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Tabakkontrolle

Einiges erreicht, aber noch viel zu tun

04.11.2015  09:41 Uhr

Von Annette Mende / Immer weniger Menschen in Deutschland rauchen, doch ist dieser Rückgang schwer er­arbeitet und beileibe kein Selbstläufer. Das ist die Kernaussage des deutschen Tabakatlasses 2015 (www.tabakkon trolle.de).

 

»Es bleibt noch viel zu tun, um den hart erkämpften Rückgang des Rauchens weiter voranzutreiben und die Tabakkontrollpolitik vor den Interessen der Tabakindustrie zu schützen«, sagte Dr. Marina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum bei der Vorstellung in Berlin. Während bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Anteile der Raucher in den vergangenen Jahren stetig sanken, blieb dieser erfreuliche Trend bei den 25- bis 69-Jährigen aus. Insgesamt raucht nach wie vor etwa ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland.

Der Tabakatlas liefert detaillierte Daten zu verschiedenen Aspekten des Rauchens und dessen Folgen. So sterben jährlich 121 000 Menschen in Deutschland vorzeitig, weil sie geraucht haben. Das sind 13,5 Prozent aller Todesfälle. »Im Durchschnitt verlieren Raucher zehn Lebensjahre, und das schon ab dem mittleren Lebensalter«, sagte Pötschke-Langer. Die durch das Rauchen verursachten Krankheiten sind vielfältig: Neben bekannten Folgekrankheiten wie Lungenkrebs, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen listet der Tabakatlas auch Krankheiten auf, von denen erst seit kurzer Zeit bekannt ist, dass sie bei Rauchern gehäuft auftreten. Dazu gehören Typ-2-Diabetes, altersabhängige Makuladegeneration, Tuberkulose und weitere Krebsarten wie Leber- und Darmkrebs.

 

»Insgesamt kostet das Rauchen die Gesellschaft in Deutschland rund 80 Milliarden Euro«, so Pötschke-Langer. Lediglich ein Drittel dieser Kosten entstünde im Gesundheitswesen, der Löwenanteil seien indirekte Kosten, etwa durch Produktionsausfälle und Frühverrentung, die die Volkswirtschaft trage. Angesichts dieser enormen Summen sei es erstaunlich, dass ein in Deutschland eigentlich so unbedeutender Wirtschaftszweig wie die Tabakindustrie so mächtig sei, dass er wichtige Maßnahmen zur Bekämpfung des Tabakrauchens bisher blockiert habe.

 

Denn die ab 2007 eingeführten Bundes- und Landesnichtraucherschutzgesetze haben zwar zu einer spürbaren Verbesserung der Lage geführt, »doch seitdem ist wenig passiert«, bemängelte Pötschke-Langer. Und das, obwohl auch für Deutschland seit 2005 das Rahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs gilt, das unter anderem regelmäßige deutliche Tabaksteuererhöhungen sowie ein umfassendes Werbeverbot vorsieht. Die letzte Erhöhung der Tabaksteuer liegt lange zurück und außer Deutschland erlaubt in Europa nur Bulgarien Außenwerbung für Zigaretten auf Postern und Litfaßsäulen.

 

Das soll sich jedoch bald ändern, wie Marlene Mortler (CSU), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, versicherte. Ein entsprechendes Verbot sei in der Novelle der Tabakprodukt-Richtlinie verankert, deren Verabschiedung unmittelbar bevorstehe. »Das Tabakwerbeverbot ist überfällig«, unterstrich Mortler. Gleich mit verboten werden soll die Werbung für E-Zigaretten. Das sei wichtig, da man beispielsweise in Frankreich gesehen habe, dass dort die Werbung für diese Produkte in letzter Zeit massiv zugenommen habe. Auch E-Zigaretten seien jedoch gesundheitlich bedenklich, einerseits durch ihren Gehalt an giftigem Nicotin und andererseits in ihrer Funktion als Einstiegsfenster für Kinder und Jugendliche. /

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