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Kinderarzneimittel

EU will Versorgung verbessern

31.10.2006  18:08 Uhr

Kinderarzneimittel

EU will Versorgung verbessern

Von Michael Jung, Berlin

 

Nach einem zweijährigen Gesetzgebungsverfahren hat der Rat der Europäischen Union am 23. Oktober die »Verordnung über Kinderarzneimittel« beschlossen. Er übernahm dabei die vom Europäischen Parlament gewünschten Änderungen (Dokument PE-CONS 3623/06 vom 10. Oktober 2006).

 

Mit der neuen Verordnung soll eine bessere Arzneimittelversorgung für Kinder ermöglicht werden. Sie wird voraussichtlich gegen Ende des Jahres im Amtsblatt der EU veröffentlicht und einen Monat später in Kraft treten. Bisher gibt es im Zulassungsverfahren kaum spezielle Studien zur Anwendung der Arzneimittel bei Kindern. Künftig sollen den Herstellern besondere Anreize geboten werden, um die Entwicklung von Arzneimitteln für Kinder zu erleichtern und bessere Informationen verfügbar zu machen. So werden eine Verlängerung des Patentschutzes und eine finanzielle Unterstützung von Forschungsvorhaben in Aussicht gestellt. Zudem werden die Zulassungskosten reduziert.

 

Derartige Prüfungen und Studien hinsichtlich der Anwendung von Arzneimitteln bei Kindern sollen besonderen Anforderungen unterliegen, die im Einzelnen durch die Verordnung festgelegt werden. Hierfür wird bei der Europäischen Arzneimittelagentur ein wissenschaftlicher Pädiatrieausschuss gebildet, der für die Beurteilung und Billigung pädiatrischer Prüfkonzepte zuständig sein soll. Damit soll verhindert werden, dass Kinder unvertretbaren Risiken im Zusammenhang mit derartigen Studien ausgesetzt werden. Im Pädiatrieausschuss werden der Ausschuss für Humanarzneimittel, die Mitgliedstaaten, medizinische Berufsgruppen und Patientenverbände vertreten sein. Bei der konkreten Zusammensetzung wird unter anderem darauf geachtet, dass die Bereiche pharmazeutische Entwicklung, pädiatrische Pharmazie und pädiatrische Pharmakologie abgedeckt werden.

 

Neue Arzneimittelzulassungen sollen künftig grundsätzlich nur dann erteilt werden, wenn ein pädiatrisches Prüfkonzept vorliegt. Allerdings kann die Europäische Arzneimittelagentur Freistellungen oder Zurückstellungen gewähren, zum Beispiel wenn die Anwendung bei Kindern bedenklich erscheint, kein signifikanter therapeutischer Zusatznutzen gegenüber existierenden Behandlungen erkennbar ist oder andere wissenschaftliche oder technische Gründe dafür sprechen. Arzneimittel, die entsprechend der Verordnung für eine pädiatrische Indikation zugelassen werden, werden mit einem speziellen Symbol auf der Verpackung gekennzeichnet.

 

Trotz des begrüßenswerten Inhalts der neuen Verordnung zeigen sich übrigens leider gewisse Mängel bei ihren sprachlichen Formulierungen, die aber für das Europarecht mittlerweile wohl typisch sind. Besonders auffällig ist die Legaldefinition für »den Teil der Bevölkerung zwischen der Geburt und achtzehn Jahren«. Statt hier einfach von »Kindern« oder »Minderjährigen« zu sprechen, erfindet der europäische Gesetzgeber lieber die »pädiatrische Bevölkerungsgruppe« - die dann wiederum auch noch separate »Untergruppen« haben kann.«

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