Pharmazeutische Zeitung online

»Eine großartige Leistung«

12.12.2005  13:15 Uhr

150 Jahre PZ

»Eine großartige Leistung«

von Daniel Rücker, Berlin

 

Am 5. April 1856 veröffentliche der Bunzlauer Apothekengehilfe Hermann Müller wichtige Mitteilungen für Apotheker erstmals unter dem Titel »Pharmaceutische Zeitung«. In diesem Monat schließt die PZ ihren 150. Jahrgang ab. Am vergangenen Donnerstag feierte die PZ mit Vertreten des Berufsstands und der Medien das Jubiläum.

 

Nicht nur das Alter der - vom Kabarettistenduo Doppelpass als »Queen Mum der Fachzeitschriften« bezeichneten - Pharmazeutischen Zeitung ist bemerkenswert, auch der Weg, den sie in den vergangenen 150 Jahren gegangen ist, sucht seinesgleichen. Die erste Ausgabe der »Pharmaceutischen Zeitung«, die sich noch an »Apotheker, Ärzte und Droguisten« gleichermaßen wendete, hatte gerade einmal 4 Seiten und erschien in einer Auflage von 400 Stück. Die Ausgabe 49/2005 bringt es dagegen auf 139 Seiten bei einer Auflage von rund 38.000. Geblieben ist die wöchentliche Erscheinungsweise, doch auch das war nicht immer so.

 

Schon früh, nämlich 1864, wurde die Pharmazeutische Zeitung Verbandsorgan, vorerst jedoch nur des Norddeutschen Apotheker-Vereins. Der Deutsche Apotheker-Verein machte sie dann 1872 zum Vereinsorgan. Diese erste Liäson währte allerdings nur 13 Jahre. Nachdem sich in der Folgezeit die Wege von PZ und Standesorganisationen mehrfach kreuzten, fielen die wesentlichen Entscheidungen für die aktuelle PZ im Jahr 1953: Der Govi-Verlag übernahm die Zeitschrift, die am 1. Juni das »Zentralorgan für den Apothekerstand« wurde.

 

Bei Wahrnehmung der PZ innerhalb der Apothekerschaft spielt die Funktion als ­ wie sie heute heißt ­ »Zentralorgan für die Apotheker in Deutschland« natürlich eine erhebliche Rolle. Sie ist auch das Sprachrohr der ABDA, der Kammern und Verbände. Dies schließe jedoch nicht aus, dass jeder Redakteur eigenständig arbeite, stellte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf auf dem Empfang zum 150. Jubiläum der Zeitschrift am 9. Dezember in Berlin fest. Die PZ als »Prawda« sei Vergangenheit. Heute zeichne sie sich dadurch aus, dass sie die Gratwanderung zwischen Standespositionen, politischer Information und wissenschaftlicher Fortbildung »exzellent meistere«.

 

Lobende Worte für die PZ fand auch der ehemalige Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens, Professor Dr. Dieter Stolte. Die PZ sei ein offenes Forum für Standesinteressen, sagte Stolte in seiner Festrede. Unterschiedliche Auffassungen kämen ausreichend zur Geltung und würden auch kontrovers behandelt.

 

Stolte verwies gleichzeitig darauf, dass die PZ als Standeszeitung natürlich Interessen vertrete. Interessen zu haben, sei in einer pluralistischen Gesellschaft aber nicht nur nachvollziehbar und legitim, sondern sogar wünschenswert. Wo sich Interessen nicht aneinander rieben, entstehe eine stromlinienförmige Gesellschaft der kalten Herzen, wie sie uns in neoliberalen und postkommunistischen Staaten entgegentrete. Das Leitbild der von uns favorisierten sozialen Marktwirtschaft setze dagegen ein ständiges Ringen und Zusammenführen von sozialen und ökonomischen Interessen voraus.

 

Ihre zweite Kernaufgabe, nämlich Apotheker, Marktbeteiligte und Politiker über die spezielle Fachwelt kompetent, zuverlässig und engagiert zu informieren, gelinge der PZ »eindrucksvoll«, so Stolte. Die Zeitschrift biete kundennahe Information, ein ansprechendes Layout, und informative Werbung. Dieses Angebot zum »günstigen Preis von 2 Euro« sei eine »großartige verlegerische Leistung«.

