LDL-Cholesterol runter, Diabetesrisiko rauf? |
07.12.2016 10:11 Uhr |
Von Sven Siebenand / Möglicherweise erhöhen PCSK9-Antikörper wie Alirocumab (Praluent®) und Evolocumab (Repatha®) das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Die neue Klasse von LDL-Cholesterol-Senkern, die im vergangenen Jahr erstmals auf den Markt gekommen ist, könnte damit einen ähnlichen Nebeneffekt haben wie die Statine. Anlass dieser Vermutung ist eine Untersuchung eines Forscherteams um Professor Dr. Naveed Sattar von der Universität Glasgow.
Wie die Wissenschaftler im Fachjournal »The Lancet Diabetes & Endocrinology« informieren, gehen sie – solange noch keine Daten aus Langzeitstudien mit den beiden zugelassenen Antikörpern verfügbar sind – davon aus, dass gewisse Varianten im PCSK9-Gen den gleichen Effekt haben wie eine Therapie mit einem PCSK9-Hemmer (DOI: 10.1016/S2213-8587(16)30396-5).
Anhand von Genanalysen prognostizieren Forscher, dass PCSK9-Hemmer das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen können.
Foto: Imago/Science Photo Library
Was LDL-Cholesterol und das Herz-Kreislauf-Risiko betrifft, stimmt dieser Zusammenhang zumindest: Menschen mit bestimmten Mutationen im PCSK9-Gen weisen einen sehr niedrigen LDL-Wert und ein geringeres kardiovaskuläres Risiko auf. Diese Beobachtung hatte überhaupt erst zur Entwicklung von PCSK9-Hemmern geführt.
Die Forscher untersuchten, welchen Einfluss vier verschiedene Varianten im PCSK9-Gen auf den Stoffwechsel haben. Dazu werteten sie die genetischen Daten von 550 000 Personen aus, darunter mehr als 51 000 Typ-2-Diabetiker. Demnach ist das Vorliegen solcher Genvarianten mit einem Anstieg des Nüchtern-Blutzuckers, des Körpergewichts und des Taille-Hüft-Quotienten assoziiert. Pro LDL-Cholesterol-Rückgang um 1 mmol/l, was in etwa 39 mg/dl entspricht, errechneten die Forscher einen Anstieg des Nüchtern-Blutzuckers um etwa 2 mg/dl, des Körpergewichts um etwa 1 kg und des Taille-Hüft-Quotienten um 0,006. Ein signifikanter Einfluss auf den Body-Mass- Index, den HbA1c-Wert und das Nüchtern-Insulin zeigte sich dagegen nicht. Anders war es jedoch, wenn man das Typ-2-Diabetes-Risiko grundsätzlich betrachtete. Hier waren die Genvarianten mit einem um 29 Prozent erhöhten Risiko verbunden.
Die Studienautoren schlussfolgern, dass PCSK9-Hemmer wie die Substanzklasse der Statine das Diabetesrisiko erhöhen könnten. Solange noch keine Daten aus Langzeitstudien vorliegen, ist das aber letztlich nicht bewiesen. Bis dahin ist es sinnvoll, bei Patienten unter PCSK9-Antikörpertherapie regelmäßig den Blutzucker zu testen und gegebenenfalls auf die Vorteile einer Lebensstilmodifikation hinzuweisen. /