006 18:01 Uhr |
Mehrverbrauch lässt Kosten steigen
Von Conny Becker
Zum Jahresende beschert der Arzneimittel-Atlas 2006 als Buch Ärzten und Industrie ein Nachschlagewerk für Argumente gegen die Anfeindungen der Politik. Der alternative Verordnungsreport kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem der höhere Verbrauch die Kosten in die Höhe treibt.
Wie schon bei der Vorstellung des Manuskriptes Ende September machte Professor Dr. Bertram Häussler vom Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) deutlich, dass die Strukturkomponente im Arzneimittelverordnungsreport zu hoch angesetzt sei. Ursache für die steigenden Arzneimittelausgaben ist nach Angaben des Mitautors des Arzneimittelatlas vor allem der krankheitsbedingte Mehrbedarf. »Die höheren Ausgaben durch Innovationen werden im Wesentlichen durch Einsparungen (etwa über Generika) kompensiert, sodass sich die GKV-Mehrausgaben im Jahr 2005 aus dem Verbrauch ableiten«, sagte Häussler auf einer Pressekonferenz des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), der den Report finanzierte.
Als Gründe für den gestiegenen Verbrauch führt der Gesundheitsökonom neue Behandlungsmöglichkeiten, die Kompensation von Unterversorgung, die Epidemiologie sowie den Nachholeffekt gegenüber 2004 an. Das liege auch an der Zahl der zu versorgenden Menschen: Bis 2005 sank die Zahl der GKV-Versicherten stetig. Im vergangenen Jahr stieg sie dann jedoch um etwa 200.000 an. Seit 2005 sind Harz-IV-Empfänger in der GKV versichert. Da es sich hierbei vor allem um 15- bis 45-Jährige handelt, produziere diese Neuerung allerdings mit 60 Millionen Euro nur relativ geringe zusätzliche Kosten.
Ausgaben hängen von Region ab
Pro Kopf kostet ein Versicherter in Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern die GKV im Jahr mit 430 Euro nahezu 100 Euro mehr als ein Versicherter in Schleswig-Holstein oder Bayern, so die IGES-Berechnungen. Dass die Arzneimittelausgaben eines Versicherten in den neuen Bundesländern höher liegen, basiert auf der starken Abwanderung junger Berufstätiger und der dadurch bedingten Erhöhung des Altersdurchschnitts. Häussler brachte das auf die Formel: »Abwanderung macht eine Region alt und Alter verursacht höhere Arzneimittelausgaben.« So liegt der Anteil Über-55-Jähriger beim Spitzenreiter Sachsen bei rund 38 Prozent, während er in Bayern nur 30 Prozent ausmacht.
Begrüßt wurde der neue Verordnungsreport von Dr. Jürgen Bausch, der ihn als bereichernde Ergänzung bezeichnete. Der Arzneimittelexperte der Kassenärztlichen Bundesvereinigung lobte den detaillierteren Erklärungsansatz des Arzneimittel-Atlas, der etwa 22 Indikationsgruppen getrennt betrachtet.