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Süßstoff Aspartam erhöht das Krebsrisiko

29.11.2005  15:50 Uhr

Süßstoff Aspartam erhöht das Krebsrisiko

von Christina Hohmann, Eschborn

 

Der künstliche Süßstoff Aspartam erhöht in Untersuchungen an Tieren die Inzidenz von malignen Tumoren, Lymphomen und Leukämie. Die in der Zeitschrift »Environmental Health Perspectives« veröffentlichten Ergebnisse legen nahe, dass die Sicherheit des Süßstoffs neu evaluiert werden sollte.

 

»Unsere Studie hat gezeigt, dass Aspartam ein multipotentes Karzinogen ist, dessen krebserregende Wirkung sich schon bei einer Dosis von 20 mg pro Kilogramm Körpergewicht zeigt, was deutlich niedriger als die duldbare tägliche Aufnahme ist«, schreiben die Autoren der Studie. Dieser »acceprable daily intake« liegt in Europa derzeit bei 40 mg pro Kilogramm Körpergewicht.

 

Aspartam ist der am zweithäufigsten verwendete Süßstoff. Er ist in mehr als 6000 Produkten wie zuckerfreiem Kaugummi, Diät-Cola, Desserts und Süßigkeiten enthalten sowie in den künstlichen Süßmitteln für Kaffee. Mehr als 200 Millionen Menschen weltweit nehmen Schätzungen zufolge die Substanz zu sich. Der Süßstoff ist seit mehr als 30 Jahren auf dem Markt. Die für die Zulassung der amerikanischen FDA im Jahr 1974 angefertigten Tests auf Kanzerogenität waren alle negativ ausgefallen.

 

Neue Erkenntnisse brachten jetzt die Untersuchungen von Forschern um Morando Soffritti vom Krebsforschungszentrum Cesare Maltoni in Bologna. Die Wissenschaftler fütterten insgesamt 1800 Sprague-Dawley-Ratten zusätzlich zu ihrer normalen Nahrung mit Aspartam in Dosen von täglich 4 bis 5000 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Die Fütterung setzte im Alter von acht Wochen ein und endete mit dem natürlichen Tod der Tiere. Alle Ratten wurden nach ihrem Tod obduziert und eingehend auf mikroskopische Veränderungen in den verschiedenen Organen hin untersucht. Die behandelten Tiere, männliche wie weibliche, wiesen deutlich häufiger maligne Tumoren an verschiedenen Organen, Lymphome und Leukämien auf als die Kontrollratten.

 

Für die kanzerogene Wirkung des Süßstoffs könnten seine Metaboliten verantwortlich sein, vermuten die italienischen Forscher. Aspartam ist ein Dipeptid, das aus den beiden durch eine Methylesterverbindung verknüpften Aminosäuren Phenylalanin und Asparaginsäuren besteht. Aspartam wird nicht absorbiert, sondern im Darm hydrolysiert und in die beiden Aminosäuren sowie Methanol zerlegt. Dieser wird weiterhin in Formaldehyd umgewandelt. Sowohl Methanol als auch Formaldehyd hätten sich in anderen Langzeituntersuchungen bereits als krebserregend erwiesen, schreiben die Autoren.

 

Die aktuelle Studie unterscheidet sich von anderen Kanzerogenitätstests insofern als sie den natürlichen Tod der Tiere abwartete. Das letzte Tier starb nach etwa 156 Wochen. Normalerweise werden die Versuchsratten schon nach 110 Wochen getötet, berichten die Autoren.

 

Die European Food Safety Authority (EFSA) hat sich bereits mit den italienischen Forschern in Verbindung gesetzt und die vollständigen Unterlagen angefordert. Da diese allerdings noch nicht vorliegen, kann die Beurteilung der Ergebnisse hinsichtlich der Sicherheit des Süßstoffs noch einige Monate dauern.

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