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Drei Bände für die Rezeptur

29.11.2005  14:24 Uhr

NRF 2005

Drei Bände für die Rezeptur

von Rosemarie Eifler-Bollen, Antje Lein und Holger Reimann, Eschborn

 

Die umfangreiche Monographiensammlung wurde jetzt um einen dritten Band erweitert. Band 1 fasst die allgemeinen Themen zusammen, die Bände 2 und 3 beinhalten die Vorschriften für 240 Rezepturen und 25 Stammzubereitungen.

 

Das NRF steht für Rezepturvorschriften zu unterschiedlichen Arzneiformen und ein breites Spektrum von Anwendungsgebieten. Für den Rezepturbetrieb hilfreich sind zudem praxisbezogene allgemeine Empfehlungen zur qualitätsgesicherten Arzneimittelherstellung. Solche Angaben sind wichtiger geworden, da konkrete Informationen zur Anfertigung von Rezepturen zum Beispiel in Form von Kapseln oder Zäpfchen in den aktuellen Ausgaben der Arzneibücher nicht mehr zu finden sind. Insofern benötigt die Apotheke ausführliche Erläuterungen zur Herstellungstechnik, Auswahl der Grundstoffe und Qualitätssicherung, denen mit der Überarbeitung der Allgemeinen Hinweise »Kapseln« (I.9.) und »Zubereitungen zur rektalen und vaginalen Anwendung« (I.12.) Rechnung getragen wurde. In diesem Zusammenhang entstanden auch zwei neue Vorschriften: Hydrochlorothiazid-Kapseln (NRF 26.3.) und Progesteron-Vaginalzäpfchen (NRF 25.5.).

 

Weiterhin wurde mit dem NRF 2005 die Überarbeitung bereits bestehender Monographien fortgesetzt. Acht Monographien wurden gestrichen, da wegen vergleichbarer Fertigarzneimittel kein Bedarf mehr für die Herstellung bestand. Dies betrifft zum Beispiel Nasalia mit Natriumchlorid-, Naphazolinhydrochlorid- und Xylometazolin als Wirkstoff. Ebenfalls gestrichen wurde die Abwaschbare Dithranol-Salbe mit und ohne Salicylsäure (11.52.) zur Anwendung in der Psoriasistherapie, da ihre Herstellung verglichen mit anderen abwaschbaren NRF-Dithranol-Rezepturen wie 11.53. und 11.115. unverhältnismäßig aufwendig ist. Sofern weiterhin Bedarf für diese gestrichenen Vorschriften, zum Beispiel 11.52., besteht, kann die Herstellung erfolgen, denn eine Bedenklichkeit liegt nicht vor. Die NRF-Tabelle »Entfallene Vorschriften« in den Allgemeinen Hinweisen I.5. liefert Anhaltssnkte, warum Monographien gestrichen wurden.

 

Coffeincitrat bei Apnoe-Anfällen

 

Bei Frühgeborenen ist das Atemzentrum noch nicht vollständig entwickelt, so dass es zu Atempausen kommen kann, die länger als 20 Sekunden andauern. Wenngleich der Pathomechanismus noch nicht genau geklärt ist, spielen die Unreife des Atemzentrums und sein vermindertes Ansprechen auf eine Sauerstoffunterversorgung eine Rolle. Coffein stimuliert das zentrale Nervensystem und erhöht die Empfindlichkeit gegenüber Kohlendioxid. Coffein-haltige Fertigarzneimittel für die perorale Gabe in der Pädiatrie gibt es nicht. In Krankenhausapotheken werden zum Teil parenterale Lösungen hergestellt, die bei Bedarf auch per os verabreicht werden.

 

Die NRF-Vorschrift 3.1. Coffeincitrat-Lösung 2 Prozent ist ausschließlich für die Einnahme konzipiert. Mit der Standardisierung einer Rezeptur für die Indikation Apnoe bei Frühgeborenen schließt sich eine weitere Lücke in der Arzneimittelversorgung von Kindern.

 

Peeling mit Trichloressigsäure-Lösung

 

Aktuelle pharmazeutische Informationen zur Lokalanwendung der Trichloressigsäure sind relativ dürftig. In älterer Literatur findet sich die Anwendung des Ätzmittels in der Dermatologie, HNO-Heilkunde und Zahnmedizin, in dem weiten Konzentrationsbereich von 3 bis 91 Prozent. Wegen dieser Unsicherheit sind die nach aktuellem Erkenntnisstand vertretbaren konzentrierten wässrigen Trichloressigsäure-Lösungen zwischen 10 und 50 Prozent zum Chemopeeling und zur Behandlung von Warzen mit Vorschrift 11.133. monographiert worden. Da die Literaturangaben zur Zersetzungsgeschwindigkeit widersprüchlich sind, wurde die Laufzeit in Tabelle I.4.-3 mit einem Vier-Wochen-Wert vorläufig konservativ festgelegt.

 

Trichloressigsäure-Lösungen stehen als Fertigarzneimittel nicht mehr zur Verfügung. Die Standardisierung kommt deshalb dem Bedarf der Praxis für unterschiedliche Anwendungen entgegen.

 

Phenol in der Sklerotherapie

 

Die Vorschrift für Ölige Phenol-Injektionslösung 5 Prozent wurde 1998 wegen der grundsätzlich negativen Nutzen/Risiko-Bewertung für Phenol im NRF gestrichen. Obwohl Phenol nach wie vor als Arzneistoff zur Anwendung auf Haut und Schleimhaut in Rezepturen unzulässig ist, wird seine Anwendung in der Sklerotherapie bei Hämorrhoiden unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin als »medizinisch vertretbar« und deshalb als potenzielle Ausnahme gesehen. In Anbetracht dessen wurde die Vorschrift unter der Bezeichnung Phenol-Erdnussöl-Injektionslösung 5 Prozent (NRF 5.3.) überarbeitet und wieder aufgenommen. »Die individuelle Nutzen/Risiko-Bewertung durch den behandelnden Arzt ist aber eine unbedingte Voraussetzung«, informierte die AMK auf Grundlage einer Stellungnahme des BfArM (AMK-Information 255/50/98). In jedem Fall muss der Arzt daher über die Problematik betreffend Phenol und risikoärmere Alternativen informiert werden. Hierzu gehören andere Sklerosierungslösungen mit Chinindihydrochlorid (NRF 5.4.), Zinkchlorid (NRF 5.5.) oder Polidocanol. Der Bedarf bleibt insofern in kritischer Diskussion.

 

 

Anschrift der Verfasser:

Pharmazeutisches Laboratorium des NRF

Carl-Mannich-Straße 20

65760 Eschborn

nrf(at)govi.de

 

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