 

Für fachkundigen Leserkreis

 

Stolte erwähnte auch die große Themenvielfalt in der PZ. Sie biete ihren Lesern alles an, »was zur Ortsbestimmung und Wissenserweiterung gebraucht wird« Die Beiträge seien zudem konkret und praxisorientiert. Stolte schließt von der PZ auf die Leser: »Man spürt, die Pharmazeutische Zeitung ... dient einem fachkundigen Leserkreis, der sich in einem besonderen Maße den Menschen verantwortlich fühlt.« Auch deshalb strahle sie Glaubwürdigkeit und Kompetenz - also Seriosität - aus. Man wisse, hier werde man nicht hintergangen, sondern beraten.

 

Die Seriosität der PZ spiegele sich auch im Umgang mit journalistischen Regeln wider. Heute sei es keineswegs mehr selbstverständlich, Nachricht und Meinung voneinander zu trennen. Dasselbe gelte für redaktionelle Beiträge und Werbung. Umso erfreulicher sei es, dass die PZ dies immer noch beherzige. Für Stolte ist dies »eine Frage der Glaubwürdigkeit des Produkts für den Leser« Dies gelte bei einer Zeitschrift, in der er es um die Gesundheit gehe, noch stärker. Schließlich gehe es hier für die von Krankheit betroffenen Menschen auch bei der Werbung »um die Einlösung von Versprechen«.

 

Der ehemalige ZDF-Intendant sieht auch die Verdienste des Herausgebers. Es sei für einen Verband bemerkenswert über eine so lange Zeit eine Verbands- udn Fachzeitschrift herauszubringen. Das Geheimnis des anhaltenden Erfolgs der PZ sei nicht die Interessensvertretung, sondern die Fortschreibung und Vermittlung angewandten medizinischen Wissens. Stolte ermutigte ABDA, Kammern und Verbände der PZ »in der Öffentlichkeit immer einen großzügigen Gestaltungsspielraum zu gewähren«.

 

Abschließend warf PZ-Chefredakteur Professor Dr. Hartmut Morck einen Blick zurück auf 150 Jahre Pharmazeutische Zeitung. Angesichts der großen gesellschaftlichen und technischen Veränderungen sei es bemerkenswert, dass manches von damals heute noch gelte. So schrieb Hermann Müller auf der ersten Seite der ersten Pharmazeutischen Zeitung: »Es soll die stete Sorge des Unterzeichneten sein, so viel in seinen Kräften steht durch dies der Pharmacie gewidmete Organ dem ihm liebgewordenen Stande diejenige Stellung und Achtung nach aussen hin immer mehr befestigen und sich sichern zu helfen, die er verdient und die leider viel zu wenig bis jetzt anerkannt worden ist.«

 

Morck ging auch auf den Wandel im Erscheinungsbild der Pharmazeutischen Zeitung ein. Lange Zeit waren die Titelblätter, das eigentliche Aushängeschild einer Zeitschrift prominente Werbeflächen. Erst 1988 bekam die PZ ihr eigenes Gesicht, dass sie, so Morck, in der Medienlandschaft unverwechselbar macht und das sie bis heute mit kleinen Veränderungen beibehalten hat.

 

Der Chefredakteur stelte auch heraus, dass die PZ heute weitaus mehr ist als eine gedruckte Zeitschrift. Vor allem in den vergangenen Jahren sind unter der Marke PZ zahlreiche neue Produkte auf den Markt gekommen. Auf die Weiterbildungszeitschrift PZ-Prisma folgte vor knapp 10 Jahren der Online-Auftritt der Pharmazeutischen Zeitung. Damit war die PZ als erstes Fachmedium für Apotheker im Internet vertreten. Mittlerweile unterhält die Redaktion mit der PZ-Akademie online ein Angebot zur virtuellen Fortbildung und mit dem PTA-Forum online gibt es auch einen Internetauftritt für PTAs.

 

Ebenfalls im zehnten Jahr befindet sich der PZ-Innovationspreis, bei dem eine hochkarätig besetzte neutrale Jury Jahr für Jahr den innovativsten neuen Arzneistoff auszeichnet. Außerdem hat die PZ-Akademie auch einen Ableger in der realen Welt. Einmal pro Jahr lädt die PZ Apothekerinnen und Apotheker zur Fortbildung nach Eschborn, Berlin oder in eine andere Stadt ein.

 

Morck, der auch auf die Persönlichkeiten einging, die die PZ prägten, hob hervor, dass eine funktionierende Redaktion immer ein Team sei. Die Vielfalt der Aufgaben lasse sich nur mit einer kompetenten Mannschaft bewältigen. Daran dürfte sich auch in den nächsten 150 Jahren nichts ändern.

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